Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
Reich von Mrs Iris Angell: ein Wohnzimmer – überladen mit allerlei gerahmten Bildern, Keramikfiguren, Raumdekor, Erinnerungsstücken und jeder Menge Klimbim –, ein Schlafzimmer, ein Badezimmer, eine Speisekammer und die Küche, der guten alten Seele ganzer Stolz und ganze Freude. Sie war mit jedem hilfreichen Gerät ausgestattet, von dem ein Koch je träumen konnte, und ein paar weitere kamen noch dazu, denn der verstorbene Mr Thomas Franklin Angell war leidenschaftlicher Technokrat und ein brillanter Amateur-Erfinder gewesen. Eine große Zahl ihrer Küchen- und Haushaltsutensilien waren Einzelstücke, die ihr Ehemann zwar entworfen und gebaut, für die er aber nie ein Patent beantragt hatte. Die Witwe hatte Burton erzählt, der Dachboden sei ebenfalls vollgestopft mit »Toms Spinnereien«, doch der Entdecker war nie oben gewesen, um herauszufinden, was genau sie damit meinte.
Am Ende des Kellerflurs, gegenüber des Treppenaufgangs, führte eine Tür zu den Stufen hinauf in einen leeren, von hohen Mauern umgebenen Hof, dessen hinterer Teil einstmals Stallungen beherbergt hatte, aus denen mittlerweile eine verwaiste Garage geworden war. Im Erdgeschoss gab es ein Empfangs- und ein kaum genutztes Esszimmer. Der erste Stock wurde von Burtons Arbeitszimmer beherrscht, dem Kostüm- und Verkleidungsraum, einem kleinen Abort und einem leeren Zimmer, das Burton eventuell zu einem Labor oder einer Dunkelkammer umbauen wollte.
Die Treppe hinauf im zweiten Stock lagen sein Schlafzimmer, ein Ankleideraum und ein Gästezimmer; im Dachgeschoss befanden sich die Bibliothek, die seine riesige Sammlung von Büchern und Manuskripten beherbergte, und ein Abstellraum.
Als Burton sein Arbeitszimmer betrat, fand er neben der Tür fünf Koffer vor, die in Reih und Glied nebeneinander auf demBoden standen, sowie das Dienstmädchen, Elsie Carpenter, das den Kaminsims abstaubte.
»Miss Elsie, Sie gute Seele, das reicht schon.«
»Ja, Sir«, sagte sie, nickte und verließ den Raum. Sie war fünfzehn Jahre alt und kam jeden Tag ins Haus, von acht Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags, um zu tun, was immer Mrs Angells ihr auftrug.
Burton fand eine Nachricht auf dem größten seiner Schreibtische.
Dienstag, 17. September 1861
Liebster Dick,
es war ganz entsetzlich bei den Fullers. Sie waren äußerst unfreundlich und keineswegs entgegenkommend, was Johns Aufenthaltsort angeht. Sie wollten mir nur sagen, dass er nach London gebracht wurde. Ich habe das Gefühl, sie haben sich große Mühe gegeben, die Wahrheit vor mir zu verbergen. Vielleicht würde Sir Roderick Murchison in unserem Namen vermitteln, wenn ich bei ihm vorstellig werde? Soweit ich weiß, verlässt er Bath Richtung London diesen Nachmittag (17.).
Ich habe dein Gepäck zurückgeschickt und mache mich jetzt auf den Weg nach Hause. Ich habe Mutter einen Sittich geschickt, um zu fragen, ob sie und Vater in Anbetracht der Umstände bereit wären, dich zu empfangen. Sie antwortete, das seien sie nicht. Mach dir keine Sorgen, mein Liebster, ihre Ablehnung wird sich verflüchtigen, wenn wir erst verheiratet sind.
Ich rufe dich Donnerstagnachmittag an.
Ich ertrage es nicht, von dir getrennt zu sein.
In Liebe,
Isabel
Burton ließ die Nachricht zurück auf den Schreibtisch sinken, setzte sich und verfasste einen Brief an Lord Palmerston. Er war sich sicher, dass der Premierminister auf seine Empfehlung hin Sir Richard Mayne, den Chef des Scotland Yard, vorladen und ihn anweisen würde, die Leitung des Falls Spring Heeled Jack an Detective Inspector Trounce zu übertragen. Er versiegelte den Umschlag, beschriftete ihn mit » Dringend. z. H. Lord Palmerston « und unterschrieb mit seinem neuen Codenamen – Abdullah –, um sicherzustellen, dass der Brief direkt an den Premierminister persönlich geliefert werden würde.
Er ging nach unten, nahm eine Trillerpfeife vom Beistelltisch im Flur, öffnete die Haustür und stieß drei schnelle Pfiffe aus. Einige Augenblicke später sprang ein Läufer über das Tor und landete schwanzwedelnd auf der Türschwelle. Burton zog eine alte Keksdose unter dem Beistelltisch hervor, öffnete den Deckel und holte ein großes Stück Schinken heraus. Mrs Angell stellte stets sicher, dass die Dose etwas Schmackhaftes enthielt. Er legte das Fleisch auf die Stufe vor der Haustür, und der Windhund verschlang es gierig. Als er fertig war, leckte er sich die Lefzen, sah den Brief an, den Burton in der Hand hielt, und nahm ihn vorsichtig zwischen
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