Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
Dass man ihn als Hinkefuß beschimpft und zur Seite gedrängt hatte, weil er aus Feigheit darauf verzichtet hatte, zu erwähnen, dass er Polizist war?
    Ihm war sehr unbehaglich zumute, als er Ramoses Haus erreichte. Anukets Begrüßungslächeln erstarb jäh, als sie ihn allein auf der Schwelle stehen sah.
    »Ich geh die Herrin holen«, sagte sie und war verdächtig schnell verschwunden.
    »Wo hast du Miu gelassen?«, fragte Raia als Erstes. »Ist etwas passiert?«
    Ani räusperte sich, bevor er antwortete.
    »Leibgardisten des Königs haben sie geholt«, sagte er schließlich. »Und in den Palast gebracht.«
    »In den Palast?« Ihre Stimme stieg schrill an. »Aber wie konntest du das zulassen?«
    »Sie waren bewaffnet und zu zweit, und ich hatte …«
    Raia schien ihn gar nicht zu hören.
    »Anuket!«, rief sie. »Komm mal zu mir!«
    Die alte Dienerin ließ sich ordentlich Zeit damit, und als sie schließlich erschien, ging sie gebückt, wie jemand, der Schläge erwartet.
    »Haben heute zwei Bewaffnete nach Miu gefragt?«, sagte Raia in strengem Ton.
    »Nur nach der Tochter des Balsamierers«, erwiderte Anuket mit nervösem Blinzeln. »Es schien dringlich zu sein. Da hab ich ihnen gesagt, wo sie sie finden würden.«

    »Du hast sie zu Iset geschickt?«, fragte Ani fassungslos.
    »Ohne mir Bescheid zu geben?«, fuhr Raia fort. »Was hast du dir dabei nur gedacht?«
    »Dass der Herr es nicht gern sieht, wenn Miu dorthin geht, sie es aber trotzdem getan hat. Hinter seinem Rücken sozusagen. Und dass sie vielleicht …«
    »Geh mir aus den Augen«, sagte Raia barsch. »Und mach so etwas nie wieder, sonst wirst du mich kennenlernen. Ich habe mit Ani zu reden!«
    Sie zog ihn in den nächstbesten Raum und schloss die Tür. In diesem Haus hatten die Wände Ohren, das hatte Raia langjährige Erfahrung gelehrt, und sie wollte kein Risiko eingehen.
    »Sie hat dem Pharao gefallen«, sagte Raia. »Zu sehr gefallen, verstehst du? Hätte ich diese Möglichkeit nur früher in Erwägung gezogen, so hätte ich anders gehandelt! Aber ich habe einfach nicht damit gerechnet - und plötzlich war es zu spät. Er darf Miu niemals wiedersehen! Sonst könnte etwas Furchtbares geschehen.«
    »Was sagst du denn da?«
    »Dass es lebensgefährlich ist, wenn Tutanchamun sein begehrliches Auge auf eine junge Frau wirft. Weißt du denn nicht, worauf das hinauslaufen kann?«
    Ani blieb ihr die Antwort schuldig, weil allein der Gedanke daran ihm unerträglich war.
    »Auf den königlichen Harim, du Unschuldslamm! Der Harim, aus dem, wie ich gehört habe, schon einige Nebenfrauen spurlos verschwunden sind. Denn wenn er sie auffordert, in seinen Harim einzutreten, muss sie es tun. Wer könnte sich schon seinem Befehl verweigern - wo ihm doch ganz Kemet gehört?«

    »Aber Miu ist doch noch ein halbes Kind …«
    »Das sagst ausgerechnet du? Ich hätte dich für klüger gehalten, mein Junge! Vielleicht siehst du das nächste Mal, wenn du ihr begegnest, ein bisschen genauer hin.«
    Sie zog sich einen Stuhl heran.
    »Sie ist jedenfalls alt genug, um das Interesse des Pharaos zu wecken und damit der Großen Königlichen Gemahlin ein Dorn im Auge zu sein! Anchesenamun duldet keine Rivalinnen. Das weiß inzwischen die ganze Stadt. Wer es wagt, dem König zu nah zu kommen, verletzt damit auch ihre Reviergrenzen. Man sagt, sie fackle nicht lange. Soll unser Mädchen solch einer Gefahr ausgesetzt sein?«
    Raia sprang auf und begann, unruhig auf und ab zu laufen, dann blieb sie plötzlich stehen.
    »Die Königsamme!«, rief sie. »Mayet! Die kennt ihn besser als jeder andere und natürlich weiß sie auch über alles am Hof Bescheid. Vielleicht kann sie mir sagen, was wir tun können, um Miu vor diesem Schicksal zu bewahren …«
    »Wovor soll meine Tochter bewahrt werden?« Ramose stand plötzlich im Zimmer. »Das möchte ich auf der Stelle erfahren!« Er schaute sich um. »Wo steckt Miu eigentlich? Kann mir das jemand verraten?«
    Raia und Ani tauschten einen langen Blick, der Ramose noch misstrauischer machte.
    »Ich mag es nicht, wenn ihr beide hinter meinem Rücken herumkungelt«, sagte er aufgebracht. »Wo ist Miu? Doch nicht etwa gegen mein ausdrückliches Verbot auf dieser unseligen Hochzeit? Antwortet mir gefälligst!«
    »Man hat sie in den Palast gebracht«, sagte Ani schließlich. »Schon vor einer ganzen Weile.« Eine Mitteilung, die ihm schwerfiel, weil er es sich selbst anlastete.

    »Und du hast sie einfach so gehen lassen?« Ramoses Augen weiteten

Weitere Kostenlose Bücher