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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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allmählich wie eine schmelzende Schneeflocke. Ihre Verzweiflung wuchs. Wahrscheinlich hatte sie dieses Schiff geträumt, während der Albtraum hinter ihr nur zu echt war. Bei nächster Gelegenheit hätte sie sich gern eine kalte Limo und ein Sandwich gekauft, aber schon bei der Vorstellung, es unter den Augen ihres Verfolgers essen zu müssen, wurde ihr übel. Warum konnte er nicht einfach dorthin verschwinden, wo er hergekommen war? Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass sich der Abstand zwischen ihnen stattdessen verringert hatte.
    »Attention, Mademoiselle!«, rief ein Radfahrer, dem sie fast vors Rad gelaufen war.
    Erschrocken wich Sophie zurück, als er mit einem rettenden Schlenker an ihr vorbeizischte, und sah wieder nach vorn. Unter der nächsten Brücke kamen drei Polizeireiter in Sicht. An ihren leuchtend weißen Uniformhemden und den blauen Hosen waren sie schon von Weitem zu erkennen. Die schickt der Himmel!, dachte Sophie, obwohl sie eigentlich eher an Dienstpläne glaubte. Wenn sie den Gendarmen erklärte, dass der Mann schon seit der Île Saint-Louis und sogar in der Métro an ihren Fersen klebte, würden sie sicher ein ernstes Wort mit ihm reden. Unbewusst beschleunigte sie ihre Schritte. Die Hufeisen der drei gleich großen, fuchsfarbenen Pferde klapperten laut auf den Pflastersteinen. Die Reiter trugen schwarze Plastikhelme und Schusswaffen an den Gürteln. Sophie straffte sich. Der strenge Geruch von Pferdeschweiß wehte ihr entgegen. Erleichtert merkte sie, dass eine Frau unter den Polizisten war, und suchte deren Blick. »Entschuldigen Sie, Madame«, bat sie.
    Sofort zügelte die Reiterin ihr Pferd. Die anderen folgten ihrem Beispiel. Alle drei sahen fragend zu ihr herab.
    »Können Sie mir helfen?«, fuhr sie rasch fort. »Da ist …«
    Sie drehte sich, um auf ihren Verfolger zu zeigen. Ungläubig blinzelte sie, ihr Blick jagte über den Kai. Nichts. Es war, als hätte die Erde den Fremden verschluckt.

    Stunden später war ihr die Szene immer noch peinlich. Stotternd wie eine Touristin, die kaum die Sprache beherrschte, hatte sie den Polizisten von einem Verfolger berichtet, der sich in Luft aufgelöst hatte. Sie waren zu höflich gewesen, um etwas zu sagen, aber vermutlich hatten sie ihr einen Sonnenstich oder lebhafte Phantasie unterstellt, wenn nicht Schlimmeres. Sophies Wangen röteten sich noch bei der Erinnerung an die Blicke, die sie gewechselt hatten. Sie verstand einfach nicht, wo der Kerl so plötzlich geblieben war. Niemals hätte er den nächsten Aufgang zur Straße erreichen und abhauen können, ohne dabei noch von ihnen gesehen zu werden. Nicht einmal ein Versteck, das groß genug gewesen wäre, hatte es an jener Stelle gegeben. Ich sollte lieber froh sein, dass er weg ist, anstatt mir den Kopf zu zerbrechen.
    Überrascht hielt sie inne. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie die Schiffe betrachtet hatte, ohne sie bewusst zu sehen. Das ist es! Die Erkenntnis durchfuhr sie wie ein Blitz. Eben noch hatte sie geglaubt, ihre Suche morgen auf die Seineufer am Bois de Boulogne, dem riesigen Park am anderen Ende von Paris, ausdehnen zu müssen, und nun stand sie direkt davor. Lumière de Lutèce  – Licht Lutetias – stand in Goldschrift auf dem Bug, doch das war bereits das Nobelste an dem umgebauten Frachter. Einst mochte Kohle oder Getreide in seinem Bauch transportiert worden sein, nun beherbergte der schwarze Rumpf wohl die Küche, Vorratsräume und natürlich die Maschine, deren Tuckern Sophie noch im Ohr hatte. Die weiß abgesetzte Reling wies ein paar Dellen auf, und die Geranien in den Blumenkästen wirkten verkümmert, obwohl oder gerade weil ein Mann dabei war, sie mit dem kräftigen Strahl aus einem Schlauch zu ertränken. Hinter ihm erhoben sich die einstöckigen, weiß gestrichenen Aufbauten. Sie bestanden größtenteils aus jenen Panoramafenstern, durch die Sophie nachts die Tische gesehen hatte. Im schonungslosen Licht des Tages bemerkte sie jedoch auch die Stellen, an denen die Farbe vom rostigen Stahl blätterte, die schwarzen Schlieren, wo regelmäßig Wasser herabrann, und die matten Bereiche der Scheiben, die auf Plastik hindeuteten. Das ebenso angerostete und verblichene Schild über dem Steg verriet, dass dieses schwimmende Lokal für private Feiern und Firmenausflüge zu mieten war. Kein Wunder. Touristen kann man damit wahrscheinlich schon seit Jahren nicht mehr ködern. Sie kam zu dem Schluss, dass es leichter sein musste, Rafe

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