Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
Vom Netzwerk:
genug, dass ich instinktiv danach greifen konnte. Um mich dazu zu bringen , ohne nachzudenken zu zeichnen. »Das hast du absichtlich gemacht!«
    Ihre Lippen halten den Anflug eines Lächelns fest. Ihr Ton ist beiläufig – als sprächen wir über die Einrichtung. »Vielleicht. Tavia, es ist nur ein Werkzeug. Möchtest du es gern fertigstellen?«
    Ihre leise Frage beruhigt mich. Ich schaue wieder auf die grobe Skizze und tue, worum sie mich bittet, obwohl meine Linien nicht mehr so genau sind wie vorher. Ich zeichne nicht viel mehr, aber genug, dass Elizabeth ihn wahrscheinlich in einer Menschenmenge erkennen könnte – oder in einer Gegenüberstellung.
    Genug, dass ich weiß, ich kann es noch.
    »Das ist wirklich erstaunlich«, sagt Elizabeth, als ich den Stift niederlege. »Du hast eine echte Gabe.«
    Ich zucke die Achseln.
    »Er muss jemand ganz Besonderes sein, wenn er deine Malblockade einfach so durchbrechen kann«, fügt sie mit sanfter Stimme hinzu. »Wie heißt er?«
    »Quinn. Quinn Avery.« Es ist das erste Mal, dass ich seinen vollen Namen laut ausgesprochen habe, und er hallt in meinem Kopf wider und löst ein starkes Kribbeln in meinem Kopf aus, wie statische Energie, die herauswill.
    Elizabeth nickt. »Du hast also mit ihm gesprochen. Das ist beruhigend.«
    »Da ist … da ist eigentlich noch etwas anderes«, sage ich, denn ich will plötzlich auf keinen Fall weiter über Quinn sprechen. Ein Teil von mir will das Gespräch auf Benson lenken – um mir Elizabeths Rat über ihn zu holen. Aber wie würde das wirken? Das geht nicht.
    »Ich glaube … ich glaube, ich sehe Dinge«, zwinge ich mich zu sagen, bevor der Schrecken meine Kehle versiegeln kann.
    Elizabeth beugt sich vor. »Was für Dinge?«
    Ich begegne ihrem Blick. »Dreiecke.«
    Sie neigt fast unmerklich den Kopf, unterbricht aber nicht den Blickkontakt. »Dreiecke?«
    »An seinem Haus«, füge ich hinzu, um nicht vollkommen geistesgestört zu klingen. Ich will nicht, dass sie mir sagt, dass Dreiecke überall sind. Diese Dreiecke sind anders . »Da war ein Dreieck über der Tür des Hauses, wo ich Quinn das erste Mal gesehen habe.«
    »Hast du dieses Dreieck auch noch woanders gesehen?«
    »An einem anderen Haus. Unten in der Fifth Street – im alten Teil der Stadt. Ich gehe dort gern spazieren. Damals habe ich es nicht bemerkt, aber ich habe es später auf einem Foto entdeckt, das ich dort gemacht habe.«
    »Kannst du es mir zeigen?«
    Ich nicke und ziehe mein Handy heraus. Als ich beim richtigen Foto angelangt bin, zoome ich das weiße Holz über der Tür heran und zeige darauf. »Da«, flüstere ich.
    Elizabeth schaut, blinzelt, schaut wieder. Sie sagt nichts, aber mir ist klar, dass sie es nicht sieht. Das Herz rutscht mir in die Hose und ich würde mich am liebsten in der Couch verkriechen.
    Nachdem sie ein paar Mal heran- und wieder weggezoomt hat, gibt mir Elizabeth das Handy zurück. »Warum wolltest du mir das nicht schon früher sagen?«
    »Ich hatte Angst«, gebe ich flüsternd zu.
    »Angst wovor?«
    »Dass du sagen würdest, ich sei verrückt. Oder noch schlimmer: dass ich wieder zum Neurologen muss.« Lange ist es still, dann beeile ich mich weiterzusprechen: »Nach allem, was passiert ist, könnte man meinen, das wäre meine kleinste Sorge. Aber wenn es sich anfühlt, als würde nichts anderes in meinem Körper funktionieren, bin ich wenigstens immer noch geistig gesund, und wenn – wenn du mir das auch noch nimmst …« Ich kann den Satz nicht beenden. Es gibt keine Worte für die Dunkelheit, die der Verlust meines Verstandes bedeuten würde.
    Es fühlt sich jetzt schon an, als würde diese Dunkelheit sich drohend abzeichnen, darauf warten, mich zu verschlingen.
    »Ich glaube nicht, dass du verrückt bist«, sagt Elizabeth sanft, aber mit einer Entschlossenheit, die mir beweist, dass sie die Wahrheit sagt. Oder zumindest dass sie glaubt , sie sage die Wahrheit. »Du hast in letzter Zeit solche Fortschritte gemacht, da hatte ich eigentlich sogar erwartet, dass du anfängst, ein paar … ein paar Veränderungen durchzumachen.«
    »Was meinst du mit Veränderungen?« Zum Beispiel meine niemals leer werdenden Labello-Vorräte? Sollte ich ihr davon auch erzählen?
    Doch noch während ich das denke, weiß ich, ich kann es nicht. Dinge sehen? Na ja, das kann man erklären. Halluzinationen sind ein üblicher Nebeneffekt eines Schädel-Hirn-Traumas. Magische Hosentaschen nicht.
    »Ein paar dieser Dinge möchte ich gerne weiter ausloten.

Weitere Kostenlose Bücher