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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Desinfektionsmittel behandelt.«
    Das spielte nun keine Rolle mehr. Sie würde, nachdem sie so lange versenkt gewesen war, ohnehin keine Spuren mehr aufweisen, wenn überhaupt welche darauf gewesen waren. Aber das Aussehen der Kette verblüffte ihn. Sie war nicht, wie man gedacht hatte, aus Gliedern zusammengesetzt, sondern war ein solider Strang aus grauem Metall, von dem nahezu die gesamte Vergoldung verschwunden war, und sie hatte die Gestalt einer ringförmig gebogenen Schlange. Beim Schließen wurde der Schlangenkopf durch eine Öse am Schwanz hindurchgesteckt. Jetzt hatte er auch die Antwort auf das, was ihn immer so irritiert hatte. Dies war eben keine Kette, die unter starker Spannung reißen konnte, sondern ein perfektes Strangulierwerkzeug. Alles, was Hathalls Komplizin hatte tun müssen, war, sich hinter ihr Opfer zu stellen, den Schlangenkopf zu packen und zu ziehen …
    Aber wie konnte sie in die unbenutzte Sickergrube geraten sein? Deren Metalldeckel, der früher jeweils geöffnet wurde, wenn die Grube entleert werden mußte, war unter einer Schicht Erde versteckt und so von Gras überwachsen gewesen, daß Wexfords Leute nicht einmal auf den Gedanken gekommen waren, sie könne sich dort befinden.
    Er rief Mark Somerset an.
    »Ich glaube, ich kann Ihnen erklären, wie sie da reingekommen ist«, sagte Somerset. »Als hier die öffentliche Kanalisation angelegt wurde, da ließ mein Vater aus Sparsamkeitsgründen nur das sogenannte ›schwarze‹ Wasser, das Kloakenabwasser, anschließen. Das ›graue‹ Wasser – das ist das Abwasser von Bad, Handwaschbekcken und Küchenausguß – lief weiterhin in die Senkgrube. Bury Cottage liegt ja an einem Abhang, er wußte also, es konnte nicht überlaufen, sondern würde einfach versickern.«
    »Wollen Sie damit sagen, jemand konnte das Ding einfach in den Abfluß eines Waschbeckens werfen?«
    »Ganz genau. Wenn der ›Jemand‹ die Wasserhähne kräftig aufgedreht hat, ist sie bestimmt runtergespült worden.«
    »Vielen Dank, Mr. Somerset. Das ist sehr aufschlußreich. Übrigens, ich möchte – äh, ich möchte Ihnen gern mein Beileid ausdrücken zum Tod Ihrer Frau.«
    War es Einbildung, oder klang Somerset zum erstenmal unsicher? »Ach so, ja, danke«, stammelte er und hängte abrupt auf.
    Nachdem er die Halskette von den Laborexperten hatte untersuchen lassen, bat er um eine Unterredung mit dem Chief Constable. Sie wurde auf den kommenden Freitag nachmittag anberaumt, und gegen zwei Uhr an jenem Tag fand er sich in Griswolds Privathaus ein, einem aufgemotzten, unbäuerlichen Bauernhaus in einem Dorf namens Millerton, zwischen Myringham und Sewingbury gelegen. Das Anwesen nannte sich Hightrees Farm, aber privatim nannte Wexford es Millerton-Les-Deux-Eglises.
    »Wie kommen Sie auf den Gedanken, dies sei das Mordinstrument?« waren Griswolds erste Worte.
    »Ich habe das Gefühl, dies ist die einzige Art Halskette, die benutzt worden sein kann. Eine Gliederkette wäre gerissen. Die Laborleute sagen, das Gold, das noch daran haftet, ähnelt in der Beschaffenheit den Goldpartikeln, die man an Angelas Hals gefunden hat. Aber natürlich können sie das nicht genau sagen.«
    »Aber ich nehme an, Sie haben so ein ›Gefühl‹? Haben Sie irgendeinen Grund zu glauben, daß die Kette nicht schon seit zwanzig Jahren dort dringelegen hat?«
    Wexford hütete sich, wieder sein Gefühl zu erwähnen. »Nein, aber ich hätte den Grund vielleicht, wenn ich mit Hathall sprechen könnte.«
    »Er war nicht dort, als sie umgebracht wurde«, sagte Griswold. Dabei zogen sich seine Mundwinkel nach unten, und seine Augen wurden hart.
    »Aber seine Freundin war es.«
    »Wo? Wann? Bis jetzt bin ich immer noch Chief Constable von Mid-Sussex, wo dieser Mord begangen wurde. Warum wird es mir nicht mitgeteilt, wenn die Identität eines weiblichen Komplizen aufgedeckt wird?«
    »Ich habe sie noch nicht direkt …«
    »Reg«, sagte Griswold mit einer Stimme, die vor Zorn bebte, »haben Sie heute, was Robert Hathalls Komplizenschaft betrifft, auch nur ein Quentchen Beweismaterial mehr als vor vierzehn Monaten? Haben Sie auch nur ein knallhartes Indiz? Ich habe Sie das schon mal gefragt, und ich frage Sie noch einmal: Haben Sie das?«
    Wexford zögerte. Er konnte nicht aufdecken, daß er Hathall hatte observieren lassen, und noch viel weniger, daß Chief Superintendent Howard Fortune, sein eigener Neffe, ihn mit einer Frau gesehen hatte. Und welche Beweiskraft hatte schon Hathalls Sparsamkeit oder

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