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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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anspruchsvoll, aber durchaus zu schaffen.
    »Ja, Sir.«
    Er schloss die Tür, wandte sich um und betrachtete den Schnitt der Suite. Zwei Schlafzimmer und zwei Bäder. Er brauchte mit seiner Dusche nicht zu warten, bis Carling fertig war.
    Aber er war immer noch neugierig, warum sie das Messer mitgenommen hatte.
    »Wie geht’s dir da drin?«, rief er.
    »Ich bin in ein paar Minuten fertig«, rief Carling zurück.
    Das Schlafzimmer, das sie sich ausgesucht hatte, war ebenso elegant eingerichtet wie das Wohnzimmer. Es gab noch eine Vase mit frischen Schnittblumen, das Bett war mit französischem Leinen bezogen, und eine weitere Glastür führte auf den schmiedeeisernen Balkon hinaus. Das mit Marmor ausgekleidete Bad war groß und so luxuriös wie der Rest der Suite.
    In diesem Bad starrte Carling ihr Spiegelbild an. Sie war zur Hälfte damit fertig, sich die Haare abzuschneiden. Sie hatte die heiße Dusche genossen, sich am ganzen Körper mit der hoteleigenen Seife und dem Shampoo eingeschäumt. Dann hatte sie sich abgetrocknet und das nasse, zerzauste Chaos betrachtet, das ihr über den Rücken hing. Und sie hatte keine Bürste. Also hatte sie nach dem Messer gegriffen.
    Ohne eine Frisierschere würde sie nur einen zottigen Schnitt hinkriegen, deshalb rief sie sich den Teenager mit seiner fransigen Frisur in Erinnerung und versuchte, diesen Effekt nachzuahmen. Sie ließ gerade genug an Länge übrig, um es später mit mehr Geschick nachschneiden zu können. Schnell brachte sie den Schnitt zu Ende, dann zupfte sie die feuchten, seidigen Strähnen zurecht und betrachtete das Ergebnis.
    Eine Fremde blickte sie aus dem Spiegel an. Die kurzen, fransigen Haare betonten die hohen Wangenknochen dieser Fremden, ebenso deren volle Lippen und das schmale Kinn und ließ die langgezogenen dunklen Augen riesig wirken. Nachdem sie so lange an das Gewicht ihrer hüftlangen Haare gewöhnt gewesen war, fühlten sich Kopf und Hals jetzt so leicht an, dass ihr schwindelte.
    Das würde fürs Erste gehen. Wieder durchfuhr ein Stich ihren Körper, als sie den Berg von Haaren auf dem Marmorboden erblickte, aber das Gefühl von Freiheit war wesentlich stärker. Sie lächelte, schlüpfte in den Bademantel und ging ins Wohnzimmer.
    Rune starrte sie fassungslos an. »Oh heilige Scheiße, das hast du nicht getan«, murmelte er. Er rieb sich den Nacken. »Du siehst großartig aus. Aber deine wundervollen Haare.«
    »Es ist eine Zeit der Veränderungen«, sagte sie. Und wenn sie tot war, würden ihr die ganzen verdammten Haare auch nichts mehr nützen, also konnte sie genauso gut ihre Freiheit genießen, solange es ging. »Wer war an der Tür?«
    »Eine Hotelmitarbeiterin. Die Paparazzi rotten sich allmählich zusammen.«
    »Natürlich.« Sie sah ihn an. »Du hast noch nicht geduscht.«
    »Ich hatte zu tun.« Rune nahm einen ledernen Kulturbeutel aus seinem Seesack und drückte Carling einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Verdammt saumäßig großartig, aber Teufel noch eins, ich werde deine Haare vermissen. Ich brauche fünf Minuten. Warte, bis ich fertig bin, bevor du den Dschinn rufst, okay?«
    Carling fühlte sich auf eine Weise gewärmt, die nichts mit physischer Wärme zu tun hatte. Kurz und zärtlich strich sie ihm übers Kinn. »Alles klar.«
    Nachdem er gegangen war, hob sie ihren zerrissenen Kaftan auf und sah sich im Wohnzimmer nach einem Abfallkorb um. Sie fand ihn dezent unter einem Tisch verborgen. Als sie ihn hervorzog, um den Kaftan hineinzuwerfen, entdeckte sie ein zusammengeknülltes Stück Stoff. Neugierig holte sie es heraus und schüttelte es auf.
    Es war Runes T-Shirt mit dem Bild dieses haarigen Mannes darauf. Wie hieß er noch mal? Jerry García. Rune hatte sein Lieblings-T-Shirt weggeworfen. Er musste es getan haben, als sie im Bad gewesen war.
    Was sagte man dazu?
    Sie ließ den Kaftan in den Abfallkorb fallen und presste sich die Hand vor den Mund. Mit geschlossenen Augen steckte sie das Gesicht in Runes T-Shirt. Es hatte sich mit seinem männlichen Duft vollgesogen. Ein paar Mal atmete sie tief ein. Der abgetragene Baumwollstoff lag weich auf ihren Wangen. Dann faltete sie das T-Shirt behutsam zusammen und verstaute es ganz unten in ihrer Ledertasche.
    Rune stand zu seinem Wort. Als er wiederkam, hatte sie die Balkontüren geöffnet und blickte über die charakteristische Skyline von San Francisco.
    Er hatte sich von der blutbefleckten Jeans getrennt und stattdessen die andere angezogen, so schmutzig sie auch war.

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