Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
das Jahr 1864 sprach, das drei Jahre in der Zukunft lag.
    Seltsam.
    Es gab eine offensichtliche – wenn auch schwer zu akzeptierende – Erklärung für die Diskrepanzen in Jacks Zeitwahrnehmung: Er war einfach nicht von dieser Welt. Schließlich hatte Burton selbst zweimal mit angesehen, wie sich die Kreatur einfach in Luft aufgelöst hatte – genauso wie bei dem Zusammentreffen mit Detective Inspector Trounce im Jahr 1840. Das war schlichtweg kein Kunststück, dessen ein gewöhnlicher Sterblicher fähig sein sollte.
    Darüber hinaus würde dies eine Erklärung für Jacks unbeständigen Charakter und seine wechselnde Erscheinung, seine Verwirrung bezüglich der Zeit, seine scheinbare Anwesenheit an zwei verschiedenen Orten gleichzeitig und seine augenscheinliche Alterslosigkeit liefern, wenn man annahm, dass er ein übernatürliches Wesen war, dessen Lebensraum außerhalb des gewöhnlichen Raum-Zeit-Kontinuums lag. Vielleicht hatte Burton mit seiner ersten Einschätzung sogar recht gehabt: War er vielleicht ein aus einer Flasche gestiegener Dschinn? Ein Dämon? Ein böser Geist? Moko, der kongolesische Gott der Hellsicht?
    Der Agent des Königs tauchte mit zwei Schlussfolgerungen aus seinem inneren Zwiegespräch auf. Die erste war, dass die seltsame Erscheinung vorerst eher als ein Wesen behandelt werden sollte, nicht als zwei oder mehr. Die zweite, dass die Zeit ein Schlüsselelement zum Verständnis Spring Heeled Jacks sein musste.
    Er stand auf und rieb sich den verspannten Nacken. Wie immer hatte ihm die Konzentration auf eine Angelegenheit geholfen, eine andere zu vergessen, und auch wenn sein Zusammentreffen mit Isabel schmerzhaft gewesen war, so hatte ihn der lähmenden Griff der Depression verfehlt, die ihn in der Vergangenheit oft heimgesucht hatte. Tatsächlich fühlte er sich überraschend optimistisch.
    Es war acht Uhr.
    Burton ging zum Fenster und sah hinab auf den Montagu Place. Der dichte Nebel hatte sich in einen leichten Dunst verwandelt, in regelmäßigen Abständen durch die strahlenden Lichtpunkte der Gaslampen und Fenster erhellt. Auf Londons Straßenwar wieder die gewohnte Betriebsamkeit eingekehrt, ratternde Velozipede, keuchende Dampf-Pferde, altmodische, von echten Pferden gezogene Kutschen, Lastkarren und, allem voran, das wilde Durcheinander der Menschen.
    Normalerweise überfiel Burton, den ewigen Außenseiter, bei einem solchen Anblick die heftige Sehnsucht nach der Weite Arabiens. An diesem Abend jedoch strahlte London eine ungewohnte Gemütlichkeit aus, die fast schon etwas Vertrautes hatte. So hatte er sich noch nie gefühlt. England war ihm immer fremd erschienen, eng und erstickend.
    ›Ich bin dabei, mich zu verändern‹, dachte er. ›Ich erkenne mich selbst kaum wieder.‹
    Etwas Rotes blitzte auf und weckte seine Aufmerksamkeit: Swinburne, der aus einem Hansom stieg. Die Ankunft des Dichters wurde von schrillem Rufen und Schreien begleitet, als er sich mit dem Kutscher über den Fahrpreis zankte. Swinburne hatte die fixe Idee, dass der Preis für jede Fahrt innerhalb Londons, ganz gleich von wo nach wo, einen Schilling betrug, und hysterisch stritt er mit jedem Kutscher, der etwas anderes verlangte – was sie überraschenderweise alle taten. Dieses Mal gab der Kutscher, dem das Theater zu peinlich war, auf und akzeptierte die Münze – wie so oft.
    Mit seinem sonderbar hüpfenden Gang überquerte Swinburne die Straße. Er klingelte an der Haustür.
    ›Alle benutzen die Glocke‹, dachte Burton, ›außer der Polizei. Die klopft.‹
    Einen Augenblick später vernahm Burton Mrs Angells Stimme und die hohen Töne Algernons, dann Schritte auf der Treppe und das Stakkato-Klopfen eines Gehstocks an der Tür seines Arbeitszimmers.
    Er wandte sich vom Fenster ab und rief: »Komm rein, Algy!«
    Swinburne sprang ins Zimmer und verkündete enthusiastisch: »Ehre sei dem Mensch in der Höhe! Denn der Mensch ist der Herr aller Dinge!«
    »Und der Beweggrund dieser Proklamation?«, erkundigte sich Burton unbeeindruckt.
    »Gerade habe ich eines der neuen Rotorschiffe gesehen! Es war riesig! Wie gottgleich sind wir geworden, dass wir Tonnen von Metall durch die Luft fliegen lassen können! Meine Güte … du hast dir neue Blutergüsse zugezogen. Schon wieder, Jack? Ich habe in der Abendausgabe gelesen, er sei am frühen Morgen über ein Mädchen hergefallen.«
    »Ein Rotorschiff? Wie sah es aus? Ich habe noch nie eins gesehen.«
    Swinburne ließ sich in einen Sessel fallen und

Weitere Kostenlose Bücher