Der Kuss des Killers
nicht gut. Du wirst viel zu weich.«
»Erst gestern Abend habe ich einen von Roarkes besten Sparring-Droiden zu Boden gehen lassen.«
»Ach ja?« Ihre Worte erfüllten ihn mit, wenn auch lächerlichem, Stolz.
Sie schob sich die Zunge in die Backe. »Ich habe mir einfach vorgestellt, er wäre du.«
Grinsend zog er die unvermeidliche Tüte mit Nüssen aus der Tasche und hielt sie ihr hin. »Elektronische Ermittler benutzen statt ihrer Fäuste für gewöhnlich ihr Gehirn.«
»Du hast mir beigebracht, beides zu benutzen.«
»Ebenso wie Befehle zu befolgen«, fügte er hinzu und sah ihr gerade ins Gesicht. »Und wenn du das vergessen hättest, hätte ich mich für dich geschämt. Du hast Frank, deiner Arbeit und auch mir gegenüber genau das Richtige getan«, erklärte er und fügte, als er neue Tränen in ihren Augen schwimmen sah, in flehendem Ton hinzu: »Bitte nicht. Jetzt fang bloß nicht an zu heulen. Das ist ein Befehl.«
Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Nase. »Ich fange überhaupt nichts an.«
Um ganz sicherzugehen, dass sie nicht doch noch sie beide in Verlegenheit brächte, indem sie die Kontrolle über sich verlöre, wartete er ein paar Sekunden ab.
Schließlich wurden ihre Augen wieder klar, er nickte erleichtert und schwenkte die Tüte in seiner Hand. »Und, lässt du mich jetzt endlich an den Ermittlungen teilhaben?«
Sie öffnete den Mund und klappte ihn wortlos wieder zu.
»Ich war bei Whitney«, erklärte er ihr und hätte am liebsten gelächelt. Sie war absolut der von ihm ausgebildete Cop. Solide, zäh und durch und durch korrekt. »Ich habe ihn in seiner eigenen Küche heimgesucht und ihm dort die Hölle heiß gemacht.«
»Ach ja?« Sie zog die Brauen in die Höhe. »Das hätte ich gerne gesehen.«
»Das Problem war: Als ich schließlich fertig war, musste ich zugeben, dass das, was er getan hatte, genau das Richtige gewesen war. Er hatte die Allerbeste auf die Sache angesetzt. Ich weiß, dass du dir den Arsch aufgerissen hast, um die interne Untersuchung abzuwenden, indem du Franks und meinen Namen reingewaschen hast. Und ich weiß auch, dass du alles dransetzt, um herauszufinden, wer ihn und Alice auf dem Gewissen hat.« Er machte eine kurze Pause, denn nach wie vor tat der Gedanke an die beiden Toten ihm entsetzlich weh. »Ich will dir dabei helfen, Dallas. Ich muss dir dabei helfen, wenn ich jemals über diese Sache hinwegkommen soll. Whitney hat gesagt, die Entscheidung darüber liegt ausschließlich bei dir.«
Endlich wich die Anspannung aus ihrem Körper. Den Wunsch konnte sie ihm und auch sich selbst erfüllen. »Dann fängst du am besten auf der Stelle an.«
Vor lauter Freude über die Möglichkeit eines offiziellen Verhörs von Selina Cross hatte Eve gar nicht daran gedacht, dass praktischerweise gleichzeitig ein weiteres Sektenmitglied, Louis Trivane, in der Rolle des Anwalts auf dem Revier erscheinen könnte. Als sie ihn bei Betreten des Verhörraumes entdeckte, schloss sie mit einem breiten Grinsen hinter sich die Tür.
»Ms. Cross, ich weiß Ihre Kooperationsbereitschaft zu schätzen. Mr. Trivane.«
»Eve – «
»Lieutenant Dallas«, verbesserte sie ihn und legte gleichzeitig das Grinsen ab. »Schließlich befinden wir uns hier nicht auf irgendeinem Empfang.«
»Sie beide kennen einander.« Selina musterte ihren Anwalt kalt.
»Ihr Anwalt ist ein Bekannter meines Mannes und ich selbst bin mit einer ganzen Reihe von Anwälten bekannt. Wodurch bisher jedoch weder meine noch ihre Arbeit je beeinflusst worden ist. Ich werde das Gespräch von jetzt an aufnehmen.«
Eve stellte den Recorder an, gab die erforderlichen Daten ein, verlas Selina vorschriftsmäßig ihre Rechte und nahm gelassen Platz. »Sie machen Gebrauch von Ihrem Recht, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, Ms. Cross.«
»Allerdings. Schließlich haben Sie mich bereits zweimal belästigt, Lieutenant Dallas, und ich möchte, dass es für diese neuerliche Schikane einen Zeugen gibt.«
»Das ist mir sehr recht«, erklärte Eve mit einem Lächeln.
»Sie waren mit einem jungen Mann namens Robert Mathias, alias Lobar, bekannt.«
»Er war Lobar«, verbesserte Selina. »Dieser Name wurde speziell für ihn gewählt.«
»Das wichtigste Wort in Ihrem Satz ist war, denn schließlich ist er inzwischen in einem Kühlfach in der Leichenhalle aufgebahrt. Ebenso wie Thomas Wineburg. Waren Sie mit ihm ebenfalls bekannt?«
»Ich glaube nicht, dass ich jemals das Vergnügen hatte.«
»Nun, das ist
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