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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Platze wissen.«
    »O, dann begleitet uns Graf Geyerstein!« rief die lebhafte Rosalie, halb bittend, halb fragend zu dem Rittmeister aufschauend. »Ich habe überdies ein Vielliebchen von ihm gewonnen, das er noch einlösen muß, und setze es jetzt zum Pfand.«
    »Sie sind zu gnädig, Komtesse,« lächelte mit einer leichten Verbeugung der junge Mann, »mir eine solche Ehre als Buße aufzuerlegen. Ich stehe natürlich den Damen mit Vergnügen zu Diensten – wenn Exzellenz es gestatten.«
    »Ich bin Ihnen dankbar dafür, lieber Geyerstein,« nickte ihm der alte Herr zu, »und da es gerade mit der Zeit zusammentrifft, so speisen Sie heute mittag bei uns, und fahren dann mit den Damen nach dem Diner hinüber in den Zirkus. Das wäre also abgemacht,Kinder, und da sich die Menge jetzt verlaufen hat, denk' ich, wir gehen nach Hause. Es ist spät geworden, und eure Mutter wird euch erwarten.«

2.
    Mitten auf dem breiten Landgrafenplatz stand eine mächtige runde bretterne Bude, von deren spitzer Zinne die französische Trikolore wehte. Das Innere derselben war übrigens geschmackvoll dekoriert und mit Gas erleuchtet, und an der Kasse für den ersten und zweiten Platz saß ein bildhübsches junges Mädchen, die Billetts auszugeben. – Nur etwas zu hell fiel das Gaslicht auf die leicht geschminkten Wangen und die nachgemachten, an einigen Stellen schon etwas zerknickten Blumen, die ihren Kopfschmuck bildeten.
    Das Publikum beteiligte sich indessen sehr bedeutend an diesem ersten Abend, für den auf riesengroßen, farbigen Anschlagzetteln Außerordentliches versprochen worden. Die dritte Galerie war schon eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung bis in ihre letzten Räume gefüllt, während noch umsonst nach Billetts rufende Scharen vor dem Schiebfenster unter der schmalen, dort hinaufführenden Holztreppe standen.
    Auch die erste und zweite Galerie füllte sich rasch, und manche Equipage fuhr sogar vor, der Damen in glänzender Toilette entstiegen. Monsieur Bertrand, über den man sich in der Residenz die abenteuerlichsten Dinge erzählte, war eben Mode geworden, und da es gerade in dieser Zeit, besonders in den höheren Kreisen, an Stoff zur Unterhaltung fehlte, so wollte niemand versäumen, ihn zu sehen.
    Oben auf der über dem Eingänge für die Pferde angebrachten Tribüne hatte sich das Musikkorps gesammelt, das heute morgen auch den Umzug durch die Stadt anführen mußte, und die Leute stimmten ihre Instrumente und tranken Bier dazu. In der Reitbahn selber, die durch einen improvisierten Kronleuchter und zahlreiche Flammen an den Seitensäulen reichlich erhellt wurde, kehrten eben ein paar Stallknechte den Kreis, und ein Mann in hohen Kanonenstiefeln und einem Reitfrack, eine lange Peitsche in der Hand, kam herein, um zu sehen, ob alles in Ordnung wäre.
    »Ist er das?« flüsterte es hier und da, aber die Antwort fiel verneinend aus. Es war nur einer der Leute, ein Bereiter – so sah erwenigstens aus – irgend jemand aus dem untergeordneten Personal der Gesellschaft. Die Familie des Kriegsministers von Ralphen erschien gerade und nahm eben ihre Plätze auf der zweiten Bank ein, als die dritte Galerie in ein schallendes Gelächter und lauten Jubel ausbrach. Der Hanswurst sprang nämlich, sich fünf- oder sechsmal dabei überschlagend, eben in den Zirkus und warf sich dem dort sehr ernsthaft befehlenden Stallmeister oder Bereiter so geschickt zwischen die Füße, daß dieser auf ihn zu sitzen kam und durch den Wurf die Balance verlor. Er fiel wenigstens hinterrücks in den Sand, und während er unter dem Gejauchze der Menge wieder aufsprang und den flüchtenden Hanswurst mit der Peitsche zu treffen suchte, benutzte dieser die anscheinend darüber sehr entrüsteten Stallknechte, sich hinter ihnen zu verbergen und sie die nach ihm gezielten Hiebe auffangen zu lassen.
    Der Bajazzo hatte ebenfalls die Sympathien der dritten Galerie und der Kinder für sich; aber auch selbst den Ernstesten entlockte er mit seiner grotesken Malerei und Gliedergewandtheit ein Lächeln. Sein Alter ließ sich allerdings in den dick mit weißer und roter Farbe bestrichenen Zügen nicht erkennen, aber seine Figur war schlank und schmächtig, und die kleinen blitzenden Augen behielten selbst unter den bis zur Verzerrung gemalten Brauen ihre scharfe Lebendigkeit. Die ganze Szene hatte übrigens nur dazu dienen sollen, die Aufmerksamkeit des Publikums kurze Zelt zu beschäftigen, und noch während des Umherspringens und Ausweichens des

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