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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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der Verkauf seines Wagens im Zusammenhang mit dem Mord? Welche Schuld ließ sich daraus ableiten, daß der Mann im Nordwesten Londons wohnte oder daß man ihn gesehen hatte, wie er einen Londoner Bus bestieg? Da war natürlich noch die Sache mit Südamerika … Zähneknirschend wurde Wexford sich auf einmal klar, wohin das alles führte. Zu nichts und wieder nichts. Was konnte er denn beweisen? Daß Hathall ein Job in Südamerika angeboten worden war? Oder auch nur, daß er eine Broschüre über Südamerika gekauft hatte, geschweige denn ein Flugticket? Er war lediglich gesehen worden, wie er in ein Reisebüro ging, und zwar von einem Mann mit Vorstrafenregister.
    »Nein, Sir.«
    »Also ist die Situation unverändert. Völlig unverändert. Bitte halten Sie sich daran.«

14
    Ginge hatte getan, was man ihm gesagt hatte, und am Freitag, dem achten November, kam ein Bericht von ihm, in dem es hieß, er sei jeden Abend auf seinem Beobachtungsposten im Pub gewesen, und an zwei dieser Abende, am Montag und am Mittwoch, sei Hathall kurz vor sieben am West End Green erschienen und dann mit der Buslinie achtundzwanzig gefahren. Das war doch wenigstens etwas. Ein nächster Bericht hätte am Montag kommen müssen. Statt dessen geschah das Unglaubliche: Ginge telefonierte! Er rief von einer Telefonzelle aus an. Wie er Wexford sofort versicherte, hätte er reichlich Kleingeld bei sich, und er wisse ja, daß ein Gentleman wie der Chief Inspector es ihm erstatten werde.
    »Geben Sie mir die Nummer, dann ruf ich zurück.« Um Gottes willen, wieviel sollte er denn eigentlich noch aus seiner eigenen Tasche bezahlen? Sollten die Steuerzahler doch berappen. Ginge nahm den Hörer ab, bevor es zum zweitenmal geläutet hatte. »Muß ja was Schönes los sein, Ginge, wenn man Sie ans Telefon kriegt.«
    »Und ob’s was Schönes ist«, meinte Ginge selbstgefällig. »Ich hab den Scheißkerl gesehen, mit ‘ner Mieze.«
    Nie stellt sich ein himmelhohes Triumphgefühl zweimal ein. Wexford hatte diese Worte – oder doch Worte mit derselben Bedeutung – schon einmal gehört, und diesmal verfiel er nicht in Frohlocken, von wegen, der Herrgott habe Hathall in seine Hände gegeben. Statt dessen fragte er einfach nur, wann und wo.
    »Also, das mit meinem Beobachtungsposten im Pub wegen dem Scheißbus, das wissen Sie ja. Na ja, da dachte ich so bei mir, kann ja nichts schaden, wenn du’s auch am Sonntag machst.« In der Absicht, sich für sieben Tage die Knete und die Demon Kings spendieren zu lassen, dachte Wexford. »Also war ich auch am Sonntag um die Essenszeit wieder da – ich meine gestern, ja? –, und da hab ich ihn gesehen. Es hat geregnet wie Pisse, und er hatte ‘nen Regenmantel an und den Schirm aufgespannt. Er wartete auch nicht auf den Bus, sondern ging einfach weiter, die West End Lane runter. Hab natürlich mit keinem Gedanken dran gedacht, ihm zu folgen. Ich hatte ihn vorbeigehen sehen, und damit hatte sich’s. Aber ich dachte, ich geh mal lieber selbst zum Essen – weil nämlich, meine Frau, die hat es immer Punkt halb zwei auf dem Tisch –, also ich runter zur Station.«
    »Welcher Station?«
    »Na, Wess Haamsteht Station«, sang Ginge im verblüffend echt imitierten Akzent eines Busschaffners von den West Indies. Er lachte meckernd über seinen eigenen Witz. »Ich komm da also an und steck einen Fünfer in den Automaten, weil’s ja bloß eine Haltestelle ist bis Kilburn, da seh ich doch unsern Kontrahenten an der Scheißbarriere stehen. Er hatte mir den Rücken zugekehrt, Gott sei Dank. Ich verzieh mich also rüber zum Zeitungsstand und guck mir die Hefte mit den saftigen Mädchen an, von denen die wirklich ‘ne tolle Kollektion haben. Na ja, eingedenk meiner Verpflichtung Ihnen gegenüber, Mr. Wexford, seh ich zwar meinen Zug kommen, aber ich renne nicht die beschissene Treppe runter, um ihn zu kriegen. Nein, ich warte. Und die Treppe rauf kommen etwa zwanzig Leute. Ich hatte mich nicht getraut, mich umzugucken, wollte ja schließlich nicht auch noch mein anderes Auge blaugehauen kriegen, aber als ich dann dachte, die Luft ist rein, und ich linse mal rum, da ist der doch weg!
    Ich also wie der Blitz zurück in den West End Lane, und es gießt in Strippen. Aber ganz vorn, auf dem Weg nach Hause, da seh ich doch den beschissenen Hathall mit seiner Mieze! Gingen eng bei eng unter seinem Scheißregenschirm, und die Mieze hat so ‘nen durchsichtigen Plastikmantel an, und die Kapuze hoch, so daß ich weiter nichts von ihr

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