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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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hatte. Ihr Kjer-Gemahl - den sie die letzten Tage so selten gesehen hatte, dass sie mehr und mehr den Eindruck gewann, er ging ihr aus dem Weg. Er kam, wenn sie bereits schlief, und war verschwunden, ehe sie erwachte. Ansonsten sah sie ihn bei den Mahlzeiten oder aus der Ferne, wenn sie ihn im Hof von Faderas Herberge beobachtete, wie er sich mit den anderen in den Waffen übte oder Ired an einer langen Leine im Kreis laufen ließ.
    Vor zwei Tagen hatte er drei Stunden mit Levan geübt - nein, er hatte nicht mit Levan geübt, er hatte den jungen Kjer in die Lehre genommen und ihn Stunde um Stunde gnadenlos gedrillt, bis er mit den Leistungen des Ärmsten halbwegs zufrieden gewesen war. Schweißgebadet hatte Levan sich dann in den Stall getrollt, während Mordan noch zwei Stunden allein weitergemacht hatte.
    Gestern hatte sie ihn zum ersten Mal mit jener barbarisch aussehenden Kriegsaxt kämpfen sehen, die bis dahin unbenutzt in ihrem Zimmer an der Wand gelehnt hatte.
    Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass er sogar Brachan scheinbar mühelos mit wuchtigen Axtschlägen durch den Hof getrieben hatte - und das, obwohl er sich an ihre Anweisung hielt und seine Schulter schonte.
    Doch dann hatte sie von Fadera erfahren, dass er Hauptmann Uladh seine Hilfe bei der Jagd auf die Seelenfresser angeboten hatte, die noch in der Stadt vermutet wurden. Empört hatte sie ihn zur Rede gestellt und er hatte ihr mit mürrischem Grummeln mitgeteilt, dass der Hauptmann höflich dankend abgelehnt hatte - was seiner Laune nicht gerade zuträglich gewesen war. Mordan war kein Mann, der untätig die Hände in den Schoß legen konnte. Zwang man ihn zum Müßiggang, wurde er äußerst unleidlich. Aber er bemühte sich offenbar mannhaft, seine schlechte Laune nicht an ihr auszulassen. Im Gegenteil zeigte er sich ihr gegenüber überraschend sanftmütig.
    Doch sie konnte verstehen, wie er sich fühlte. Obwohl sie nicht mehr gebraucht wurde, führten ihre Schritte sie immer wieder zum Seuchenhaus. Jedes Mal stand sie dann vor den Türen und kam sich äußerst nutzlos vor. Zumindest ließ Mordan sie tagsüber allein durch die Stadt schlendern und bestand nicht mehr darauf, dass sie in der Herberge blieb, wenn er sie nicht begleitete. Wozu auch, denn wenn sie jetzt jemandem erzählt hätte, dass er sie entführt hatte und sie seine Gefangene war, hätte ihr bestimmt niemand mehr geglaubt. Nein, er konnte es sich leisten, sie an der langen Kette laufen zu lassen und sich stattdessen den Vorbereitungen für die Weiterreise zu widmen.
    Bedächtig stieß sie sich von dem glatten Holz der Tür ab und tappte hinüber zu den Bettkissen. Die Satteltaschen und Beutel lagen gepackt bereit, die Ausrüstung der Pferde war überprüft und, wo nötig, ausgebessert. Heute Nacht, wenn die Tore endlich wieder geöffnet würden, wollte er aufbrechen. Sie schauderte bei dem Gedanken, dass ihr Weg sie abermals durch die Salzwüste führen sollte, und betete, dass kein Salzriss sie erneut dazu zwang, tiefer hinein in die Hitze und das Gleißen des Salzes zu gehen. Wenn alles gut lief, würden sie in zwei Tagen die Salzwüste hinter sich gelassen und die Sandgrassteppe erreicht haben - so zumindest hatte Mordan es ihr heute Morgen erklärt, als er ihr gleichzeitig geraten hatte, sich auszuruhen, da sie die Nacht hindurch bis in den späten Vormittag des nächsten Tages reiten würden, um wieder in den heißesten Stunden während der Mittagszeit zu rasten. Sie seufzte leise. Alles war zum Aufbruch bereit. Selbst die Wasserschläuche waren schon mit frischem Wasser gefüllt und die Provianttaschen gepackt. Überrascht blieb sie stehen, als sie sah, was über die Bettkissen gebreitet lag. - Es war tatsächlich das Gewand, das sie gestern bei dem Händler auf dem unteren Markt so bewundert hatte, als er sie in die Stadt geschleppt hatte, um sie für die Reise einzukleiden. Behutsam nahm sie es auf. Weich und glatt floss das fein gewebte Leinen des Untergewandes zusammen mit der kühlen Fehan-Seide des Oberkleides durch ihre Hände. Etwas fiel mit einem leisen Klappern zu Boden. Überrascht legte Lijanas das Gewand zurück und bückte sich nach dem Strang aus ineinander gedrehten Perlschnüren, von denen in unregelmäßigen Abständen kleine Muscheln an zarten Silberfäden herabhingen. Sie holte langsam Atem, als sie erkannte, woraus alles gemacht war - Elfenbein.
    »Er wird ins Haar geflochten - sagte der Händler.«
    Lijanas Herz wollte beinah stehen bleiben, als

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