Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
eine Malaria-Attacke?«
    Er ging hinüber zur Kommode, stellte sich neben sie, und goss sich ein Glas Portwein ein.
    »Möchtest du damit andeuten, ich spräche im Wahn?«
    In seiner Stimme schwang tiefe Traurigkeit. Sie drehte sich um, als sie das bemerkte. »Spring Heeled Jack ist ein Kindermärchen!«
    »Und wenn ich dir jetzt auch noch sage, dass ich Werwölfe in London gesehen habe?«
    »Werwölfe? Richard! Hör dir doch mal zu!«
    »Ich weiß, wie es sich anhört, Isabel, aber ich weiß auch, was ich gesehen habe. Außerdem ist ein Mann gestorben, und es war meine Schuld. Es hat mich eine qualvolle Lektion gelehrt: Dieser Posten, den ich jetzt innehabe, bedeutet größte Gefahr, nicht nur für mich, sondern auch für alle, die mir nahestehen.«
    »Ich kann nicht … ich kann nicht …«, setzte sie an. »Großer Gott! Du willst mich verlassen?«
    Sie fasste sich an die Brust, als ließe ihr Herz sie im Stich.
    »Du weißt, was für ein Mann ich bin«, erwiderte er. »Das Forschen ist meine Manie. Afrika steht mir jetzt nicht mehr offen, und ich verspüre ohnehin nur wenig Verlangen nach den Krankheiten, die Expeditionen mit sich bringen. Die letzte hat mich beinahe umgebracht, und ich würde lieber auf beiden Beinen stehend sterben als im Bett. Zudem sind geografische Expeditionen nur eine Möglichkeit, Entdeckungen zu machen. Es gibt andere, und der König hat mir die Möglichkeit gegeben, meiner Manie auf eine Art und Weise nachzugeben, die ich mir bisher nie erträumt hatte. Ich kann –«
    »Hör auf!«, befahl Isabel. Ihr Kinn straffte sich und ihre Augen blitzten gefährlich. »Was ist mit mir, Richard? Antworte! Was ist mit mir?«
    Und ohne den schrecklichen Schmerz zu beachten, der plötzlich in seinem Herzen aufflammte, gab ihr Sir Richard Francis Burton Antwort.

    Trotz ihrer Fehler liebte Burton Isabel, und trotz der seinen erwiderte sie diese Liebe. Sie war dazu bestimmt, seine Frau zu werden, das konnte er nicht bestreiten, und doch hatte er sich dem Schicksal widersetzt und den Lauf seines Lebens willentlich in eine andere Richtung gezwungen.
    Was zurückblieb, war ein Gefühl der Leere; und doch war er sich seiner selbst plötzlich in höchstem Maße bewusst – begleitet von einem jähen Anstieg des fiebrigen Gefühls, seine Persönlichkeit sei in zwei Teile gespalten.
    Als der Nachmittag in den frühen Abend überging, verfiel er wieder einmal in tiefe Nachdenklichkeit, fast schon eine selbst herbeigeführte Trance, in deren Bann er die Präsenz des unsichtbaren Doppelgängers erforschte, der im selben Lehnstuhl zu sitzen schien wie er. Seltsamerweise entdeckte er, dass er diesenzweiten Richard Burton nicht länger mit dem Malaria-Delirium assoziierte, sondern mit Spring Heeled Jack.
    Er und sein Doppelgänger, das erkannte er intuitiv, standen an einem Scheideweg. Vor einem von ihnen lag der Weg nach Fernando Po, Brasilien, Damaskus oder » wo auch immer sie dich verdammt noch mal hinschicken «. Vor dem anderen erstreckte sich der Weg des königlichen Agenten mit unbekanntem Ziel.
    Der Mann mit den Stelzen, dessen war Burton sicher, hatte diese Entwicklung irgendwie vorhergesehen. Jack, was immer er sein mochte, war kein Spion, wie er und Palmerston ursprünglich angenommen hatten. Oh nein, nichts derart Gewöhnliches! Es war nicht nur, was der seltsam verkleidete Mann gesagt hatte, sondern auch wie er es gesagt hatte. Burton konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Jack ein unheimliches Wissen über seine – Burtons – Zukunft besaß; ein Wissen, das niemals durch Spionage zustande kommen konnte, ganz gleich, wie effizient man sie betrieb.
    In Indien hatte er vieles gesehen, das sich der Vernunft widersetzte. Menschliche Wesen, davon war er überzeugt, besaßen eine ›Kraft des Willens‹, welche ihre Sinne über die Grenzen des Sehens, Hörens, Schmeckens oder Fühlens hinauswachsen lassen konnte. Könnte sie, fragte er sich, selbst die Beschränkungen der Zeit überwinden? War Spring Heeled Jack ein echter Hellseher? Wenn dem so war, verbrachte sein Geist offensichtlich zu viel Zeit in der Zukunft, denn sein Bewusstsein für die Gegenwart schien bestenfalls dürftig: Hatte er nicht Erstaunen ausgedrückt, als Burton ihm eröffnet hatte, dass die Nil-Debatte – und Spekes Unfall – bereits Vergangenheit waren?
    »Ich bin Historiker!«, hatte er gerufen. »Ich weiß, was geschehen ist. Es war 1864, nicht 1861.«
    Was geschehen ist . Eine Vergangenheitsform, obwohl er über

Weitere Kostenlose Bücher