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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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der
Nähe betrachtet erkannte Jean, dass der Bart nur angeklebt war und keine
einzige Falte das Gesicht darüber furchte. Stattdessen funkelten ihm Tiévants
dunkle Augen entgegen, denen selten etwas entging. Daran konnten offenbar nicht
einmal gefärbte Haare und eine Sonnenbrille etwas ändern.
    »Merde, Méric, du stehst auf der Fahndungsliste! Was zum Teufel
suchst du hier?«
    »Vermutlich dasselbe wie du«, antwortete er, während er
registrierte, dass der Brigadier nicht sofort die Handschellen oder gar die
Dienstwaffe gezückt hatte. »Sylvaine Lenoir.«
    »Mein Gott! Was geht dich diese Frau an? Ist dir nicht klar, in was
für Schwierigkeiten du steckst?«
    »Ich weiß, dass du mich eigentlich verhaften müsstest, aber …«
    »Verdammt richtig!«, fiel Tiévant ihm ins Wort. »Und genau das werde
ich auch tun, wenn du nicht von selbst Vernunft annimmst. Komm mit mir aufs
Revier und stell dich, bevor alles noch schlimmer wird!«
    »Das kann ich nicht.«
    »Na toll. Monsieur ist zu beschäftigt, oder was? Willst du jetzt
auch noch Lenoir umbringen?«
    Jeans Herz verhärtete sich. Er konnte nicht guten Gewissens
behaupten, dass er nicht fähig wäre, jemanden zu töten, denn wenn es nötig
gewesen wäre, um Sophie zu retten, hätte er es wohl getan. Dennoch traf ihn
Tiévants Unterstellung wie ein Schlag ins Gesicht. »Ich habe Caradec nicht
angerührt. Wenn du mir nicht glaubst, kann ich das kaum ändern, aber ich hab
wirklich Besseres zu tun, als mir diesen Mist anzuhören.« Aus dem Augenwinkel
nahm er eine Bewegung wahr und warf einen Seitenblick zur Straße. Ein Taxi
näherte sich auffallend langsam.
    »Ein Toter, bei dem du zur Tatzeit in der Wohnung gesehen wurdest,
ist also Mist? Verkauf mich nicht für blöd, Jean! Ich weiß, dass du diesen
Leuten das Handwerk legen willst, und jetzt hatten sie auch noch diese Freundin
von dir in ihrer Gewalt. Da kann jeder mal durchdrehen.« Sichtlich irritiert
folgte Tiévant dem Blick zum Taxi, das mitten auf der Straße hielt.
    »Glaub, was du willst«, schnaubte Jean. »Ich weiß nicht, warum du hinter Lenoir her bist, ich hoffe nur, dass sie mich zu dem verschwundenen Mädchen – Céline Regis – führt.«
    »Céline Regis? Was hat die Lenoir mit ihr zu tun?«
    Der Taxifahrer hupte im gleichen Moment, da sich die Tür von
Sylvaines Haus öffnete. Eine hagere Gestalt mit schwarzen Haaren klapperte auf
hohen Absätzen zum Wagen hinüber.
    »Verdammt!« Das ist sie! Obwohl es sinnlos
war, sah sich Jean hastig nach irgendeinem Gefährt um, mit dem er dem Taxi
folgen könnte.
    »Merde!«, entfuhr es Tiévant, während Sylvaine einstieg, ohne auch
nur einen Blick auf die beiden Streithähne im Park gegenüber zu werfen. Er schnappte
sich die zerknitterte Papiertüte, die neben ihm auf der Mauer gestanden hatte,
nur um dann doch stehen zu bleiben. Mit gequälter Miene sah er zwischen Jean
und dem anfahrenden Taxi hin und her.
    »Und jetzt? Lässt du sie einfach so abhauen?« Jean lief zum Tor, um
die Verfolgung zu Fuß aufzunehmen, solange es ging.
    »Ich weiß nicht, ob ich dich einfach so
abhauen lassen kann, du Idiot! Bleib stehen … oder ich schieße!«
    Halbherzig sah er sich nach dem Brigadier um und hielt sofort inne.
Das Taxi verschwand um eine scharfe Kurve der Rue Navarre, während Tiévant mit
einem Revolver auf ihn zielte.
    »Ich bin unschuldig! Sieh lieber …«
    »Halt die Klappe! Mach, dass du zu dem blauen Peugeot da drüben
kommst!« Tiévant deutete mit der Waffe die Richtung an und kam rasch auf ihn
zu.
    Jean begriff. Gemeinsam hetzten sie über die Straße auf den Wagen
zu, dessen Blinker kurz aufblitzten, als Tiévant die Fernbedienung betätigte.
Atemlos rannte Jean um das Auto herum, riss die Beifahrertür auf und zog sie
bereits wieder zu, während er sich auf den Sitz fallen ließ. Tiévant hielt mit
einer Hand Revolver und Lenkrad, mit der anderen rammte er den Schlüssel ins
Schloss.
    »Leg die Waffe weg! Konzentrier dich lieber aufs Fahren!«, drängte
Jean, als der Brigadier umständlich aus der Parklücke rangierte. »Wir dürfen
sie nicht verlieren!«
    »Weiß ich!«, knurrte Tiévant und gab endlich Gas. Viel zu schnell
schoss er um die Kurve und ans Ende der kurzen Straße, wo kein Taxi mehr zu
sehen war. »Sie sind nach rechts gefahren.«
    »Wieso?« Jean sah sich hektisch in die andere Richtung um, als
Tiévant schon abbog.
    »Weil das ’ne Einbahnstraße ist.«
    »Natürlich!« Durchatmen, Jean! Er ist Polizist,
er macht das

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