Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
und einem glänzenden Lipgloss zurecht gemacht hatte, stand Lotte ratlos vor ihrem Kleiderschrank. Sie gehörte nicht zu der Sorte von Frauen, die für jede Gelegenheit gerüstet waren. Für gewöhnlich bevorzugte sie schlichte und praktische Outfits. Das einzige Kleid, das sie besaß, hatte sie zu Hause in Deutschland gelassen. Wie hätte sie auch ahnen können, dass sie ausgerechnet auf Kärlekholmen Slott Gelegenheit finden würde, es zu tragen?
Andererseits gab es eigentlich keinen Grund, sich besonders schick zu machen. Sie war schließlich nicht an Tjaderborg interessiert. Und da es sich um ein rein geschäftliches Dinner handelte, gab es auch keinen Grund, sich besonders herauszuputzen.
Außerdem gingen ihr Clarissas Worte einfach nicht mehr aus dem Sinn.
“Hör einfach auf dein Herz …”
Lotte wusste nicht, was sie davon halten sollte. Natürlich liebte sie Lorenz schon lange nicht mehr. Also konnte es sich bei der Sache zwischen ihnen wohl kaum um eine Herzensangelegenheit handeln – oder?
Dass sie nicht sagen konnte, welcher Art ihre Gefühle für Lorenz waren, irritierte sie. Hätte sie noch vor ein paar Tagen jemand danach gefragt, hätte sie genau gewusst, wie ihre Antwort ausgefallen wäre.
Aber jetzt …
Außerdem fragte sie sich noch immer, wie er eigentlich dazu kam, ihr Vorwürfe zu machen. Dass es zwischen ihnen nicht geklappt hatte, lag wohl kaum in ihrer Verantwortung!
In diesem Moment klopfte es an der Tür, und Lotte schüttelte die lästigen Gedanken ab. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich den Kopf über ihre Beziehung zu Lorenz zu zerbrechen. Jetzt galt es erst einmal herauszufinden, was Viggo Tjaderborg von ihr wollte.
Sie setzte ein, wie sie hoffte, professionelles Lächeln auf und öffnete die Tür. “Ich bin noch nicht ganz fertig, aber Sie …” Als sie sah, dass Lorenz vor ihr stand, atmete sie scharf ein. “Du?”
Sein Blick war, wie so oft, unergründlich. “Das hast du wohl nicht erwartet, wie?”
“Wie bitte?” Verständnislos sah sie ihn an. “Was meinst du, ich …”
“Was hast du mit Viggo zu schaffen, sag schon!”, forderte er sie auf.
“Woher weißt du …?”
“Du gestattest?” Er drängte sich an ihr vorbei ins Zimmer. “Ich möchte das nur ungern zwischen Tür und Angel mit dir besprechen. Also, sag schon: Was läuft da zwischen euch?”
Lotte schloss die Tür, dann verschränkte sie die Arme vor der Brust. “Was fällt dir eigentlich ein, dich so aufzuführen?”, wollte sie wissen. “Du stürmst in mein Zimmer und …”
“Ich warte noch immer auf eine Antwort!”, überging er ihren Protest. “Also, sag schon!”
“Nichts!”, erwiderte sie. “Ich habe nichts mit ihm zu schaffen, was denkst du denn? Er hat mich lediglich für meine Arbeit gelobt, das ist alles.”
“Natürlich!” Lorenz lachte, doch es klang nicht besonders humorvoll. “Hör zu, ich kenne ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass Mitarbeitermotivation für ihn ein absolutes Fremdwort ist. Außerdem hätte er mich dann genauso mit einbeziehen müssen, schließlich arbeiten wir doch jetzt auf Augenhöhe, nicht wahr?”
“Bist du etwa neidisch?” Sie setzte ein Lächeln auf, wandte sich dann aber ab. So selbstsicher, wie sie sich nach außen hin gab, war sie nämlich ganz und gar nicht, und das lag einzig und allein an Lorenz. Es war wie immer: In seiner Nähe bekam sie weiche Knie, ihr Herz begann zu hämmern, und in ihrem Bauch schienen plötzlich Tausende von Schmetterlingen wild umherzuflattern. Was war bloß mit ihr los?
Warum sagst du ihm nicht einfach, dass Viggo dich eingeladen hat? Es ist schließlich nicht verboten, mit einem Vorgesetzten zu Abend zu essen. Es gibt nichts, aber auch gar nichts, dessen du dich schämen müsstest!
Aber obwohl Lotte das alles wusste, wollte sie doch nicht, dass Lorenz von ihrer Verabredung erfuhr. Warum, konnte sie sich selbst nicht so recht erklären.
“Ich bin ganz bestimmt nicht neidisch”, stellte er mit fester Stimme klar. “Worauf denn schon?”
“Was geht dich das dann alles überhaupt an?” Jetzt drehte sie sich wieder zu ihm und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. “Ich glaube kaum, dass ich mich vor dir rechtfertigen muss!”
“Dann stimmt es also.” Lorenz nickte, als hätte sie ihm soeben bestätigt, was er bereits vermutete. “Ihr schmiedet irgendein Komplott gegen mich, stimmt’s? Viggo versucht schon seit dem Tag meiner Ankunft, mich loszuwerden, und jetzt will er dich
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