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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Inhalt bestand und welcher Versuch uns erwartete. Sie schloss den Bunsenbrenner an die Gasleitung an, dann drehte sie sich zu uns um. Ihr Blick schweifte über die letzten beiden Reihen, während sie an die vorderen Tische trat.
    »Wie ich meiner Klasse bereits sagte, wird mein Unterricht wie geplant stattfinden«, teilte sie unseren Gästen mit. »Aber wie ich sehe, sind die meisten von Ihnen ohnehin in meinem zweiten Chemiekurs. Wir werden einfach eine gemeinsame Stunde halten.« Sie beachtete das kollektive Aufstöhnen aus den hinteren Reihen nicht. »Die wenigen anderen unter ihnen können sich die Versuche ebenfalls ansehen. Zuhören und vielleicht das eine oder andere dabei lernen, ist ausdrücklich erlaubt.« Das Lächeln, das ganz kurz auf ihrem Gesicht erschien, wich sofort wieder kühlem Ernst. »Ich brauche einen Freiwilligen, der uns den ersten Versuch vorführt.«
    Niemand rührte sich. Alles schwieg und mied Mrs Squires Blick. Keiner von uns hatte das Bedürfnis, zuerst den Versuch vorführen und sich anschließend auch noch zum Narren machen zu müssen, um etwas zu erklären, von dem wir gar nicht wussten, was es überhaupt war.
    »Nun? Niemand?«
    Ich beging den Fehler, aufzusehen. Mrs Squires lächelte mich an. Doch anstatt mich nach vorne zu winken, wie sie es eigentlich normalerweise getan hätte, sah sie sich nach einem anderen Opfer um.
    »Julien! Kommen Sie!«, forderte sie keine Minute später. Die ersten beiden Reihen drehten sich wie auf ein stummes Kommando gleichzeitig um. Julien DuCraine rührte sich nicht. Er sah nur von Mrs Squires zu ihrem Versuchsaufbau. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Ich denke nicht, dass ich den Freiwilligen geben will.«
    Ein Junge aus seinem Mathekurs, der offenbar auch zu seiner Chemieklasse gehörte und der direkt hinter Susan und mir saß, holte Luft.
    »Er kann's nicht lassen«, murmelte er.
    »Was denn?« Wir wandten uns zu ihm um.
    Er beugte sich näher zu uns, ohne den Blick von Mrs Squires und DuCraine zu nehmen. »In der ersten Stunde hat sie von ihm verlangt, er soll die Brille abnehmen. Er hat sich geweigert. Seitdem hat sie es auf ihn abgesehen. Und er lässt sie auflaufen. Jedes Mal. Wir warten schon alle darauf, dass sie irgendwann richtig an die Decke geht«, flüsterte er uns zu.
    Susan und ich tauschten einen Blick. Gewöhnlich war Mrs Squires eine Seele von Mensch, aber mochte der Himmel dem beistehen, der es wagte, sich einer ihrer Anweisungen zu widersetzen - oder den sie einfach nicht mochte.
    Offenbar war sie entschlossen, Julien dieses Mal nicht davonkommen zu lassen.
    »Nun, Julien, es interessiert mich nicht, ob Sie wollen oder nicht. Sie werden jetzt nach vorne gehen, das Gas aufdrehen, den Bunsenbrenner anzünden und mit ihm die Lunte, die aus dem Reaktionsgemisch ragt, in Brand stecken.« Die Art, wie sie ihn anlächelte, zog mir den Magen zusammen.
    »Julien.«
    Er drehte sich unwillig um.
    »Die Schutzbrille. Setzten Sie sie auf.«
    »Ich habe meine eigene.« Er rückte seine getönte Brille unnötigerweise zurecht.
    Mrs Squires stemmte ihre Hand auf die Kante des Tisches, an dem sie lehnte. »Sie setzen diese Brille jetzt auf. Und ich dulde keine Widerrede! Die Vorschriften sind auch für Sie gemacht. Sie werden sich wie alle anderen daran halten.«
    Ich konnte sehen, wie er sich anspannte. Dann wandte er uns den Rücken zu, nahm in der gleichen Bewegung seine Brille ab und setzte die hässliche Plastikbrille auf.
    »Stellen Sie sich hinter den Experimentiertisch, Julien, damit Ihre Mitschüler auch etwas sehen können«, forderte Mrs Squires scharf.
    Das Einzige, was DuCraine tat, war einen Schritt zur Seite zu machen. Dann hielt er die Flamme des Bunsenbrenners an die Lunte, ein grellweißes Licht gleißte auf, auf das ein noch sehr viel grellerer und größerer Lichtball folgte. In der gleichen Sekunde ließ ein Schrei uns alle zusammenzucken, dann war ein Krachen und Splittern zu hören. Ich sah gerade noch, wie Julien zur Tür taumelte, sie nach einem Moment verzweifelten Tastens aufriss und aus dem Saal stürzte. Die Chemikalien waren vom Tisch gefegt worden und lagen über den Boden verteilt.
    Ich starrte ihm ebenso verwirrt nach wie die anderen, bis mir klar wurde, was geschehen war. Er trug die dunkle Brille, weil seine Augen kein helles Licht vertrugen. Lieber Himmel! Er hatte nicht gewusst, was geschehen würde, und hatte wahrscheinlich direkt in dieses grellweiße Licht hineingeschaut. Ohne nachzudenken, sprang

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