Der Kuss der Göttin (German Edition)
abwechselnd richtig und falsch, bis ich am liebsten aus der Haut fahren würde, um diesem Widerspruch zu entkommen.
»Ich bin Tavia«, sage ich und strecke die Hand aus. Irgendetwas muss ich tun. Die Spannung bringt mich noch um, und ich weiß einfach nicht, was ich will. Oder was ich nicht will.
Das scheint mir dasselbe zu sein.
Er schaut meine Hand an, ignoriert sie aber. »Ich weiß, wer du bist.«
Natürlich weiß er das . Ich warte.
Und warte.
Soll ich etwa fragen?
»Wir sollten reden«, sagt er, während er sich bückt, um einen Mantel aus dem Sand aufzuheben, dann schlüpft er mit seinen schlanken Armen hinein. »Ich habe dir Dinge zu zeigen und wir haben nicht viel Zeit.«
»Ich kenne nicht einmal deinen Namen«, platze ich heraus.
Jetzt lächelt er breit und zeigt dabei schöne Zähne und winzige Lachfalten in den Augenwinkeln. »Du bist schön, w eißt du das?« Meine Knie zittern, als er die Hand zu meinem Gesicht hebt und seine Finger nur noch eine Haaresbreite von meiner Wange entfernt sind. »So gefällst du mir gut«, flüstert er. Ich schließe die Augen und warte auf die Berührung.
Sie kommt nicht.
Nach ein paar Sekunden öffne ich peinlich berührt die Augen wieder. Aber er sieht mich nicht an. Er hat sich halb abgewandt und die Augenbrauen zusammengezogen.
»Warum tust du das?«, bringe ich heraus. »Ich verstehe das alles nicht.«
»Ich wünschte, ich könnte dir alles sofort erklären, aber das wird eine Weile dauern. Du musst mir vertrauen. Ich weiß, ich habe mir das mit nichts verdient«, fügt er hinzu, bevor ich widersprechen kann. »Aber bitte, bitte, vertrau mir.«
Mein Kopf nickt, während ich mir auf die Unterlippe beiße und loslasse, als meine Zähne die schmerzende, wunde Haut berühren. Blöde Seeluft. Das verschafft mir einen Augenblick der Klarheit, und ich kämpfe gegen das benebelte, zustimmende Gefühl, das meinen Kopf anfüllt. »Sei mir nicht böse, aber warum sollte ich dir vertrauen?«, frage ich schnippisch. »Du willst mir nichts erklären und läufst ständig davon. Du musst mit mir reden.«
»Nächstes Mal«, sagt er mit einem Hauch Versprechen in der Stimme. »Heute Abend kann ich nicht bleiben. Aber ich verspreche dir, ich werde dir zu unserem nächsten Treffen etwas mitbringen, das dir verstehen helfen wird«, fügt er hinzu. »Einverstanden?«
»Du kannst nicht noch einmal hierherkommen«, warne ich ihn. »Nicht so. Du bringst uns beide in Schwierigkeiten.«
Er nickt ernst, beinahe, als habe er das erwartet. »Such nicht nach mir. Ich werde dich finden.«
Mehr kann ich nicht erwarten, scheint mir. Er hat recht – er kann nicht bleiben. Nicht jetzt. »Okay«, gebe ich nach. Mein ganzer Körper zittert, als ich das sage. Ich habe Angst vor dem, dem ich gerade zugestimmt habe.
Er dreht sich um und sein langer Mantel bläht sich kurz und fällt dann mit einem Flüstern zurück um seine Beine. »Pass auf dich auf«, sagt er. Zumindest glaube ich, dass er das sagt. Aber es ist so still, dass ich es mir vielleicht auch nur eingebildet habe.
»Warte!«, sage ich und setze ihm nach.
»Bald«, ruft er, ohne sich umzudrehen. »Bald.«
»Aber …« Ich weiß nicht einmal, was ich sagen soll; ich habe überhaupt nichts mehr im Griff. Die Lage. Ihn. Mich.
Ein leichtes Lachen entschlüpft ihm, und ich werde langsam wütend, aber er dreht sich um und geht rückwärts, und sein Blick begegnet meinem mit unschuldiger Verspieltheit. »Da dir Namen so wichtig sind: Ich heiße Quinn«, sagt er lächelnd. »Quinn Avery.«
Quinn Avery.
Zwei einfache Wörter, aber sie bedeuten alles.
K apitel 8
W o bist du? Meine Finger zittern, als ich Benson eine Nachricht tippe.
Bücherei. Will gerade los , antwortet er ungefähr eine Minute später.
Wir müssen reden . Ich fühle mich seltsam, als ich Benson, dem Typen, den ich letzte Woche mochte, von Quinn schreibe, dem Typen, den ich offenbar diese Woche mag.
Dem anderen Typen, den ich diese Woche mag. Es ist komisch: Wenn Quinn in meiner Nähe ist, ist es, als könne ich mich auf nichts anderes konzentrieren. Er überwältigt meine Sinne, und ich schwebe in einer Wolke, die zu gleichen Teilen aus Glückseligkeit und Schrecken besteht. Aber wenn er weg ist, kriecht die Realität wieder heran, und ich weiß nicht, was ich denken soll.
Ich weiß, ich sollte Benson als hoffnungslosen Fall aufgeben, aber er ist wie ein Waldbrand – alles begann mit einem Funken, der zu klein war, um ihn überhaupt zu bemerken, bis er zu
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