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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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Aber er hatte beschlossen, im Augenblick weder Hemd noch Schuhe zu tragen. Die vereinzelten Haare auf seiner Brust waren einige Nuancen dunkler als seine gebräunte Haut und noch feucht. Die nassen Haare lagen glatt an seinem kräftigen, wohlgeformten Schädel an, und ein einziger Hauch seines sauberen, männlichen Geruchs reichte aus, um ihre Kniekehlen zittern zu lassen.
    Stolz und Verlangen rangen in ihr miteinander. Aber mal im Ernst – wie sehr würde sie ihren Stolz vermissen, wenn sie in ein paar Wochen tot war?
    Selbst mit diesem Gedanken fiel es ihr noch schwer, das zu tun, was sie wollte. Sie versuchte, einen Satz nach vorn zu machen, und prallte gegen eine irrationale Mauer aus Angst. Mühsam musste sie sich hindurcharbeiten, um es bis an Runes Seite zu schaffen. Er schloss sie bereits in die Arme, als sie den Kopf an seine Schulter bettete und sich an seine Brust lehnte.
    Das war es, was sie wollte. Nur das. Seine Arme um ihre Taille, während sie den Kopf an seine Brust legte. Auf ihn zuzugehen, war eine der höchsten Hürden in ihrem Leben gewesen.
    Rune legte seine Wange auf ihren Scheitel. Der grobe Haarschnitt hatte Überraschendes bewirkt, wie zum Beispiel ihrem Gesicht einen pikanten Reiz zu verleihen. Das seltsame Aufflackern von Angst in ihren Augen, als sie auf ihn zukam, zerriss etwas tief in seinem Inneren – ungefähr da, wo dieser verdammte Haken saß.
    Ich habe solche Angst, hatte sie auf der Insel zu ihm gesagt. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es sein musste, mit der Möglichkeit des eigenen Todes konfrontiert zu sein. Der Gedanke, mit Carlings Tod konfrontiert zu werden … Er konnte ihn nicht zu Ende denken. Alles löste sich in weißes Nichts auf.
    »Rune«, flüsterte sie.
    Er merkte, dass er sie mit knochenbrecherischer Gewalt festhielt, und zwang sich, seine Umklammerung zu lösen. Nachdem er sich geräuspert hatte, sagte er: »Entschuldige.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    Er wusste selbst nicht, ob mit ihm alles in Ordnung war. »Du musst den Dschinn anrufen. Wir müssen ihn dazu bringen, nach dem Messer zu suchen.«
    »Ja, natürlich. Das machen wir.« Sie richtete sich auf und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare, wobei sich die Spitzen aufstellten.
    Sie sah so zerzaust aus, und dabei so unerwartet bezaubernd, dass Rune durch zusammengebissene Zähne atmen und sich auf dem Absatz umdrehen musste. Seine Hände zitterten. Er kam sich vor wie ein Junkie, der darauf aus ist, sich den nächsten Schuss zu setzen. Er war so damit beschäftigt, gegen die Gefühle anzukämpfen, die in ihm bockten und buckelten wie ein ungezähmter Hengst, dass ihm das nächste Wort entging, das Carling flüsterte. Doch er spürte ihre magische Energie wie einen eleganten, zu einem Laserstrahl gebündelten Speer hervorschießen.
    Ein Augenblick erzitterte. Die Spannung darin bebte wie ein Schweißtropfen an der Stirn des Titanen Atlas, der mühevoll die Weltkugel trug.
    Dann nahm Rune einen Strudel aus Energie wahr, der von einem unbekannten, weit entfernten Ort auf sie zuströmte. Er brach durch die geöffneten Balkontüren herein und erfüllte die Suite mit einem so chaotischen Aufruhr voll magischer Energie, dass ihm die massiven Mauern des hundertzehn Jahre alten Hotels dünn, schwach und durchscheinend wie Zeitungspapier vorkamen. Dann rückten die Wände wieder an ihren Platz, und die Energie ballte sich zu einem festen Punkt zusammen.
    Es war ein sehr alter, mächtiger Dschinn und bei seinem Volk ein Prinz. Rune kräuselte die Lippen zu einem instinktiven Fauchen. Er öffnete die Beine ein Stück, um sich gegen den Zyklon zu wappnen.
    Eine männliche Gestalt bildete sich im Zimmer heraus. Langes, rabenschwarzes Haar peitschte in ein elegantes, schmales, blasses und unmenschliches Gesicht. Zwischen den Strähnen waren zusammengezogene kristallklare Diamantaugen zu erkennen. Der Rest seines Körpers verdichtete sich. Er war gut und gern so groß wie Rune und hatte eine hagere, anmutige Figur, die zu seinem Gesicht passte. Zu seiner schlichten schwarzen Tunika und der passenden Hose trug der Mann majestätische Würde. Er gewann an Form und Substanz.
    Der Dschinn ignorierte Rune, als würde dieser überhaupt nicht existieren. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt Carling.
    Rune hasste diesen aalglatten Dreckskerl auf den ersten Blick.
    Das Problem bei Dschinns, das wirklich ärgerliche Problem bei Dschinns war nämlich, dass sie sich nach Belieben dematerialisieren konnten, weshalb man bei

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