Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
respektlos, Zara«, schalt Delaney die Blondine, die sogleich errötete. » Eve ist schon seit den Anfängen ein Mitglied der Familie. Sie war eine von den Pionieren.« Er wandte sich an Sorcha. » Ja, Eve war tatsächlich eine gute Freundin deiner Mutter. Sie und Aurora gehörten schon damals in Kalifornien zur Indigo-Familie.«
» Bevor du zu ihnen gestoßen bist?«
Er nickte. » Aurora war es, die mich in die Familie gebracht hat. Deine Mutter hat mein Leben verändert. Sie offenbarte mir mein Potenzial und mein Schicksal. Und als ich die Familie nach Oregon führte, war sie an meiner Seite, meine stärkste Verbündete.«
» Wie war sie so?«
Er lächelte. » Du erinnerst mich sehr an sie. Mutig, begabt und wunderschön.« Plötzlich wurde sein Blick wehmütig. » Und eigensinnig.« Er nippte an seinem Wein und deutete auf ihr Medaillon. » Sie hat dich immer an ihrem Herzen getragen, Sorcha, ist nie von deiner Seite gewichen, als du klein warst. Sie hat keinen der anderen für dich sorgen lassen und dich bis zum Ende beschützt.«
» Wie ist sie gestorben?«
» An einem Aneurysma. Es kam sehr plötzlich.« Er runzelte die Stirn, als wäre er es nicht gewohnt, Fragen zu beantworten, griff nach der Tonkaraffe und füllte ihr Glas mit mehr Wein. » Und, was hast du heute alles gesehen, Sorcha?«
» Nicht viel. Man hat mir verboten, das Dorf zu verlassen.«
Er lächelte. » Es ist nur zu deiner eigenen Sicherheit, Sorcha. Ich habe dich schon einmal verloren und möchte es nicht noch mal erleben. Nach Esbat wird alles anders sein.«
» Was zum Teufel ist dieses Esbat, von dem alle sprechen?«
» In zwei Tagen wirst du es selbst erleben. Hast du heute irgendetwas gesehen, das deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen könnte?« Er wandte sich an Zara. » Hast du sie im Dorf herumgeführt?«
» Ich habe es versucht«, sagte Zara anschuldigend, » bis sie beschloss, sich allein umzusehen.«
» Ich glaube, ich erinnere mich an den Turm«, sagte Sorcha und nippte an ihrem Wein. » Ich kann nicht sagen, warum, aber ich habe das Gefühl, dass er der Schlüssel zu meinen Erinnerungen ist. Was geschieht dort drin? Welche Funktion hat er für das Große Werk?« Sie spürte, wie die Frauen sich versteiften.
» Das Große Werk?«, fragte Delaney und warf Zara einen Blick zu. » Was hast du ihr über das Große Werk erzählt?«
» Sie hat mir gar nichts erzählt«, sagte Sorcha. » Sie hat gesagt, ich soll den Seher fragen. Dich.«
Delaney nickte. » Es ist besser, wenn ich es dir zeige statt es zu erklären.«
» Wann?«
» Wenn die Zeit gekommen ist, Sorcha«, schalt Zara.
Sorcha ignorierte sie. » Willst du mir nicht wenigstens sagen, inwiefern es mich betrifft?«
Delaney lächelte. » Es betrifft uns alle.«
» Du bist sehr neugierig«, bemerkte Maria, die schwangere Rothaarige, spitz.
» Du solltest es besser wissen, als dem Seher Fragen zu stellen«, sagte Deva. Die Brünette hatte ihr Baby nicht ein einziges Mal erwähnt, seit sie es am Morgen abgegeben hatte.
Delaney sah seine Ehefrauen lächelnd an. » Ist schon in Ordnung. Sorcha kann sich an nichts erinnern. Sie muss diese Fragen stellen.« Er wandte sich wieder an sie. » Hab Geduld, Sorcha. Ich verspreche dir, an Esbat wirst du alles verstehen. Es sind nur noch zwei Tage.«
Auch alle weiteren Fragen, die Sorcha an diesem Abend stellte, wurden mit dem Versprechen beantwortet, dass sich an Esbat alles klären würde. Nach dem Essen entschuldigte Sorcha sich und ging auf ihr Zimmer. Der Wein hatte sie schläfrig gemacht, doch sie zwang sich, wach zu bleiben, indem sie im Raum auf und ab ging und darauf wartete, dass die anderen sich zur Ruhe legten. Als alles still war, kletterte sie aus dem Fenster und lief hinüber zum großen Saal. Der Mond war fast voll und der sternenklare Himmel so hell, dass sie sich im Schatten halten musste. Sie erreichte die großen Eingangstüren zwölf Minuten vor ihrer mitternächtlichen Verabredung mit Eve. Im Wachhäuschen auf der Brücke brannte Licht, doch ansonsten schienen alle in dem verlassenen Dorf tief und fest zu schlafen. Sorcha war gespannt, was Eve ihr wohl erzählen würde, doch während sie in der lauen Nachtluft wartete, siegte die Müdigkeit über ihre Anspannung. Sie setzte sich auf das weiche Gras, lehnte sich gegen die Mauer und schloss die Augen.
Plötzlich fuhr sie auf, ihr Mund war trocken und ihr Kopf schmerzte. Eve stand über ihr und schüttelte sie sanft. » Entschuldige die Verspätung«,
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