Der Kuss der Göttin (German Edition)
rätselhaften Virus – diesmal in einer Kleinstadt in Texas. Das erinnert mich an Jay. Mark. Wie auch immer sein Name tatsächlich lautet. Ich überlege kurz, ob er wirklich an dem Virus arbeitete oder ob das auch eine Lüge war.
»Wir können keine Verbindung zwischen den Opfern oder ihren Wohnorten feststellen. Kein wie auch immer gearteter roter Faden«, sagt die Reporterin und starrt in die Kamera, als sei dies die wichtigste Story aller Zeiten.
Wer weiß, vielleicht ist sie es.
Ich zucke zusammen, als die Türklingel ertönt, und versuche, mich möglichst unauffällig umzudrehen und hinzuschauen. Nur ein Typ in Wranglers. Sein Blick geht über mich hinweg, bevor sich sein Gesicht erhellt und er einer Frau zuwinkt, die in einer Sitzecke wartet.
Ich erlaube mir wieder zu atmen.
»Okay. Ich bin fertig«, sagt Benson und klatscht die Hände auf den Tisch.
Ich zucke bei dem Krach zusammen und verschütte fast meinen Tee.
»Tave«, sagt Benson, leiser jetzt. Wahrscheinlich, weil alle in dem schäbigen kleinen Restaurant zu uns herüberschauen. Inklusive der Kellnerinnen. Das ganze Restaurant ist viel zu eng für meinen Geschmack – es ist wie eines dieser Diner aus alten Filmen, in denen die Tische so dicht beieinanderstehen, dass man einfach den Kopf drehen und sich ins Gespräch am Nachbartisch einmischen kann.
Was hier sicherlich regelmäßig passiert.
Ich weiß nicht genau, in welcher Stadt wir sind. Gestern Nacht bin ich einfach gefahren, bis ich mich sicher gefühlt habe. Nicht sicher , aber sicher genug, um zu schlafen.
Eine Weile. So gut man das in nassen Jeans kann.
Benson hat keine Fragen gestellt, aber ich hatte das komische Gefühl, dass er nicht viel geschlafen hatte, während ich weg war.
Und wenn man bedenkt, wie wir uns herumgewälzt haben, als ich erst einen neuen Parkplatz gefunden hatte, hat auch keiner von uns in den wenigen Stunden bis zum Morgen viel geschlafen.
Als die Sonne aufging, konnte ich sehen, dass ich uns in eine weitere ältliche Stadt wie Camden geführt hatte – eine Rückkehr in die Fünfziger, nur mit Smartphones als Ergänzung. Ich glaube, das machen sie tatsächlich mit Absicht – helle Ladenfronten, Schaukelstühle vor den Geschäften. Ich habe sogar einen Typen den Gehweg fegen sehen.
Die Leute hier sehen aus, als wäre ihr Tagesablauf immer gleich, und ich wette, die meisten von ihnen müssen nicht einmal mehr ihr Frühstück bestellen. Das Übliche, Flo , kann ich sie in meinem Kopf sagen hören. Und sie nickt nur und bringt es heraus, denn der Koch hat es schon vorbereitet.
»Bitte, sprich mit mir!« Benson greift nach meiner Hand.
Ich zucke zurück, bevor mein matter Verstand in die Gegenwart zurückkehrt.
»Ich habe dich nicht bedrängt; ich habe versucht, dir Freiraum zu geben. Ich habe keine der Million Fragen gestellt, die ich zu all dem habe, was wir seit gestern erfahren haben. Aber du hast uns nach Camden gebracht, und versuch nicht, mir zu erzählen, das sei eine Zufallsentscheidung gewesen«, sagt er und schneidet meinen Protest ab, zu dem ich nicht einmal die Energie habe. »Ich weiß, es hatte etwas mit Quinn zu tun. Also habe ich gewartet; ich habe darauf vertraut, dass du einen Grund hattest, es mir nicht zu sagen. Dann bist du mitten in der Nacht unter dem Vorwand, du müsstest mal, davongeschlichen und bist zwei Stunden später wiedergekommen – ja, ich habe es bemerkt und mir jede Sekunde davon Sorgen gemacht, denn als mir klar wurde, dass du nicht wirklich pinkeln warst, konnte ich dir nicht mehr folgen. Du warst schneebedeckt und halb erfroren, und du hast gesagt, du hättest Quinn gefunden und magst ihn nicht mehr – was ich, nur damit du es weißt, total unterstütze –, und dann fährst du wie eine Verrückte zwei Stunden, um dann auf dem Parkplatz vor einem Waffelrestaurant mitten im Nirgendwo auf dem Fahrersitz einzupennen, ohne ein Wort zu sagen. Sprich mit mir, Maple Bar .«
Ich muss ein bisschen über diesen Gebäck-Spitznamen lächeln.
»Na, geht doch«, flüstert er und berührt meine Unterlippe. »Komm schon. Du wirst dich besser fühlen, wenn du es mir sagst.« Ich spüre, wie seine Fingerspitze unter meinem Auge entlangstreicht, und da merke ich zum ersten Mal, dass mir Tränen über die Wangen rollen.
Benson zögert kurz, dann rutscht er von seiner Bank und kommt auf meine Seite der Sitzecke, legt beide Arme um mich und drückt mich eng an sich.
»Na los, wein dich aus. Mein Hemd muss sowieso gewaschen
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