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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schonen wolltest, ebenso wie deine Schwiegermutter, die über den Tod ihrer Tochter niemals hinweggekommen ist. Was mich betrifft, so habe ich mich an unsere Abmachung gehalten. Und wir waren doch so vorsichtig all die vielen Jahre! Keiner ahnt etwas von unserem Glück …«
    »Vielleicht ja doch«, unterbrach er sie. »Waset hat tausend neugierige Augen und Ohren. Da gibt es immer jemanden, der einen belauschen könnte. Hat Mehu vielleicht in letzter Zeit eine Andeutung in dieser Richtung gemacht?«
    »Mehu?« Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass die silbernen Ohrringe klingelten. »Der interessiert sich doch nur für seine Silberkisten und seine Gewürzsäcke. Ich hätte ebenso gut einen Felsbrocken zum Ehemann nehmen können! Gäbe es nicht dich, ich wäre an Langeweile und Einsamkeit längst zugrunde gegangen!«

    »Dann vielleicht jemand anderes? Streng dich bitte an und denk ganz scharf nach! Es ist sehr, sehr wichtig.«
    »Du weißt doch genau, wie zurückgezogen ich lebe«, sagte Meret. »Außer meiner Schwester und ihrem Mann empfange ich keine Menschenseele. Und nicht einmal die beiden sind eingeweiht, obwohl sie uns gewiss nie verraten würden.«
    »Besser so«, murmelte Ramose. »Auch wenn es uns jetzt nichts mehr nützen wird.«
    »Ich verstehe dich nicht, Ramose! Um deinen Ruf müsstest du dir doch eigentlich keine Sorgen machen«, fuhr sie fort. »Schließlich weiß die ganze Stadt, dass du Witwer bist, seit vielen, vielen Jahren. Ich hingegen …«
    »Wir müssen Abschied nehmen, Meret!«, fiel er ihr ins Wort. »Für immer. Es gibt keine andere Lösung.«
    Sollte er ihr die ganze Wahrheit sagen? Sie hätte es verdient, doch er hatte viel zu lange geschwiegen und schämte sich jetzt umso mehr für seine Feigheit. Die Vergangenheit tot und vergessen? Ramose wünschte sich das, mehr als alles andere. Dann müsste er diesen Albtraum jetzt nicht erleben!
    »Aber das kannst du nicht«, flüsterte sie. »Du weißt doch, was du mir bedeutest.«
    »Und trotzdem ist es unrecht, was wir tun.« Beinahe hätte er »Verbrechen« gesagt. Ihm wurde übel, allein bei dieser Vorstellung. »Das wissen wir beide und wir wissen es seit Langem. Jetzt müssen wir lernen, darauf zu verzichten, du ebenso wie ich. Ich werde nicht mehr wiederkommen. Ich kann nicht mehr wiederkommen, Meret!«
    »Aber warum denn nur auf einmal?« Sie klang verzweifelt. »Was ist geschehen? Es muss doch etwas geschehen
sein, das dich auf einmal so handeln lässt. Bitte sag es mir!«
    »Dring nicht weiter in mich!«, bat er inständig. »Ich kann nicht mehr verraten, ohne dich womöglich zu gefährden.«
    Meret schmiegte sich an ihn und er roch ihren Duft, spürte ihre Wärme. Alles in ihm wurde weich. Sie war nicht Sadeh und trotzdem hatte er sie sehr schnell sehr lieb gewonnen. Sie hatte ihn in seiner Einsamkeit gewärmt, seinem Körper Freude bereitet, seine Sorgen stets verständnisvoll angehört. Nicht nur Geliebte war sie ihm gewesen, sondern vor allem auch Freundin und Vertraute. Ohne Meret, die Frau des Parfumhändlers, der ständig auf Reisen war, würde sein Leben sehr viel kälter und trauriger werden.
    Und dennoch musste er sie verlassen.
    Erkenne dein Verbrechen an …
    Das größte und schwerste aller Opfer, das zu bringen er vermochte! Wie sehr er denjenigen hasste, der ihn ausgerechnet dazu zwang!
    Ramose wollte sich losmachen, Meret aber hing so fest an seinem Hals, dass es ihm nicht glückte.
    »Wenigstens noch diese Nacht«, flüsterte sie. »Sonst schrei ich auf der Stelle die ganze Straße zusammen. Diese allerletzte Nacht - zumindest das bist du mir schuldig, Ramose!«

    Miu war es gelungen, Isets Tränen zu trocknen und sie wenigstens ein Stückchen weit aus ihrer trüben Stimmung
zu holen. Allerdings war dazu langes Reden notwendig gewesen, das beide Freundinnen erschöpft hatte. Dass es eine Nebenbuhlerin geben könnte, hatten sie schließlich verworfen. Iset hatte sich bereit erklärt, in Ruhe mit ihrem Mann zu reden und ihm zu sagen, was sie so sehr bedrückte. Kenamun sollte Gelegenheit bekommen, alles wiedergutzumachen. Vielleicht ahnte er ja nicht einmal, was seine junge Frau heimlich quälte.
    Außerdem sollte Iset künftig nicht mehr allein sein. Paus zweites Junge, der dunkel gestromte Kater, wäre genau der richtige Begleiter für sie, beschloss Miu, und sie nahm sich vor, ihre Idee so schnell so wie möglich umzusetzen.
    Ausgehungert fielen sie schließlich über die Hühnersuppe her, die Iset so scharf

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