Der Kuss der Göttin (German Edition)
körperlichen Trauma –, auch ohne dir noch einen Haufen übernatürlichen Kram aufzudrücken. Wir haben versucht, vorsichtig zu sein und dich gleichzeitig außer Gefahr und versteckt zu halten.«
»Habt ihr meine echte Tante und meinen Onkel umgebracht, bevor ihr ihre Identitäten gestohlen habt?«
»So arbeiten wir nicht, Tavia«, blafft Sammi eindeutig beleidigt. »Sie sind wohlauf und denken, du seist bei dem Absturz gestorben. Und glaub mir – Passagierdaten zu fälschen, ist kein Spaziergang.«
»Tavia«, ergreift Elizabeth zum ersten Mal das Wort, »wenn ich je etwas gesagt habe, das du geglaubt hast, dann glaube mir bitte auch dies: »Sammi, Mark und ich haben jeden Moment unseres Lebens des ganzen letzten Jahres dafür verwendet, Gefahren von dir abzuhalten.«
»Ganz zu schweigen von den achtzehn Jahren davor«, murmelt Reese.
Elizabeth wirft ihr einen Blick zu und fährt fort: »Wir hätten dich bei dem Flugzeugabsturz fast verloren und dieser Fehler plagt uns seither jeden Tag. Es gibt keine drei Leute auf der Welt, bei denen du sicherer bist als bei uns. Das verspreche ich dir.«
Sicherer als bei Benson? , denke ich ironisch. Keine Chance . Aber ich sage nichts, sondern greife nur hinter mir nach Bensons Händen. Er steht ruhig da, lässt mich reden, toben, anklagen. Aber er hat sich keinen Zentimeter gerührt, seine warme Brust ist eine feste Stütze an meinem Rücken. So unerschütterlich wie jeder dieser uralten Bäume. Durch ihn fühle ich mich stark. Mutig. Besser.
»Bitte«, sagt Elizabeth, »lass dich von uns an einen sicheren Ort bringen – wir können dann über alles nachdenken, was du willst, aber wir fordern das Schicksal heraus, wenn wir hier im Freien bleiben.«
»Wir sind ziemlich weit weg von der Straße«, antworte ich sarkastisch und zeige auf das dichte Laubwerk um uns herum.
»Alles außer kugelsichere Wände ist meiner Meinung nach im Freien«, schnauzt Reese. »Bitte lass dich von uns in ein sicheres Haus bringen.«
»Ich gehe mit euch nirgendwohin«, gebe ich zurück. »Ich will nichts mit den Curatoria oder den Reduciata zu tun haben.«
»Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass du allein lange durchhalten wirst. Ich habe die Reduciata noch nie jemanden so unerbittlich jagen sehen. Ein Flugzeug abstürzen lassen?«, sagt Mark und bestätigt damit meinen Verdacht. »Das ist sogar für sie ungewöhnlich. Wir haben es ungefähr eine Stunde, nachdem es passiert ist, zu dem Autounfall in Bath geschafft, und um ehrlich zu sein, dachten wir, sie hätten dich in diesem Hotel in Freeport erwischt.«
Ich beiße die Zähne zusammen. Sie waren nie weit hinter mir. Aber immer noch weiter weg als die Reduciata, die näher und näher gekommen sind. Am liebsten würde ich mir Benson schnappen und davonlaufen – der Wunsch ist so groß –, aber wäre das ein Todesurteil für uns beide?
»Sie wollen dich «, fährt Mark fort. »Speziell dich, und das unbedingt. Nach dem Flugzeugabsturz mussten wir dich verstecken, denn als du die einzige Überlebende warst, wussten die Reduciata sofort, dass es ihnen nicht gelungen ist, dich zu ermorden. Nur eine Erdgebundene hätte diesen Absturz überleben können.«
Meine Finger umklammern Bensons eiskalte Haut. »Was an diesem Absturz hat alles ins Rollen gebracht? Ich verstehe das nicht. Damals wusste ich überhaupt nichts.«
»Der Selbsterhaltungstrieb eines Erdgebundenen ist unglaublich stark«, sagt Reese – Sammi – schlicht, als sprächen wir über das Flugverhalten von Schmetterlingen. »Bewusstsein, das an Vorahnung grenzt, Selbstverteidigungsreflex in Disziplinen, die der Erdgebundene seiner bewussten Erinnerung nach nie gelernt hat, solche Dinge. Plötzliches Wiedererwachen von Mächten in lebensbedrohlichen Situationen ist das Geringste, was ich zu meinen Zeiten gesehen habe. Der schlichte Drang, am Leben zu bleiben, hat deine Fähigkeiten geweckt. Wir sind nicht ganz sicher, was du getan hast, aber irgendwie haben deine Instinkte eingesetzt, und du hast etwas geschaffen, um dich zu retten.«
Jetzt schnürt es mir die Kehle zu, als die naheliegendste Frage über mich hereinbricht wie ein Felsblock. »Ich war das? Ich habe mich am Leben erhalten?«, flüstere ich, und ich kann in Elizabeth’ Augen sehen, dass sie weiß, was als Nächstes kommt. Ich blinzle, aber das lässt nur die Tränen über meine Wangen laufen – brennende Spuren auf meiner Haut. »Und warum konnte ich sie dann nicht auch retten?«
»Ich glaube nicht,
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