Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kuss des Anubis

Titel: Der Kuss des Anubis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
leben!«
    Raia schloss sie fest in die Arme.
    »Solchen Unsinn will ich nie wieder von dir hören!«, sagte sie. »Eine Frau wie du versteckt sich doch nicht wie eine ängstliche Maus, sondern kämpft wie eine Löwin - und wir werden dich dabei unterstützen.«

    »Meinst du damit eure Kontakte zum Hof?«, stammelte Taheb. »Die sollen doch hinaufreichen bis in allerhöchste Kreise!«
    Miu wurde noch flauer zumute, als Taheb sie auf einmal flehentlich ansah.
    »Und wenn du zum Pharao gehst, Miu, und ihn bittest …«
    »Das wird sie nicht!«, riefen Raia und Sadeh wie aus einem Mund.
    Miu hatte ihnen den Wüstenausflug mit Tutanchamun gebeichtet, wenngleich nicht in allen Einzelheiten. Ihre Mutter und ihre Großmutter schienen trotzdem zu spüren, dass etwas vorgefallen sein musste, was eine Art Schlusspunkt zwischen ihr und dem Pharao gesetzt hatte. Eine Entwicklung, die bei beiden Frauen offenbar große Erleichterung ausgelöst hatte.
    »Aber es geht doch um Ani, meinen Jungen!«, rief Taheb.
    »Und um Miu, mein Mädchen, vergiss das nicht!«, erwiderte Sadeh mit fester Stimme, woraufhin Miu einen seltsamen Zwiespalt empfand. Einerseits gefiel es ihr, dass die Mutter so für sie einstand. Gleichzeitig aber fand sie es auch unangemessen, dass sie sich nun derart einmischte - wo sie sich doch all die Jahre keinen Deut um ihre Tochter geschert hatte.
    »Vielleicht könnte eher Mayet etwas erreichen?«, schlug Miu vor, an Großmama gewandt.
    »Die Königsamme?« Raia schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, sie wird uns da nicht weiterhelfen können. Außerdem ist sie eine Person, die nur aktiv wird, wenn dabei auch für sie etwas herausspringt.«

    »Was könnte ich ihr schon anbieten?«, sagte Taheb mutlos. »Gold oder andere wertvolle Dinge besitzen wir nicht. Ich hab sogar den Graureiher zugemacht, weil ich ohnehin nur noch in meine Töpfe geheult habe.«
    »Den schließt du sofort wieder auf!«, befahl Raia. »Arbeiten ist die beste Ablenkung und in Schenken machen oftmals die neuesten Gerüchte die Runde. Außerdem könnt ihr es euch doch gar nicht leisten, Gäste zu verprellen. Wovon wollt ihr dann leben?«
    »Vielleicht kann ich ja behilflich sein«, sagte Anuket, die bislang erstaunlich ruhig zugehört hatte. »Auch wenn ich nur eine arme, alte Dienerin bin.«
    »Sag schon!«, rief Raia. »Du weißt ganz genau, wie wichtig du uns allen bist!«
    »Na ja, ganz zufällig kenne ich Tija, die Frau von diesem Imeni. Vom Markt her, wo sie manchmal ihre Mandelkuchen verkauft. Eine nette Person und ziemlich schwatzhaft dazu. Falls die etwas weiß, dürfte es nicht schwierig sein, sie zum Reden zu bringen.«
    »Weißt du denn auch, wo sie wohnen?«, fragte Sadeh. »Wir müssen Imeni unbedingt zu Hause aufsuchen. In der Polizeiwache, unter den Augen dieses Userkafs, erfahren wir garantiert nichts Brauchbares von ihm!«
    »Ja, ich denke, ich könnte das Haus wiederfinden. Ich war schon einmal dort, um Kuchen bei Tija zu holen, heimlich allerdings, weil die Herrin« - ein rascher Blick zu Raia - »es doch nicht merken durfte und denken sollte, ich hätte ihn selber gebacken.«
    Großmama konnte sich trotz der angespannten Lage ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen.
    »Worauf warten wir dann noch?«, sagte sie.

    Schatzmeister Maya hatte den Trupp für die Nekropole mit Bedacht zusammengestellt, ausgesuchte Männer, die neben körperlicher Tüchtigkeit vor allem einen gemeinsamen Vorzug besaßen: Verschwiegenheit. Er selber kannte das Gelände und seine Tücken und hatte deshalb den Einsatz in die frühen Morgenstunden gelegt, weil er wusste, wie unbarmherzig die Sonne gegen Mittag auf den hellen Fels brennen konnte.
    Außerdem war er im Besitz geheimen Kartenmaterials, das Auskunft gab über versteckte Zugänge. Die Gräber frontal öffnen zu lassen, erschien ihm zu gefährlich. Solch ein Verfahren würde unweigerlich Grabräuber anlocken, über deren frevlerisches Treiben die Gerüchte in Waset ohnehin nicht mehr verstummen wollten.
    Über einen Nebenschacht gelangten sie mit ihren Lampen und Fackeln in das erste Grab. Doch bereits nach wenigen Schritten in dem schmalen Gang, der tief in den Fels führte, wurde offenbar, dass andere vor ihnen da gewesen sein mussten. Auf dem Boden Leinenstreifen, Holzsplitter und vereinzelt sogar Bruchstücke von Edelsteinen, als wäre der Ort in größter Hast verlassen worden. Dann, in der vordersten Kammer, ein wildes Chaos von Möbeln, Spieltischen, Schminksachen, alles bunt

Weitere Kostenlose Bücher