Der Kuss Des Kjer
einem halben Dutzend Krieger weggeführt worden war - hinter der jungen Frau her. Ihre fragenden Gesten, was mit ihm geschehen sollte, waren unbeantwortet geblieben und auch ihre Versuche, die kleine Behausung zu verlassen, hatte man höflich, aber bestimmt unterbunden. Sie war Gast und Gefangene - hoffentlich traf das auch auf Mordan zu.
Unruhig trat sie ans Feuer, folgte den Schatten an den Wänden mit den Augen. Wenn sie ihn hätten töten wollen, hätten sie es schon getan. Dann hätten sie mir auch nicht erlaubt ... Der Gedanke verblasste. Es war, als würden sich die Schatten um eine Wandnische sammeln, das Glitzern daraus war unübersehbar. Zögernd ging Lijanas näher heran. Der Rauch über dem Feuer wisperte, beinah glaubte sie, ihren Namen zu verstehen. In der Nische lag ein schmaler, silberner Dolch. Sein Griff bestand aus Perlmutt, geschmückt mit feinen, verschlungenen Goldfäden. Sie streckte die Hand nach ihm aus, zog ihn aus der Scheide. Die Klinge glänzte wie Eis in der Wintersonne, ein Spiegel aus Licht rann über sie und ließ das Muster auf ihr tanzen. Wind fuhr durch den Rauchabzug herein, fing sich in ihrem Haar und flüsterte ...
Um sie her das wütende Heulen der Seelenfresser, das in ihrem Kopf und in ihrem Herzen schmerzt, und dennoch ist kein Laut zu hören. Sie steht hilflos gefangen zwischen zerklüfteten Felsen, presst den Rücken an rauen Stein, der ihre Handflächen blutig schürft. Verzweifelt umklammert sie den Dolch, in dem Wissen, dass er ihr nichts nützen wird. Stahl klirrt auf Stahl, Schreie hallen von den schroffen Felswänden wider und dennoch ist nur Stille um sie her. Rücken an Rücken stehen ihre beiden Krieger vor ihr, schützen sie mit ihrem Leben, vor denen, die dem verderbten Gott der Hathenan noch immer die Treue halten; vor denen, die nur noch Rache kennen.
Es ist ihr Herz, das durchbohrt wird, als die Klinge sich in die Brust des einen Kriegers gräbt. Der Schmerz ist noch nicht vergangen, als der zweite ihrer Geliebten stirbt. Ihr Schrei gellt von den Steinen, tausendfach zurückgeworfen, als die Felsen mit ihr weinen. Ein Schrei, ewig wie ihre Tränen...
***
Ihre Krieger hielten ihn. Licht blitzte auf dem Dolch an seiner Kehle. Sein Blick sprach von einem Sturm aus Zorn, der in ihm tobte, weil sie es wagten, ihm Fesseln anzulegen. Er war der, von dem der Wind gesprochen hatte. Der Diener des Hathenan. Der Dieb. Der Krieger, der weder Gnade noch Liebe kannte - und de für jene vom Blut der Schlange gekämpft hatte, wie der Sandfalke für sein junges kämpft.
Knisternd verzehrte das Feuer die Kräuter, träge wand der Rauch sich gegen den dunklen Himmel, rief den Wind, lockte sein Raunen. Er wisperte, flüsterte Worte, die sie nicht glauben konnte. Ein Befehl an ihre Krieger, sie lösten seine Fesseln, hielten ihn dennoch in den Riemen, zwangen seine Hand in den Rauch. Ihr Messer fuhr über die Fläche, ein Knurren wie aus der Kehle eines Wolfes, Blut tropfte ins Feuer. jäh sprang der Wind in die Flammen, lachte, ließ sie lodern, peitschte sie in die Nacht empor. Zwei Ströme roten Blutes, vereint in einem. Es war bestimmt und beschlossen: Sein Leben gehörte der Schlange!
Der Schrei war so gellend, dass er Mordans Herz stocken ließ. Lijanas! Es klang, als würde ihr jemand die Seele aus dem Leib reißen. Er bäumte sich jäh unter den Händen der Krieger auf, die ihn festhielten, schüttelte sie ab wie lästige Insekten. Der scharfe Schmerz an seinem Hals vermischte sich mit dem Brennen in seiner Seite, als er aufsprang und dorthin hetzte, wo der grauenvolle Laut erklang. Wer auch immer es gewagt hatte ... Vor einer Hütte traten ihm zwei Männer in den Weg. Er fegte sie beiseite, riss das Tuch vor dem Eingang fort und stürmte hinein.
Sie lag zusammengekauert bei der Wand, die Augen weit aufgerissen, einen Dolch in der halb geöffneten Hand, und schrie, dass er glaubte, ihre Lungen müssten bersten. Es war ein Laut voll Grauen und Verzweiflung - und voller Schmerz. Der gleiche Laut, den er schon in der Salzwüste gehört hatte. Er packte sie an den Schultern, zerrte sie vom Boden hoch, schüttelte sie, brüllte ihren Namen. Der Schrei verstummte erst, als er sie schlug. Begreifen kehrte in ihren Blick zurück, der Dolch fiel zu Boden, während er sie fest an seine Brust zog und beruhigend in ihr Haar murmelte. Sie presste sich an ihn, als wolle sie in ihn hineinkriechen.
Nur langsam wurde ihm bewusst, dass sie nicht allein waren. Er sah auf Da stand
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