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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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überlege, ob ich wohl Fußabdrücke auf dem Teppich hinterlassen werde – und beschließe, dass es egal ist –, während ich zuerst auf Reese’ Bettseite gehe und dann auf die von Jay.
    Auf Reese’ Nachttisch steht nur eine Lampe. Das überrascht mich nicht. Nachttische geben meiner Meinung nach die Persönlichkeit einer Person genauer wieder als jeder klinische Test. Reduziert, elegant und organisiert. Das ist Reese.
    Dennoch bringt mir ein Blick in die flache Schublade siebzehn Dollar ein, sorgfältig gefaltet.
    Jays Seite ist profitabler – sechsundvierzig Dollar –, aber es ist auch ein chaotischerer Haufen. Es ist wahrscheinlich Wochen her, wenn nicht Monate, dass er den Haufen Müll sortiert hat, den er eindeutig jeden Abend aus seinen Taschen leert.
    Ich habe ungefähr hundert Dollar.
    Damit komme ich nicht weit. Aber es ist ein Anfang.
    Ich drehe mich um. Benson wartet in der Tür auf mich. Sein Blick ist besorgt.
    Natürlich ist er das. Ich habe eben meine übernatürlichen Kräfte benutzt, um eine erwachsene Frau bewegungsunfähig zu machen, und stehle jetzt Dinge und laufe davon wie eine Verrückte.
    Ich schlüpfe an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen, und stopfe das Bargeld in die kleine Tasche meines Rucksacks. Dann sehe ich mich im Raum um und überlege, was ich sonst noch brauchen könnte. Ist es Diebstahl, den Laptop mitzunehmen, den sie mir geschenkt haben? Das kommt mir schlimmer vor als das Geld, das ich gerade geklaut habe. Aber der Computer gehört genau genommen mir .
    Ich zögere. Was, wenn er verwanzt ist?
    Nicht direkt verwanzt, aber was, wenn sie mich darüber finden können? Solche Sachen sieht man ständig in Krimis, und ich weiß wirklich nicht, ob das eine dieser Pseudo-Fakten ist, die sie grob übertreiben, oder ob man das tatsächlich kann.
    Dennoch.
    Nicht ganz entschieden schnappe ich ihn und stopfe ihn in meinen Rucksack, dann ziehe ich mit einem Ruck den Reißverschluss zu, bevor ich es mir anders überlegen kann.
    Ich kann meine Kunstutensilien nicht anschauen. Sie fühlen sich wieder wichtig an. Notwendig – als könne ich Quinn ohne sie nicht finden.
    Und ich muss Quinn finden, wenn ich Antworten will.
    Aber ich kann sie nicht mitnehmen. Ich habe einfach keinen Platz.
    Und jetzt muss ich entscheiden: Phoenix oder Camden?
    Quinn sagte mir, ich solle ihn in Camden treffen, aber Reese schien zu glauben, es gäbe etwas Wichtiges in Phoenix. Etwas, das mit mir zu tun hat. Aber … Phoenix ist eine große Stadt. Ich wüsste nicht, wo ich anfangen soll zu suchen. Ich war noch nie dort.
    Ich seufze. Irgendwie endet es immer damit, dass ich gezwungen bin, Quinn zu vertrauen. Quinn, der nie bleibt, der nie Fragen beantwortet.
    Der mein Herz hüpfen lässt und mein Blut in Wallung bringt.
    Also Camden.
    »Ich bin so weit«, sage ich zu Benson, und ich hasse es, dass meine Stimme zittert. Ich fühle mich schwach, verwirrt. Ich kann Dinge aus dem Nichts erschaffen – ich sollte mich stark und verantwortlich fühlen.
    Aber ich tue es nicht.
    »Tavia, wir …« Benson zögert und leckt sich nervös die Lippen. »Wir sollten besser verschwinden«, endet er, obwohl ich weiß, dass er etwas anderes sagen wollte.
    Als wir in den Flur kommen, schreit Elizabeth: »Ich glaube, sie haben dich ausfindig gemacht, Tave. Du bist da draußen nicht sicher. Die Reduciata werden dich kriegen – sie wollen dich unbedingt, sie wollen dich mehr als alle anderen von unseren Erdgebundenen. Sie …«
    »Erdgebundene«, flüstere ich; den Rest von Elizabeth’ Satz nehme ich nicht mehr wahr. Ich habe das Wort schon einmal gehört – während Elizabeth’ Telefongespräch mit Reese. Aber es ist noch mehr. Ein Wort, das ein flüsterndes Echo in meinem Kopf auslöst. Erdgebundene … Erdgebundene …
    Benson zieht leicht an meiner Hand. »Wir müssen gehen.«
    »Bitte«, fügt Elizabeth mit leiserer Stimme hinzu – aber so, dass ich es offensichtlich trotzdem hören soll –, »du weißt noch nicht genug darüber, wie du deine Kräfte nutzen kannst, um dich wirklich schützen zu können.«
    Ich schnappe nach Luft und wirble zu ihr herum. Sie weiß es.
    Ein Satz steigt in meinen Mund auf und ergießt sich von meiner Zunge, bevor ich ihn aufhalten kann: »Sum Terrobligatus; declarare fidem.«
    Elizabeth’ Augen werden so groß, dass ich das ganze Weiße um ihre Pupillen sehen kann.
    Doch sie sagt nichts.
    Wut brodelt in mir, und ich bücke mich, um die Pistole aufzuheben, die sie fallen gelassen hat, und drehe

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