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Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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seinem Bein.
    »Darüber zerbrech dir mal nicht den Kopf. Ich bin immer noch so gelenkig wie eine Antilope, wenn ich mir nur ein bisschen Mühe gebe«, versuchte Ani zu scherzen.
    »Pass trotzdem auf dich auf!«, bat Iset. »Es ist etwas Ungutes, das meinen Mann quält, das sagt mir mein Gefühl. Ich will nicht, dass auch noch du davon betroffen wirst. Du fragst ihn lediglich, was mit ihm los ist, versprochen?«
    »Versprochen!«, sagte Ani. »Und du nimmst jetzt dein Katerchen und dann ruhst du dich mit ihm zusammen aus.«
    »Das machen wir. Sobald die Nachbarin mir die Körbe mit der neuen Ware gebracht hat«, sagte Iset.
    Er ging hinaus, ziemlich eilig sogar, weil sein Besuch im Wüstendorf doch schon um einiges länger dauerte als zunächst beabsichtigt. Abend für Abend mussten sie jetzt mit einer unangekündigten Kontrolle durch Userkaf rechnen,
für den es ein gefundenes Fressen wäre, ausgerechnet Ani nicht auf seinem Posten anzutreffen.
    Vor der Tür standen zwei große Körbe, bis zum Rand mit kleinen Figürchen gefüllt. Ani bückte sich, griff hinein und zog wahllos etwas heraus.
    Als Erstes erwischte er die knollige Gestalt des Gottes Bes, der für den Schutz während der Nacht zuständig war, böse Geister vom Haus fernhalten sollte und auch als gewissenhafter Hüter von Schwangeren und Neugeborenen galt. Die nächste Figur, die Ani in die Finger kam, war die Göttin Tawaret, mit Nilpferdkörper und Löwenpratzen, die bei keiner Geburt fehlen durfte. Als Letztes erwischte er eine Katzenstatue, perfekt modelliert aus hellem Sandstein: Bastet, Gottheit für Fruchtbarkeit und Familienglück.
    Damit bezahlten die Frauen des Wüstendorfes die kleinen Extras, die sie auf dem Markt in Waset erwarben - mit einfachen Götterfiguren für den alltäglichen Gebrauch, die ihre Männer in ihrer kargen Freizeit fertigten! Offenbar war die Nachfrage äußerst rege, sonst wären die Körbe kaum so prall gefüllt gewesen.
    Einem kleinen Geheimnis war er also gerade auf die Spur gekommen. Doch die Suche nach den Grabräubern und ihren verborgenen Schätzen stockte noch immer.
    Dennoch war seine Laune gestiegen. Vielleicht war ja auch bei dieser Sache endlich ein Durchbruch möglich.
    Pfeifend begab Ani sich auf den Rückweg zu Imeni.

    »Ich will nicht in den Palast!« Zwischen Mius Brauen stand eine tiefe Zornesfalte.

    »Meinst du vielleicht, mir passt diese Einladung?« Raias Finger zerrten an Mius Haaren, so energisch hatte sie die widerspenstige Mähne zu flechten begonnen. »Aber Mayets Botschaft war eindeutig: Wir haben uns dort einzufinden!«
    »Warum können sie uns nicht einfach in Ruhe lassen? Au, das tut weh!«, rief Miu und machte sich los.
    »Die Antwort auf deine Frage kannst du dir selber wohl am besten geben.« Raia tat, als bemerke sie die Verlegenheit ihrer Enkelin nicht. »Wenigstens sind dieses Mal wir alle eingeladen. Mit deiner Großmutter und deinem Vater an der Seite kann dir nichts Schlimmes zustoßen.«
    Miu blieb stumm. Verstand Großmama denn nicht, dass gerade das ihr so arges Bauchgrimmen verursachte? Mit der ganzen Familie in den Palast zitiert zu werden, hatte etwas beängstigend Offizielles.
    Und wenn man sie nach diesem Abend nicht mehr gehen lassen würde, sondern einfach dort festhielt?
    Dann wäre sie Anchesenamuns Eifersucht schutzlos ausgeliefert und zudem gezwungen, aus nächster Nähe mitanzusehen, wie der künftige Erbe Kemets in ihr heranwuchs.
    Mit reichlich gemischten Gefühlen bestieg Miu die Sänfte, die sie in den Palast bringen sollte. Rechts von ihr saß Raia, feierlich herausgeputzt und dezent nach Zyperngras duftend, links Ramose, der ungewohnt schweigsam war. Nicht einmal seine üblichen Duftwolken verströmte er. Bereits seit einiger Zeit schien er sich mit einer bescheideneren Parfümierung zufriedenzugeben.
    »Wo steckt eigentlich Ani?«, fragte er plötzlich, als sie die Fähre erreicht hatten und umsteigen mussten. »Ich müsste ihn dringend sprechen!«

    »Er muss immer noch Nacht für Nacht Wache schieben, der arme Junge«, erwiderte Raia. »So lange, bis sie diese Grabräuber endlich dingfest gemacht haben.«
    Ramoses Gesicht verschloss sich. Den restlichen Weg zum Palast kam kein Wort mehr von ihm.
    Sie wurden eingelassen, wie üblich kontrolliert und schließlich von einer Eskorte Leibwächter begleitet. Auf halbem Weg kam ihnen Mayet entgegengelaufen, die die Bewaffneten mit einem Schnalzen zum Stehen brachte.
    »Spät seid ihr dran!«, rief sie. »Es

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