Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
belegen, dass er Mitglied einer geheimen Gesellschaft namens ›Junges England‹ war, aber sie erwiesen sich alle als Auswüchse seines kranken Hirns. Eine solche Gruppierung hat es niemals gegeben. Edward Oxford war wahnsinnig, daran besteht kein Zweifel. Er war bekannt dafür, gelegentlich grundlos in Tränen auszubrechen und unzusammenhängenden Unsinn zu reden. Der Fall Lucy Scales hat offenbar eine Verschlechterung seines Geisteszustandes ausgelöst.
Laut seiner Kollegen verkündete er mehrfach, er wolle auf ewigin die Geschichte eingehen. Es war besessen von dieser Idee. Die Agenten des Yard haben schließlich gefolgert, dass sein Motiv allein darin bestand, diese Berühmtheit zu erreichen – auch wenn es eine ganz und gar schlechte Art des Ruhmes ist.
Damit endete die Polizeiuntersuchung. Meine Kollegen gaben sich damit zufrieden, dass ein Wahnsinniger die Königin erschossen hat und dann selbst von einem Unbekannten getötet wurde. Mit der darauffolgenden Staatskrise und den großflächigen sozialen Unruhen hatte die Polizei andere Sorgen, als den rätselhaften Helden zu suchen, der, so dachten die meisten, dem Land einen Gefallen getan hatte, weil man sich so die Kosten für die Hinrichtung Oxfords sparte.«
»Aber Sie waren nicht zufrieden«, merkte Burton scharfsinnig an.
»Nicht im Geringsten. Ich habe weitere Nachforschungen angestellt. Der Zufall, dass Edward sich nur eine Straßenecke entfernt aufhielt, als Lucy Scales angegriffen wurde, ließ mich nicht mehr los. Also habe ich nach weiteren Verbindungen zwischen ihm und Spring Heeled Jack gesucht.«
»Und sind fündig geworden?«
»Ja. Nach dem Tod Viktorias erlangte der Hog In The Pound als ehemaliger Arbeitsplatz Oxfords traurige Berühmtheit. Er wurde sofort zur liebsten Spelunke für eine Gruppe junger Aristokraten, die sich für Philosophen hielten. Ihre Philosophie bestand aus der Behauptung, die Menschheit läge in Ketten, die sie sich auch noch selbst angelegt hätte.«
»Die Philosophie der Libertins.«
»Exakt. Im Hog In The Pound nahm die Libertin-Bewegung ihren Anfang.«
»Also war der Irre Marquis einer der jungen Adligen?«
»Ja. Was wissen Sie über ihn?«
»Ich kenne nur seinen Ruf. Und dass er der Gründer der Libertin-Bewegung war.«
»Seinen schlechten Ruf!«
»Offenbar sogar noch schlechter als der meine«, entgegnete Burton lächelnd.
Trounce schmunzelte.
»Henry de La Poer Beresford, der dritte Marquis von Waterford. Seine Vergangenheit ist schillernd, um es bescheiden auszudrücken. Er erhielt das Marquisat nach dem Tod seines Vaters Mitte der Zwanzigerjahre und erbte das Curraghmore Anwesen in der Grafschaft Waterford der Republik Irland. Er hat sich sofort daran gemacht, das Vermögen der Familie so schnell wie möglich durchzubringen, größtenteils durch Glücksspiele und Pferdewetten.
Erste Berühmtheit erlangte er 1837, als er und seine Gefährten sich nach einer erfolgreichen Fuchsjagd in der Gegend von Melton Mowbray entsetzlich betranken, in die Stadt zogen, ein halbes Dutzend Dosen mit roter Farbe fanden und damit alle Gebäude entlang der Hauptstraße beschmierten. Dort sagt man heute noch ›to paint the town red‹, wenn man ordentlich auf den Putz haut.«
»Der Leichtsinn der Jugend«, bemerkte Burton.
»Im selben Jahr«, fuhr Trounce fort, »floh er vor der Hungersnot und bezog ein Anwesen nördlich von Hertford, nahe des Dorfes Waterford. Der Name ist ein Zufall – zur Grafschaft Waterford besteht keine Verbindung.«
»Das scheint mir aber ein großer Zufall zu sein!«
»Das denke ich auch, aber ich messe dem keine Bedeutung bei. Ich nehme an, die Eitelkeit des Mannes – die, nebenbei bemerkt, keine Grenzen kannte – hat ihn dazu veranlasst, diesen Ort auszusuchen. Vielleicht gefiel er sich in der Rolle als Marquis eines englischen Anwesens, zusätzlich zu seinem irischen. Er hauste auf einem beträchtlichen Stück Land westlich des Dorfes in einem großen halbverfallenen Herrenhaus mit dem passenden Namen Darkening Towers.«
»Einen Moment! Wenn Waterford bei Hertford liegt, muss Old Ford auch ganz in der Nähe sein.«
»Sehr aufmerksam. Vom Herrenhaus bis zum Haus der Alsops sind es nur etwa drei Meilen.«
»Lebt Jane Alsop noch dort?«
»Ja. Sie heißt jetzt Jane Pipkiss. Sie bewohnt das Cottage mit ihrem Ehemann Benton – sie heirateten im Jahre 1843 – und mit ihren Kindern, einer Tochter und einem Sohn.
Jedenfalls stieß Beresford zwischen ’37 und ’40 wegen
Weitere Kostenlose Bücher