Der Kuss Des Kjer
schwarze Strähne hing ihm im Gesicht. Gerne hätte sie sie ihm zurückgestrichen, doch sie war sich sicher, dass er erwachen würde, sollte sie auch nur die Hand nach ihm ausstrecken.
Sie bettete die Wange auf ihr Kissen und schloss die Augen. Jetzt, nachdem er ihr versprochen hatte, dass sie wohlbehalten nach Anschara zurückkehren konnte, fürchtete sie sich nicht mehr davor, von ihm nach Turas gebracht zu werden.
*** 13 ***
Seit Tagen durchkämmten sie erfolglos die Salzzinnen auf der Suche nach einer Spur, die die Kjer mit ihrer Gefangenen vielleicht hinterlassen haben mochten. Die Fährtensucher hatten weder ein verlassenes Lager noch einen Stofffetzen oder etwas Ähnliches gefunden. Und auf den Felsen hatten die Hufe der Ashentai-Kriegsrösser auch keine Spuren zurückgelassen.
Doch sie selbst hatten in den unwegsamen Gelände zwei Pferde verloren, die in eine Felsspalte getreten waren und sich die Beine gebrochen hatten, sodass sie getötet werden mussten. Schlimmer aber war, dass ihre eigenen Wasservorräte und die Verpflegung zu Ende gingen.
Wie so oft in den letzten Tagen stand Prinz Ahmeer auf einem Felsvorsprung, die Zügel seines erschöpften Schimmels in der Hand, und beobachtete, wie die Sonne langsam über der gleißenden Salzwüste tiefer sank.
Zuerst hatten sie angenommen, der Blutwolf würde mit seinen Leuten und seiner Gefangenen am Rand der Salzwüste, am Fuß der Salzzinnen, entlanggehen. Doch nach einem halben Tagesritt waren sie an eine breite Spalte in der Salzkruste gekommen, die ein Weiterkommen unmöglich machte, es sei denn, man war bereit, tiefer in die Wüste hineinzugehen. Und das traute Ahmeer noch nicht einmal Haffrens erstem Heerführer zu. Also waren sie umgekehrt und hatten einen Weg in die Salzzinnen hinauf gesucht, in der Annahme, die Kjer hätten diese Route gewählt.
Einer der Fährtenleser, die Eliazanar ihm mitgegeben hatte, trat neben ihn und räusperte sich. »Mein Prinz, wir können nicht länger in den Bergen bleiben. Wir brauchen Wasser und Vorräte. «
»Nein! Wir gehen erst, wenn wir eine Spur von diesen verdammten Tieren gefunden haben. « Ahmeer schloss die Faust um den Griff seines Schwertes und funkelte den Mann mit seinen hellen, grauen Augen an.
»Vergebt mir, mein Prinz, aber das ist töricht. Wir haben die Berge durchkämmt: Der Blutwolf ist nicht hier! Und ob er jemals hier war, ist inzwischen mehr als fraglich.
Irgendeine Spur hätten wir finden müssen. Ich glaube vielmehr, dass er tatsächlich den Weg durch die Salzwüste genommen hat.« Bei dem Gedanken, dass die Kj er seine Braut durch die sengende Hitze geschleppt hatten, entrang sich Ahmeer ein Stöhnen. Er hatte schon häufiger Frauen gesehen, deren Haut von Sonne und Salz verbrannt worden war - sie war nicht mehr hell und weich, sondern gebräunt und tau gewesen. Der Fährtenleser sprach unbeirrt weiter. »Wenn er den Weg durch die Wüste genommen hat, war er mit ziemlicher Sicherheit in Cavallin, um Wasser und Proviant zu ergänzen. Es ist also gut möglich, dass wir dort einen Hinweis finden, in welche Richtung er sich tatsächlich gewandt hat und wohin er Eure Braut bringt. «
Einen Augenblick sah Ahmeer den Mann an, dann nickte er. »Du hast recht! Sag den anderen Bescheid: Wir brechen nach Cavallin auf. Bis zum Abend sollten wir die Stadt im Berg erreicht haben. «
***
Lijanas schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Das abendliche Licht der Flammentürme fiel sanft durch das Fenster und auf die einladenden Bettkissen - mehr musste sie nicht sehen. Müde rieb sie sich übers Gesicht. Seit Hauptmann Uladh vor drei Tagen in der Stadt hatte verbreiten lassen, dass das Wasser der Grund für die Seuche war und dass vorerst nur Wasser aus den kleinen Quellen im alten Bezirk getrunken werden sollte, hatte es keine neuen Krankheitsfälle mehr gegeben. Zwar hatten sie die bereits Erkrankten nicht retten können, aber die Gefahr war offenbar dennoch endlich gebannt. Cavallin hatte allen Grund, heute Nacht die Freudenfeuer zu entzünden.
Nur einen Augenblick ausruhen, dann gehe ich hinunter und bitte Fadera um heißes Wasser für ein Bad.
Es war ein seltsames Gefühl, durch die Stadt zu gehen. Menschen, die sie nicht kannte, lächelten ihr zu, wollten ihr auf jede nur erdenkliche Art Gutes tun, ließen Grüße an ihren Kjer-Gemahl ausrichten und waren voller Dankbarkeit. Sie schüttelte den Kopf und strich sich eine Haarsträhne zurück, die sich aus ihrem Zopf gelöst
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