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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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eigene Art hat er mich sogar liebgewonnen. Jedenfalls hat er mich geschätzt, und wenn es nur daran lag, dass sein Gott es getan hatte.«
    Wenn sie wirklich die Vergangenheit verändert hatten, wäre ohne Runes Eingreifen nichts von alledem geschehen. Offenbar konnte sie also der Tatsache, dass ihre Jugend von den Wyr geformt worden war, ohnehin nicht entrinnen. Etwas anderes wäre eingetreten, etwas, das der Realität ähnlich genug war, damit das Universum die veränderte Zeitachse als wahr anerkannte. Viellicht hatte Rune ihr wirklich einen freundlicheren, sanfteren Start ins Leben ermöglicht, zumindest soweit es in seiner Macht gestanden hatte. Jetzt, nachdem sich ihre Panik etwas gelegt hatte, kam sie zu dem Schluss, dass sie dankbar sein konnte.
    »Er hat dir einen neuen Namen gegeben? Wie hat er dich genannt?«
    »Was glaubst du? Niemand von uns hat dich damals verstanden. Niemand. Wir wussten nur, dass für einen Augenblick ein Gott in unser Leben getreten war, dass er Gefallen an mir gefunden und sein Gebot gesprochen hatte. Niemand von uns hat wirklich verstanden, was du gesagt hast«, flüsterte sie.
    Rune sah sie stirnrunzelnd an. Er sah so verwirrt aus, dass sie trotz all der Unsicherheiten, mit denen sie sich konfrontiert sah, lächeln musste. »Du hast mich Darling genannt«, sagte sie. »Erinnerst du dich? Und wir glaubten, der Gott hatte mich mit einem geweihten Wort angeredet.«
    »Carling«, hauchte er.
    »Was sonst?«
    Trott allem hatte Rune mit dieser Möglichkeit nicht gerechnet: dass sich das Universum beugen und sein Eindringen in ihre Vergangenheit so tiefgreifend eingliedern würde. Vorher hatte sie ihren Namen selbst gewählt, und auch wenn es ihn traurig gestimmt hatte, vom Verlust des Namens Khepri zu hören, hatte er es verstanden. Jetzt kam es ihm vor, als hätte er ihr – wenn auch unwissentlich – etwas Kostbares gestohlen, und das hinterließ ein mulmiges Gefühl. Wie erstarrt saß er auf seinem Stuhl, während Carling auf die Tischplatte starrte. Sie fuhr mit den Händen über die Schriftrolle, als wollte sie eine Tischdecke glattstreichen, und lächelte ein seltsames Lächeln, das in seiner Zerbrechlichkeit gläsern wirkte.
    Ihre Sicherheit hatte Carling stets wie ein zweiter Schutzzauber umgeben und sie unverwundbar erscheinen lassen. Jetzt aber wirkte sie so verletzlich wie nie zuvor. Sie sah müde und ratlos aus, sogar traurig. Das schwere Gewicht ihrer Haare thronte in einem unordentlichen Knoten in ihrem eleganten Nacken. Ein paar Strähnen hatten sich gelöst, und im Licht des frühen Abends schimmerten rubinrote Funken darin.
    Wieder schmerzte seine Brust. Er rieb sich das Brustbein. Als er sprach, klang seine Stimme rau. »Kein Wunder, dass du mich manchmal hasst.«
    Sie neigte den Kopf in seine Richtung, sah jedoch nicht auf, sondern fuhr fort, mit ihren langen, schlanken Fingern das unsichtbare Tischtuch glattzustreichen. »Ich hasse dich nicht«, sagte sie. »Ich fürchte mich vor dir. Vorher habe ich mich nicht vor dir gefürchtet, aber jetzt tue ich es. Veränderungen sind schwierig, Rune.«
    Sie weiß es nicht, ging ihm auf. Natürlich wusste sie es nicht, woher sollte sie auch? Das Gefühl des Unwohlseins verstärkte sich zu Übelkeit. Als er sich zum Sprechen zwang, brachte er es nicht fertig, sie anzusehen. »Du hattest deinen Namen selbst gewählt. Vorher. Es tut mir so unendlich leid, dass ich das zerstört habe.«
    Er spürte mehr, als dass er es sah, wie sie ihm einen kurzen, scharfen Blick zuwarf und ihr Körper starr wurde. Dann bewegte sie sich wieder und sagte sanft: »Wir glaubten, du hättest mich mit einem heiligen Wort angesprochen, aber es war meine Entscheidung, es als meinen Namen anzunehmen, Rune. Daran erinnere ich mich deutlich. Du hast mir diese Entscheidung nicht genommen und auch nicht die, diesen Namen über all die Jahre zu behalten.«
    Nach diesen Worten konnte er wieder atmen. Er berührte die weiche Haut auf ihrem Handrücken. Ihm war jeder Grund recht, sie anzufassen. Er konnte nicht anders. Vorher hatte sie ihn entrüstet und bestürzt angesehen, jetzt schien es ihr angenehm zu sein. Jedenfalls redete er sich das ein.
    Schweigend saßen sie da. Augenblicke später schüttelte er den Kopf und knurrte: »Ich will immer noch gegen etwas kämpfen.«
    Sie nickte vor sich hin. »Es gibt jetzt eine logische Rückkopplung«, murmelte sie. »Warum habe ich daran nicht gedacht?«
    Rune wollte gegen etwas kämpfen und es besiegen, um ihr zu

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