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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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ich hier gerade sitzen. Als ich über den Sand gegangen bin, kam es mir wie eine Übergangspassage vor, nur …«
    Während sich seine Stimme verlor, beugte sich Carling vor. »Nur was?«
    Runes düsterer Blick traf ihren. »Nur dass es irgendwie gebogen war.«
    Sie wartete ab, doch er schwieg. Schließlich sagte sie: »Das verstehe ich nicht.«
    Er schüttelte den Kopf, eine scharfe, ungeduldige Geste. »Ich auch nicht. Aber wenn es ein Übergang war, warum konnte ich hindurchgehen und Rhoswen nicht? Sie kann andere Übergänge nutzen. Und wenn es ein Übergang war, wie kann er einfach auftauchen und wieder verschwinden? Alle anderen Passagen, die ich bisher gesehen habe, waren feste Teile der Landschaft.«
    Wieder legte sich Carlings Stirn in Falten, wie immer, wenn sie verblüfft war. »Ihr beide könnt andere Übergänge benutzen. Wenn du also diesen einen Übergang passieren konntest und Rhoswen nicht, liegt es nahe, dass es etwas mit dem zu tun hat, was euch beide unterscheidet.«
    »Du meinst, meine Wyr-Eigenschaften haben mir den Übergang ermöglicht.«
    »Ja, obwohl ich nicht genau weiß, worin sie bestehen, außer dass du dich in einen wahrhaft überwältigenden Greifen verwandeln kannst.«
    Auch wenn das Kompliment den Adleranteil in ihm stolz machte, wollte er sich nicht dadurch ablenken lassen. Er streckte die Hand nach dem Weinglas aus, und sie reichte es ihm. Sicher war sie zu abgelenkt, um zu bemerken, dass er von der Stelle trank, auf der ihre Lippen gelegen hatten.
    »Sagen wir einfach, ich habe eine Vorliebe für Übergangspassagen und Schwellenorte«, sagte er.
    »Wirklich?«, flüsterte Carling. »Ich frage mich, was geschehen wäre, wenn du Rhoswen an die Hand genommen hättest.«
    Rhoswen konnte zwar normale Übergänge passieren, doch dass sie Rune vorhin nicht hatte folgen können, ähnelte der Unfähigkeit von Deadheads, eigenständig in Anderländer zu gelangen. Sie mussten von jemandem hinübergebracht werden, der ausreichend magische Energie besaß, und das einzige Mittel dazu war Körperkontakt. Wenn jemand ohne magische Energie den Pfad eines Übergangs entlangging, folgte er einfach der Schlucht oder der Verschiebung in der Landschaft, in der sich die Passage befand. Auf diese Weise war Rhoswen in Carlings Zimmer gelangt, statt zusammen mit Rune in die Wüstenszene einzutreten.
    Er dachte über Carlings Einwurf nach, dann schüttelte er den Kopf. »Vielleicht war es gut, dass es nicht so war. Wahrscheinlich hätten wir uns in dem Moment, als die Szene verschwand – oder als ich aus der Szene verschwand –, gerade nicht berührt, und was wäre dann aus ihr geworden? Wäre sie wieder zurückgekommen, oder wäre sie dort gefangen gewesen, so wie Deadheads in Anderländern gefangen sind, wenn niemand sie zurückbringt?«
    Sie wechselten einen ernsten Blick.
    »Also, was wissen wir?«, fragte Carling. »Wenn es eine Illusion war, kann es nicht von meiner Spruchmagie verursacht worden sein.«
    »Aber es muss dennoch etwas sein, das untrennbar mit dir verbunden ist«, sagte Rune. »Die Szene war ein sehr privater und wichtiger Teil deiner Vergangenheit.«
    Sie senkte den Kopf, ihr Mund verzog sich unglücklich, doch sie nickte zögernd.
    Rune dachte an sein Gespräch mit Rhoswen zurück. »Du bist zwar keine Wyr, aber du bist Dragos in gewisser Weise ähnlich, weil auch du über eine andere Art Magie verfügst. Vampyrmagie. Rhoswen sagte, dass eine gewisse Menge magischer Energie eine Nebenwirkung des Virus sei, zumindest ausreichend für Telepathie und Übergänge. Aber auch der Virus selbst ist magischer Natur. Es gibt so viele bekannte Eigenschaften, die der Vampyrismus mit sich bringt, Langlebigkeit zum Beispiel oder Stärke und Schnelligkeit.«
    Sie hob den Kopf und sah ihn verwirrt an. »Na sicher, genauso wie die ganzen bekannten Einschränkungen, der Zwang, Blut zu trinken, die Unfähigkeit, feste Nahrung zu sich zu nehmen, und die Verwundbarkeit durch Sonnenlicht. Aber ich habe noch nie gehört, dass irgendeinem anderen Vampyr im Endstadium der Krankheit so etwas widerfahren wäre.«
    »Woher würdest du es denn wissen?«, fragte Rune. »Die mündlichen Überlieferungen besagen, dass andere Vampyre irgendwelche Schübe erlebten. Auch du erlebst Schübe, neben all den anderen Symptomen, die du klassifiziert hast. Es scheint eindeutig, dass sie mit dem Vampyrismus zusammenhängen müssen. Was gestern nun in Wahrheit vorgefallen sein mag – ob es eine Illusion war, eine gemeinsame

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