Der Kuss Des Kjer
rechtlose Eigentum der Königin und ihres Gatten. Beinah glaubte er, wieder den eisernen Ring um den Nacken zu spüren. Er schüttelte das Gefühl ab. Es war vorbei!
Seit sieben Wintern gehörte es der Vergangenheit an! - Aber keiner am Hof hatte es vergessen!
'Erneut drang ein Plätschern vom Badezuber herüber. Er wandte sich ganz um und lehnte sich mit der Hüfte gegen die Fensterbank. Auf dem Gesicht der Heilerin lag ein verträumter Ausdruck. Natürlich war ihm zuvor nicht entgangen, dass sie ihn eingehend betrachtet hatte - im Gegenteil: Das Wissen um ihren Blick hatte ihm eine Gänsehaut beschert und er hatte sich wider alle Vernunft gewünscht, sie würde ihn nicht nur ansehen. Er schüttelte langsam den Kopf. Es war verrückt. Diese Frau hasste ihn und er sehnte sich danach, von ihr berührt zu werden. Etwas, was genauso lächerlich war, wie der Gedanke, dass sie in ihm irgendwann vielleicht nicht nur den Kjer-Krieger sehen könnte, der sie entführt hatte.
In seinem Leben würde es niemals eine Frau geben! Weder eine wie die Heilerin noch irgendeine andere. Er sollte sich an Vajna und die anderen Trosshuren halten.
Diese Frauen waren von seinem eigenen Volk. Sie wussten, dass er von ihnen nichts anderes wollte als Befriedigung - und er wusste, dass sie nichts anderes erwarteten als Geld und ein paar Privilegien. Sein Mund verzog sich. Plötzlich von sich selbst angewidert fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Wie konnte er die Heilerin nur mit einer der Trosshuren vergleichen. Ebenso gut könnte er ein Ashentai an einem Karrengaul messen. - Er musste endlich von diesem unsinnigen Gedanken loskommen ... - Spätestens in Turas würde sie erfahren, wer er war, und dann würde sie ihn ohnehin meiden, als hätte er die Pest. Warum sich also jetzt unnötig Hoffnungen machen? Aber bis Turas war es noch weit und es war seine Aufgabe, sie zu beschützen - und wenn es sein eigenes Leben kostete! Aber um sie vor jeder Gefahr beschützen zu können, brauch, te er Gewissheit!
Entschlossen trat er neben den Badezuber, räumte die Leintücher beiseite und setzte sich. Die Heilerin ließ ein empörtes Keuchen hören, kreuzte die Arme über den Brüsten und versank ein Stück tiefer im Wasser.
»Was wollt Ihr?« Feindselig blitzten ihre emeraldfarbenen Au, gen ihn an.
» Mit Euch reden! «
»Und das hat nicht Zeit, bis ich hier raus und wieder angezogen bin?«
»Hätte es vielleicht. Aber wir reden trotzdem jetzt! «
»Und worüber?« Sie zog den Waschfleck über ihren Schoß.
» Über Euch! «
»Über mich? Also wirklich ... «
»Ich möchte, dass Ihr mir ein paar Fragen beantwortet.«
»Nein! Nicht, solange ich nackt in diesem Zuber sitze. «
»Was ein äußerst ... hm ... angenehmer Anblick ist. «
»Ihr verdammter ... !« Der Rest ging in nur schwer verständlichem Grummeln unter.
»Eure Ausdrucksweise lässt zu wünschen übrig, Heilerin. Wollt Ihr weiter zetern oder können wir uns jetzt unterhalten?«
»Wenn Ihr Selbstgespräche führen wollt, nur zu! «
Er beugte sich vor und bedachte sie mit einem Blick aus einem zusammengekniffenen Auge. Selbst Feniar ging in Deckung, wenn er sie so ansah - und diese Frau hatte nun wirklich das Herz eines Kriegers -, doch die Heilerin funkelte nur zurück. Seufzend richtete er sich wieder auf »Also gut! Ihr sollt Euren Willen haben. Sagt mir Bescheid, wenn Ihr fertig seid! Ich bin im Stall. - Und lasst mir heißes Wasser übrig! « Sie gaffte ihm sprachlos hinterher, als er sich seine besudelte Tunika griff und zur Tür hinausging.
Am Eingang zum Stall blieb Lijanas stehen und lauschte. Ihr Haar war noch nass vom Baden. Nach einem Moment erkannte sie Brachans Stimme, dann Mordans.
Ihrem scharfen Ton nach stritten die beiden. Vorsichtig spähte sie durch den Türspalt.
Der alte Krieger war dabei, seinen Wallach zu striegeln, während ihr Wachhund an einem Pfosten lehnte und einen Strohhalm zwischen den Fingern zerknickte. Er wirkt mit dem Arm in der Schlinge irgendwie verletzlich. - Verletzlich? Der Kerl? Niemals!
Eben kam Brachan aus dem Stand, baute sich vor Mordan auf, der sich von dem Balken abstieß, und sprach mit gereizter Stimme auf ihn ein, wobei er ihm immer wieder den Striegel gegen die Brust drückte. Der schwarzhaarige Kjer gab ein böses Grollen von sich, warf den Strohhalm beiseite und stieß den alten Krieger zurück. Mit gefletschten Zähnen machte er einen Schritt vorwärts, wies mit der Hand zur Seite und tippte sich dann
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