Der Kuss des Killers
Untersuchungsausschuss hat weder Gefühl noch Herz. Was also hättest du getan?«
Obgleich Feeney während der gesamten letzten Nacht, statt auch nur ein Auge zuzumachen, genau über diese Frage nachgedacht hatte, schüttelte er jetzt traurig seinen Kopf. »Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass ich deinen Job nicht würde haben wollen. Commander.«
»Man muss verrückt sein, um diesen Job zu wollen.« Whitneys breites Gesicht entspannte sich ein wenig. »Dallas hat inzwischen viel getan, um Frank von jedem Verdacht zu befreien, und dich hatte sie bereits innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden aus der Schusslinie gebracht. Sie ermittelt seit weniger als einer Woche und hat bereits sehr viel erreicht. Dank ihrer Berichte konnte ich die interne Untersuchung fürs Erste verhindern. Der Ausschuss ist nicht glücklich darüber, dass Frank auf eigene Faust ermittelt hat, aber zumindest setzen sie mich nicht mehr unter Druck.«
»Das ist gut.« Feeney vergrub die Hände in den Taschen. »Sie ist wirklich gut. Himmel, Jack, ich habe ihr die schlimmsten Vorwürfe gemacht.«
Whitney runzelte die Stirn. »Du hättest sofort zu mir kommen sollen. Es war falsch, dass du zu ihr gegangen bist. Sie stand unter meinem Befehl.«
»Ich habe die Sache persönlich genommen. Habe sie zu etwas Persönlichem gemacht.« Er erinnerte sich daran, wie sie ihn angesehen hatte. Erinnerte sich an ihr kreidiges Gesicht und ihren toten Blick. Er hatte schon vorher Menschen mit diesem Blick gesehen – Opfer, dachte er jetzt, die es gewohnt waren, dass man sie schlug. »Ich muss die Sache mit ihr klären.«
»Ein paar Minuten, bevor du hier aufgetaucht bist, hat sie angerufen. Sie verfolgt eine neue Spur. Von zu Hause aus.«
Feeney nickte. »Ich hätte gern ein paar Stunden frei.«
»Kein Problem.«
»Und ich will endlich in die Ermittlungen mit einbezogen werden.«
Whitney lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und überlegte. »Diese Entscheidung liegt bei Dallas. Es ist ihr Fall und wenn wir die Ermittlungen offiziell machen, wählt sie sich ihre Leute selbst.«
»Gehen Sie mal ran, Peabody.« Obgleich ihr Link beharrlich piepste, starrte Eve weiter angespannt auf den Bildschirm. Es war überraschend, wie viele der Namen von der Liste sie kannte. Noch vor einem Jahr wären die meisten ihr fremd gewesen, doch ihre Beziehung zu Roarke hatte ihren gesellschaftlichen, politischen und auch wirtschaftlichen Horizont erweitert.
»Ärzte, Anwälte«, murmelte sie. »Himmel, der Kerl war schon mal zum Abendessen hier. Und ich glaube, mit dieser Frau hatte Roarke eine Zeit lang ein Verhältnis. Mit dieser Tänzerin. Sie hatte einen Riesenerfolg in einem Stück am Broadway und kilometerlange Beine.«
»Nadine«, verkündete Peabody und fragte sich, ob Eve eher mit sich selbst sprach oder ob sie diese spezielle Information tatsächlich hatte weitergeben wollen. Sie brach ab, nieste und fügte ein heiseres »Fürst« hinzu.
»Perfekt.« Vorsorglich schaltete Eve den Monitor aus und wandte sich in Richtung ihres Links. »Also, Nadine, worum geht’s?«
»Um Sie, Dallas. Um zwei tote Menschen. Es ist offenbar gefährlich, Sie zu kennen.«
»Sie scheinen noch zu leben.«
»Bisher. Ich dachte, Sie hätten womöglich Interesse an ein paar Informationen. Wir könnten vielleicht tauschen.«
»Sagen Sie mir, was Sie wissen, dann sage ich Ihnen eventuell, was ich weiß.«
»Ich will ein Exklusivinterview bei Ihnen zu Hause, in dessen Verlauf Sie Stellung zu den Ermittlungen in den beiden Mordfällen beziehen, und zwar noch vor den Mittagsnachrichten.«
Eve machte sich gar nicht erst die Mühe verächtlich zu schnauben. »Sie kriegen eine exklusive Stellungnahme zum Stand der Ermittlungen in meinem Büro, für die Abendnachrichten.«
»Die erste Leiche wurde direkt vor Ihrem Haus gefunden. Ich will an den Fundort.«
»Sie wurde draußen auf dem Bürgersteig gefunden. Weiter kommen Sie nicht.«
Obwohl sie wusste, dass Eve davon ganz sicher nicht beeindruckt wäre, zog die Journalistin einen Schmollmund. »Ich will es in der Mittagssendung bringen.«
Eve sah auf ihre Uhr. »Sagen wir, Viertel vor zwölf in meinem Büro. Falls ich es schaffe, rechtzeitig dort zu sein. Wenn nicht…«
»Verdammt, wir brauchen eine gewisse Vorbereitungszeit. Fünfzehn Minuten sind…« – »für jemanden, der so gut ist wie Sie, ganz sicher genug. Sehen Sie zu, dass die Informationen, die Sie für mich haben, das Gespräch rechtfertigen.«
»Sehen Sie zu, dass Sie
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