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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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Ersterer ist mit Sicherheit tödlich, doch letzterer ist auch mit Vorsicht zu genießen. Als wir uns das letzte Mal mit ihm angelegt hatten, schüttete er etwas in unser Trinkwasser, sodass wir tagelang von Wahnvorstellungen getrieben durch die Gegend torkelten, weil wir nicht mehr richtig fliegen konnten. Wir sind in eines von Persephones Blumenbeeten abgestürzt und haben einiges zertrampelt, wofür uns Hades eine Woche lang in den Tartaros verbannt hat.«
    »Der Tartaros wird nichts sein gegen meine Strafe. Ich werde euch alle langsam und qualvoll töten, wenn ihr nicht tut, was ich euch sage. Tötet die Sterblichen! Bald! Oder ich rupfe euch jede Feder einzeln heraus. Doch den blonden Mann bringt mir ganz. Sein Leib und Leben sollen verschont werden.« Die gewaltigen schwarzgefiederten Schwingen der Dunklen bebten. Ihr blauschwarzes Haar wogte um ihr bleiches Gesicht und ihren Rücken hinab über das ebenso schwarze, bodenlange Gewand. Sie sah fast ebenso furchterregend aus wie Thanatos. Die Harpyien wussten inzwischen, dass die Dunkle ihre eigenen Pläne hatte, die nicht unbedingt mit denen von Morpheus oder Hades konform gingen. Außerdem war sie mächtig, wovon die Harpyien profitieren wollten.
    Ein Hund rannte auf sie zu. Bis auf sein schwarzes Gesicht und die dunkelbraunen Ohren war der mastiffähnliche Molossos hell, an manchen Stellen fast weiß. Auch in seinem Geisterstadium hatte er sich das Sabbern nicht abgewöhnt. Sogleich wichen die Harpyien zurück, um vom umherspritzenden Geifer nicht getroffen zu werden, auch wenn dieser nicht so viel Substanz hatte wie der eines lebenden Hundes.
    Die Dunkle raufte sich die Haare. »Warum kann das Vieh fliegen? Entweder müsste es sein Gedächtnis verloren haben oder glauben, nicht fliegen zu können.« Sie floh zum anderen Ende des Raumes. »Tötet dieses verdammte Vieh endlich! Schafft es mir vom Hals! Wie ich ihn hasse. Sie werden alle dafür bezahlen! Alle!«
    »Ich kann ihn nicht töten, Herrin. Er ist bereits tot.«
    »Verschwindet endlich! Und nehmt den Hund mit!«
    »Euer Wort sei uns Befehl. Auf uns liegt keine Verantwortung, was auch immer passiert.« Die Harpyien packten den Hund zu dritt und flogen schwankend mit ihm fort, wohlwissend, dass sie ihn nicht lange von der Dunklen fernhalten würden können. Er würde sich von ihnen losreißen und zurückkehren. Wieder und immer wieder, wie er es bereits seit Monaten tat. Womöglich hatte ihn die Dunkle deswegen getötet.
    Doch eines konnten die Harpyien tun: die Lebendigen zerstören. Während des Fluges kam ihnen noch ein besserer Einfall, wie die Dunkle ihren Plan erfüllen konnte. Zwar würden die Menschen dadurch etwas länger überleben, doch ihr Tod war ohnehin schon gewiss – durch ihre Klauen und Schnäbel. Die Harpyien wollten Blut sehen.
     
    Als Cel am nächsten Morgen erwachte, erhob sich auch Lysandra und rieb sich schlaftrunken die Augen. Beide kleideten sich an und liefen zur vorderen Höhle, wo sie den Abend zusammen mit Morpheus und seinen Brüdern verbracht hatten. Ein schwacher Opiumgeruch hing in der Luft.
    Zu Cels Überraschung war Morpheus bereits wach und hantierte mit einer Schüssel, in der sich irgendein bräunliches Zeug befand. Schlief der Gott der Träume nie?
    »Guten Morgen. Habt Ihr gut geträumt? Wollt Ihr nicht doch etwas Nepenthés?«, fragte Morpheus, der im Topf rührte.
    »Ehrlich gesagt habe ich gar nichts geträumt«, sagte Lysandra.
    Morpheus lächelte. »Wir versprachen Euch doch, Euch unbehelligt zu lassen.«
    » Wo sind Eure Brüder?«
    »Die ruhen noch«, sagte Morpheus.
    »Wir danken Euch für Eure Gastfreundschaft. Wir werden nun weiterziehen«, sagte Cel.
    Morpheus nickte. »Ich wünsche Euch eine gute Reise. Lasst Euch nicht von Hades oder Thanatos erwischen. Darf ich Euch Pilze anbieten?«
    »Von den Pilzen hinter Eurer Höhle?«
    »Sie wachsen auch an einigen Stellen innerhalb der Höhle. Sind noch besser als Fliegenpilze. Phantasos und Icelos mögen das am Morgen. Icelos kann daraufhin Farben schmecken und Töne sehen.«
    »Aha, das klingt sehr interessant. Danke, das ist wirklich freundlich, aber wir haben noch keinen rechten Appetit«, sagte Cel. Er würde sich gewiss nicht schon am frühen Morgen vergiften. Er brauchte seine Sinne beieinander und seine klare Wahrnehmung.
    Auch Sirona und Aiolos kamen aus ihrem Zimmer oder besser gesagt ihrer Höhle. Sie wirkten erfrischt und ausgeruht. Cel verteilte Brot und reichte den Bierschlauch herum. Danach

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