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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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der Residenz eine Bekanntschaft gemacht habe – aber Verhältnisse wären damals störend dazwischen getreten – sie nannte keinen Namen, aber sie versicherte mir, das sei ein Ehrenmann gewesen.«
    »Da war ja ab« doch von mir noch immer keine Rede.«
    »So? aber kurz vorher hatte sie mich gefragt, ob ich einen gewissen Baron Hugo von Silberglanz in der Residenz kenne, und als ich es bejahte und ihr versicherte, daß er zu meinen speziellen Freunden gehöre, wurde sie so rot, wie Blut nur machen kann.«
    »In der Tat?«
    »Und als ich fortging und uns ihr – Mann einen Augenblick verlassen hatte, trug sie mir wohl keinen Gruß an Sie auf, he? und hat mir wohl nicht dabei freundlich gesagt, ich möchte den Namen ihres stillen Aufenthaltes Schildheim nicht vergessen?«
    »Hat sie das in der Tat?« sagte von Silberglanz, und wie in Gedanken leerte er sein Glas Madeira und schlug mit dem Messer daran, es von dem herbeischnellenden Garçon wieder füllen zu lassen.
    »Ich denke doch,« sagte von Zühbig, als der Kellner mit dem Glase durch die Büfettür verschwunden war, »daß eine Dame eigentlich nicht gut mehr zu verstehen geben könnte.«
    Baron von Silberglanz schüttelte lächelnd mit dem Kopfe. »Und doch haben Sie die Donna falsch verstanden,« sagte er, »sie hat mich auf keinen Fall damit gemeint – wahrscheinlich den Grafen selber. Sie weiß, daß Sie mit ihm befreundet sind und wünscht, allem Vermuten nach, ihn auf eine seine Weise wissen zu lassen, daß sie – eben Langeweile hat.«
    »Lieber Freund!«
    »Ich gebe Ihnen mein Wort, nicht anders. Und wenn's wirklich anders wäre, was Hilfe es mir. Jener Ort – Schildheim nannten Sie ihn?«
    »Jawohl.«
    »Nun ja, jener Ort liegt Gott weiß wie weit von hier entfernt – im Mecklenburgischen, nicht wahr?«
    »Allerdings.«
    »Nun sehen Sie, und vielleicht weit von einer Eisenbahn?«
    »Etwa sechs Stunden zu fahren.«
    »Entsetzlich – aber das ist ja kaum möglich. Da irren Sie sich, lieber Zühbig. In letzter Zeit sind mehrere Eisenbahnen dort gebaut, daß man wohl kaum sechs Stunden von einem Gleis zum andern hat. Sechs Stunden vielleicht zu gehen.«
    »Bitte um Verzeihung; zu fahren.«
    »Wie heißt denn die nächste Station?«
    »Kolbendorf,« erwiderte von Zühbig und mußte sich Mühe geben,das Lächeln zu verbergen, das ihm wider Willen um die Lippen zuckte. Er durfte natürlich nicht merken, daß von Silberglanz alle nötigen geographischen Kenntnisse unter der Hand zu sammeln wünsche.
    »Lauter fremde Namen,« sagte der Baron gleichgültig. »Ja, wenn der Ort auf meinem Wege nach Paris läge, machte ich vielleicht des Spaßes halber auf der Hin- oder Rückreise einen Abstecher da hinüber.«
    »Wollen Sie nach Paris, Baron?«
    »Ich muß dahin – in Geschäften für meinen Papa, den alten Baron. Die Zeit ist aber noch nicht bestimmt und hängt eben von Umständen ab. Wahrscheinlich werde ich den Rest des Winters dort zubringen.«
    »Ach, da beneide ich Sie; wer da mitkönnte!« seufzte von Zühbig, indem er von seinem Sitze aufstand und an sein Glas schlug.
    »Sie wollen schon fort?«
    »Ja, ich werde nervös, wenn ich noch länger hier in dem einsamen Keller sitzenbleibe. Ich habe schon jetzt ein Gefühl, als ob wir durch irgendeinen tückischen Zufall verschüttet wären und nun erst, nach einigen tausend Jahren, bei gelegentlicher Bohrung eines Brunnens, als getrocknete Überreste eines vorsintflutlichen Menschengeschlechts wieder in die freie Luft gebracht würden. Hier, Garçon, für Ihren frischen Madeira und alten Kaviar der Sündenlohn – das für Sie, für schlechte Behandlung – au revoir .«
    »Danke untertänigst,« lächelte der Kellner.
    »Aber so warten Sie doch nur einen Moment!« rief von Silberglanz, seinen Wein rasch austrinkend, »ich begleite Sie.«
    »Sehr wohl,« sagte von Zühbig, dem daran nicht einmal besonders viel lag; der Baron war aber bald an seiner Seite, und die beiden Männer stiegen zusammen die Kellertreppe hinauf, die sie wieder in Licht und Sonnenschein und an die frische, wenn auch kalte Luft führte.
    Als sie das Trottoir betraten, ritt ein Kürassieroffizier im Schritt vorüber, ohne sie jedoch zu sehen. Er hielt den Zügel locker in der Hand und sah ernst und schweigend, den Kopf weder rechts noch links drehend, vor sich nieder.
    »Graf Geyerstein,« flüsterte der Baron seinem Begleiter zu, und als ob der Graf seinen ausgesprochenen Namen gefühlt habe, denn die Klänge des gelispelten Wortes

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