Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
spürte. “Du vergisst offenbar, dass es mehr als fünf Jahre her ist, seit du mich damals abserviert hast.”
“Abserviert?” Mit einem Mal waren alle warmen Gefühle wie weggeblasen, und Lotte fiel unsanft auf den Boden der Realität zurück.
Hastig wand sie sich aus Lorenz’ Umarmung, trat einen Schritt zurück und funkelte ihn erbost an. “Sag mal, wovon sprichst du eigentlich? Das ist doch wohl die Höhe!”
Lotte war fassungslos. Die Musik spielte weiter, die Partygäste feierten ausgelassen, es wurde gegessen, getanzt und gelacht. Alles war wie zuvor – außer, dass die Atmosphäre zwischen ihr und Lorenz plötzlich von sprühenden Funken erfüllt war.
Was bildete er sich ein, so einen Unsinn zu erzählen? Wollte er sich etwa über sie lustig machen?
“Nun rede schon!”, forderte sie ihn wütend auf. “Was hast du damit gemeint? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!”
Vollkommen ruhig sah er sie an. Seine Miene wirkte unergründlich, und Lotte begann sich zu fragen, ob er seine Worte tatsächlich ernst gemeint hatte. Sie – ihn abserviert? Lächerlich! Offenbar litt er an Realitätsverlust! Er war es doch gewesen, der sich nach ihrer gemeinsamen Nacht einfach stillschweigend aus dem Staub gemacht hatte! Ihr wochenlanges Hoffen und Warten auf ein Lebenszeichen von ihm war unerfüllt geblieben.
Und da wagte er es jetzt tatsächlich, ihr einen Vorwurf zu machen?
“Vergiss es”, winkte er schließlich ab. “Ich will mich nicht schon wieder mit dir streiten.”
Doch so einfach wollte sie ihn nicht davonkommen lassen. “Nein, mein Lieber, so nicht!” Sie baute sich in voller Größe vor ihm auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Dabei erwiderte sie seinen Blick so fest und unnachgiebig wie möglich. “Ich will jetzt auf der Stelle erfahren, wie du das gemeint hast!”
Als die Tanzkapelle ein beliebtes schwedisches Volkslied anstimmte, erklang begeisterter Applaus. Lorenz musste die Stimme erheben, um den Lärm zu übertönen. “Das ist doch jetzt nicht mehr wichtig”, erwiderte er. “Es war dein Vorschlag, die Vergangenheit ruhen zu lassen, schon vergessen? Wir sollten wirklich versuchen, miteinander auszukommen, so lange es nötig ist. Danach trennen sich unsere Wege wieder, und wir …”
Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn eine blonde junge Frau drängte sich an Lotte vorbei und forderte Lorenz zum Tanz auf. Der zögerte zunächst, doch die dralle Blondine duldete ganz offensichtlich kein Nein. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich auf die Tanzfläche.
Wie gelähmt blieb Lotte am Rand stehen und beobachtete, wie Lorenz zusammen mit seiner hübschen Verehrerin ausgelassen über das Parkett wirbelte. Und mit jeder Minute, die verstrich, sank ihre Stimmung weiter dem Nullpunkt entgegen.
Sie hätte sich nie darauf einlassen sollen, Lorenz zu begleiten, und stattdessen gleich nach der Verabredung mit Nörström nach Kärlekholmen zurückkehren sollen! Damit hätte sie sich zumindest diese lächerliche Farce erspart.
Das hellblaue Kleid der Blondine, das hervorragend mit ihrem hellen Haar harmonierte, bauschte sich bei jeder Drehung auf, und sie lachte schon beinahe übertrieben herzlich über etwas, das Lorenz ihr ins Ohr flüsterte.
Es war geradezu peinlich, mit anzusehen, wie ungeniert diese Frau sich an ihn heranmachte. Und Lorenz fiel offensichtlich auch noch auf ihre plumpe Vorgehensweise herein! Zumindest schien er sich ganz prächtig zu amüsieren.
Nanu, das ist doch nicht etwa ein Anflug von Eifersucht?
Unsinn! Sie schüttelte den Kopf. Ganz gewiss war sie nicht eifersüchtig – auf wen denn auch schon? Trotzdem stand ihr keineswegs der Sinn danach, den beiden länger beim Tanzen zuzuschauen.
Energisch wandte sie sich ab und ging zum Buffet. Sollte Lorenz sie doch suchen, wenn er damit fertig war, sich mit einer wildfremden Frau zu amüsieren! Sie würde jedenfalls nicht brav und artig am Rand der Tanzfläche auf ihn warten. Nein, das kam überhaupt nicht infrage!
Mit ernstem Gesicht schlenderte sie an den Tischen entlang, die sich unter der Last herrlicher Köstlichkeiten bogen. Hier gab es alles, was das Herz begehrte. Trotzdem verspürte Lotte bei diesem herrlichen Anblick keinen Appetit. Zwar lag ihre letzte Mahlzeit schon eine ganze Weile zurück, doch solange Lorenz ihr immerzu im Kopf herumspukte, konnte sie nicht einmal ans Essen denken.
Doch schon Sekunden später lief ihr das Wasser im Mund zusammen, und als sie vor der prachtvollen
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