Der Kuss Des Kjer
den Blick über sie gleiten, während er sich neben sie kauerte. »So gefällst du mir viel besser, Liebes. In diesen Kleidern siehst du nicht mehr wie eine Kjer-Hure aus.« Der Wein blieb Lijanas fast in der Kehle stecken.
Ahmeer hatte ihr das neue Gewand gegeben, kaum, dass er ihr vom Rücken seines Schimmels geholfen hatte, und sie gebeten nein, wenn sie es recht bedachte, eher befohlen -, sich hinter einem Felsvorsprung umzuziehen. Dankbar hatte sie die nassen, blutbesudelten Kleider gegen trockene, saubere getauscht. Doch sie hatte nie das Gefühl gehabt, in den anderen wie eine ... Sie weigerte sich, das Wort auch nur zu denken! Mordan hatte ihr die Sachen in Cavallin gekauft - hatte sie extra für sie anfertigen lassen! Abgesehen von einem Hemd aus weichem Leinen war alles aus geschmeidigem Leder gemacht gewesen, bequem genug, um notfalls auch darin zu schlafen, und robust genug für eine längere Reise. Die Kleider hätten es ihr sogar erlaubt, rittlings auf dem Pferderücken zu sitzen, ohne ihre Beine unschicklich zu entblößen.
Neben ihr räusperte Ahmeer sich unbehaglich. »Sosehr ich es verabscheue, aber ich muss es tun, Liebes.« Beklommen fragte sie sich, was jetzt wohl Schreckliches kommen mochte. »Hat er ... Verzeih mir, aber... Hat er dir Gewalt angetan? - Liebes, ich muss es wissen. «
Lijanas starrte ihn an. Aus ihrer anfänglichen Verblüffung wurde Ärger. »Ob er mir Gewalt angetan hat? - Abgesehen davon, dass er mich entführt und geschlagen hat?
Abgesehen davon, dass ich die ersten Tage zu jedem Augenblick Angst davor hatte, was er mir vielleicht antun würde? Abgesehen ... «
»Lijanas, du musst verstehen ... Hat er dich angefasst?«
Sie erinnerte sich an Mordans Gewicht auf ihrem Körper; ihr Entsetzen, als sie seinen lederumspannten Oberschenkel an ihrer nackten Haut gespürt hatte und seinen Atem heiß in ihrem Gesicht; das Gefühl, als er seine Lippen auf ihre gepresst hatte, brutal und rücksichtslos, bis ... Einen kurzen Moment schloss sie die Augen, legte die Hände fest um den Becher, schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, er hat mich nicht angefasst! Zumindest nicht so, wie du es meinst.« Er hat mich nur geküsst
- und ich habe ihn in die Lippe gebissen.
Lijanas zuckte zusammen, als Ahmeer sie am Kinn fasste und sie dazu brachte, ihn anzusehen. »Ich könnte verstehen, wenn du dich dafür schämst, was dir von diesem Mann angetan wurde ... Glaub mir, Lijanas, ich würde dich nicht dafür verurteilen. Ich würde weiter zu dir stehen - natürlich könnte ich dich nicht mehr offiziell zu meiner Frau machen ... « Er ignorierte ihr scharfes Atemholen. »Aber sei ehrlich zu mir! «
Wütend schlug sie seine Hand fort und stand so heftig auf, dass der Wein überschwappte und einen Fleck auf ihrem Gewand hinterließ. »Willst du behaupten, ich lüge, Ahmeer? - Ich sage es dir noch einmal! Nein, er hat mich nicht angefasst. - Ich hin noch ebenso unberührt wie an dem Tag, an dem er mich aus Anschara entführt hat.« Sie schleuderte ihm ihren Zorn jetzt laut entgegen, und es war ihr gleichgültig, dass seine Männer jedes Wort hören konnten. Aber beinah würde ich mir wünschen, ich wäre es nicht mehr! - Gnädige, hab Erbarmen mit mir! Was sind das für Gedanken? Ich liebe Ahmeer! - Aber der benimmt sich gerade wie ein blöder Ochse. Die Fäuste geballt stand sie vor ihm - und dann bemerkte sie, wie er ihre Hand anstarrte. Die silbrig weißen Schuppen auf ihrem Arm hatten sich weiter ausgebreitet, bedeckten bereits den ganzen Unterarm und erstreckten sich bis in die Hälfte des Oberarms. Sogar auf ihren Handrücken schimmerten sie inzwischen.
Mordan gegenüber hätte sie jetzt vielleicht eine Bemerkung gemacht wie: >Ich scheine mich doch in eine Schlange zu verwandeln.< Aber Ahmeers sprachlose Abscheu lähmte sie.
»Was ist das?« Seine Stimme war voller Ekel.
» Ich weiß es nicht. « Die Worte klangen so verloren, wie sie sich fühlte. Frag nicht weiter. Nimm mich in den Arm, bitte!
»Du weißt es nicht? - Du bist Heilerin, du solltest wissen, was es ist! Ist es ansteckend?«
»Nein! «
»Und was ist das?« Er wies auf ihre Schläfe.
Lijanas hatte die Hand gehoben, ehe sie recht wusste, was sie tat. »Eine Narbe! «
»Eine Narbe? Woher?« Die Stirn unwillig in Falten gelegt, erhob er sich.
»Es war ein Unfall. Ired ist ... «
»Ired?«
»Mordans Ashentai-Kriegsross.« Die Falten auf Ahmeers Stirb vertieften sich bei dem Namen des Kjer-Kriegers. »Wir sind vor
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