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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Mädchen mit blitzend grünen Augen in die Höhe geworfen und in seinen starken Armen wieder aufgefangen hatte. »Er hat sich so weit aufs Meer hinausgewagt wie kein anderer Mann aus dem Dorf. Sein Boot glitt so schnell über die Wellen ... Wenn er mich und Mutter mitgenommen hat, dachte ich immer, wir flögen schneller dahin als der Wind. Und meine Mutter ... Von ihr habe ich mein Haar geerbt. Sie hatte sogar die hellen Strähnen darin. Sie erzählte mir oft Geschichten von der See und von herrlichen Schiffen, die bis zum Horizont und darüber hinaus segelten. Sie hat mich häufig mit in den Wald genommen und mir die Tiere und Pflanzen gezeigt. « Sie schlang die Arme um die Schultern und wiegte sich leicht vor und zurück. »Aber in unserem Dorf gab es eine verrückte alte Frau. Sie hat immer behauptet, meine Mutter sei eine Seelenhexe der Edari und mein Vater einer ihrer Kapitäne. Noch auf ihrem Totenlager hat sie geschworen, meine Mutter hätte das ganze Dorf verhext, damit alle vergaßen, dass sie Fremde waren und gar keine Nivard.
    Und dann, an einem Tag im Sommer, lagen auf einmal diese mächtigen Schiffe vor der Bucht. Alle rannten schreiend umher. Mein Vater holte aus einer Truhe ein Schwert und lief hinunter zum Wasser. Meine Mutter schickte mich in den Wald und befahl mir, mich gut zu verstecken. Ich durfte erst wieder hervorkommen, wenn die Schiffe fort wären. Das Letzte, was ich sah, war, dass sie meinem Vater hinterherlief.

    Ich versteckte mich im Wald. Und als die Schiffe fort waren ... « Ihre Stimme verebbte.
    »... hatten sie alle getötet und ihre Leichen zur Abschreckung an die Häuser genagelt«, beendete er den Satz der Heilerin. Edari machten keine Gefangenen - es sei denn, ihnen fielen Krieger in die Hände, die den Rest ihres Lebens dann an die Ruderbänke einer Galeere gekettet zubrachten. Vielleicht ist sie keine Seelenhexe.
    Müde fuhr er sich über die Stirn. Aber wahrscheinlich die Tochter einer Seelenhexe. -  Und wenn die Edari von ihrer Existenz wissen, habe ich die Brut auch noch am Hals.
    Verdammt! Dann lieber zwei Dutzend Seelenfresser und eine Hand auf den Rücken gebunden, als in eine Hexenjagd der Edari hineinzugeraten.
    »Ja, überall waren Leichen.« Die Stimme der jungen Frau klang wie die eines kleinen Mädchens. »Nur die meiner Eltern konnte ich nicht finden. «
    Also hatten die Edari sie vermutlich gefangen genommen und nach Aderest gebracht, der größten Insel im Farzaneh-Dreieck, um sie für ihren Frevel büßen zu lassen. - Es war einer Seelenhexe nicht verboten, sich mit einem anderen Mann als ihrem Cogen zu vergnügen - aber es war ihr bei Todesstrafe verboten, ein Kind zu empfangen und auszutragen. Und er hatte noch nie gehört, dass eines dieser Weiber sich tatsächlich in einen Mann verliebt hätte - obendrein noch in einen der Kapitäne.
    Die einzigen Männer, die nach dem Gesetz der Edari für sie tabu waren, wenn es um die Wahl ihrer Cog6n ging, ihrer Beschützersklaven. - Bedauernswerte Männer, die in einem uralten Ritual an ihre Seelenhexe gebunden wurden und die dann nur noch den Willen ihrer Herrin kannten - und die ihr in jeder nur erdenklichen Weise dienten. Er schloss für einen Moment sein Auge. Müdigkeit nagte an ihm, machte seinen Verstand träge. Sollte er sich mit Hagdornblättern noch ein paar Stunden erkaufen? Nein! Das lohnt die Nachwirkungen nicht. Ein Bad und ein Bett! In dieser Reihenfolge! Und beides innerhalb der nächsten Stunde! Nach den Gesetzen der Edari war die Heilerin allein durch ihre Existenz zum Tod verurteilt. Das Kind einer Seelenhexe durfte nicht am Leben bleiben, da es hieß, in ihm wären die Kräfte der Mutter um ein Vielfaches verstärkt und unkontrollierbar. Und sie ist sich noch nicht einmal im Klaren darüber, dass sie möglicherweise über diese Kräfte verfügt - geschweige denn, dass sie wüsste, wie sie sie benutzen kann. Zu meinem Glück! Vermutlich ahnt sie auch nicht, was die Edari mit ihr tun würden, wenn sie ihnen in die Hände fiele.
    »Ist es das, was Ihr wissen wolltet, Kjer?« Die Frage war nicht mehr als ein Flüstern, dennoch riss sie ihn aus seinen Gedanken. Tränen erstickten ihre Stimme noch immer. Er nickte langsam. »Ich werde sehr gut auf Euch aufpassen müssen, Heilerin. - Glaubt ihr, Ihr könntet aus dieser Ecke herauskommen?«
    Verwirrt sah sie ihn an, während er sich ein bisschen steif aus der Hocke erhob und ihr die Hand hinstreckte. »Ich stinke nach Seelenfresserblut und ich bin müde.

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