Der Kuss Des Kjer
habe ich denn jetzt wieder getan?
Sie spürte die Nässe an ihrem Bein im gleichen Augenblick, in dem der schwarzhaarige Krieger sich zu ihr beugte. Erschrocken sah sie auf den Boden. Sie kniete in einer Wasserlache, die langsam zu versickern begann. Der Lederbalg musste umgefallen und zum Teil ausgelaufen sein.
»Ich ... Es war keine Absicht ... «
»Keine Absicht, bah ! « Er schüttelte den Wasserschlauch vor ihrer Nase. »Als ich ihn Euch gab, war er voll! Und jetzt? Halb leer! Wärt Ihr ein Mann, würde ich Euch für Eure Gedankenlosigkeit die Wasserration kürzen.«
»Und warum tut Ihr es dann nicht?« Wütend stand Lijanas auf und funkelte ihn an, die Hände zu Fäusten geballt.
»Weil Ihr eine Frau seid! «
»Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«
»Frauen sind schwächer als Männer. «
»Das ist nicht wahr! « Lijanas schnaubte. »Ich kann all das tun, was ein Mann auch kann. «
»Ach?« Der Hohn war in seiner Stimme nicht zu überhören.
Aufgeblasener Gockel!
»Natürlich! Wenn ich wollte, könnte ich ... könnte ich könnte ich auch Euer verdammtes Pferd reiten! «
»Natürlich!«
Ich bring ihn um, wenn er noch ein Mal so herablassend mit mir spricht!
»Wetten?« Sie reckte das Kinn.
»Was?«
»Wetten, dass ich Euer Pferd reiten kann! «
»Heilerin ... « Wahrscheinlich wollte er drohend klingen, schaffte es aber nicht ganz.
Ha, erwischt, arroganter Esel.
»Ihr kommt ja noch nicht einmal ohne fremde Hilfe in den Sattel. « Beiläufig verschloss er den Wasserschlauch.
» Ich suche mir einen Baumstamm oder etwas Ähnliches! «
»Ired schlägt Euch den Schädel ein, ehe Ihr auch nur ihren Namen ausgesprochen habt. « Er befestigte den Lederbalg am Sattel, dann wandte er sich ihr wieder zu.
»Ausreden, Kjer! Ihr habt nur Angst, dass ich es schaffe und Ihr die Wette verliert.«
Einen Augenblick musterte er sie stumm, dann hob sich sein Mundwinkel in der Andeutung eines höhnischen Lächelns. »Wenn Ihr meint. - Gut, wetten wir. Legt den Einsatz fest, Heilerin.«
»Den Einsatz? Ihr wisst, dass ich kein Geld habe ... «
»Ich würde auch kein Geld von Euch nehmen, Frau. Aber irgendetwas muss mir die Sache doch einbringen, oder?«
»Euch? Was macht Euch so sicher, dass Ihr gewinnt?«
Wortlos sah er von ihr zu seinem Pferd und zurück. Sein Lächeln wurde verächtlich.
Wütend zog Lijanas die Unterlippe zwischen die Zähne.
»Also gut. Ich... - Ich werde Eure Kleider waschen und flicken, was zu flicken ist, falls ich verliere.«
»Dieser Einsatz ist den Atem nicht wert, den es braucht, ihn auszusprechen«, abfällig schüttelte er den Kopf. »Macht einen besseren Vorschlag! «
»Warum macht Ihr keinen, Kjer?«
Sein Auge wurde schmal und Lijanas beschlich plötzlich ein sehr ungutes Gefühl.
»Gut, Heilerin, wie wäre es damit: Ihr werdet einen Tag den Mund halten und jeden meiner Befehle ohne Murren befolgen! «
Einen Herzschlag sah sie ihn scharf an, dann nickte sie. »Und was werdet Ihr tun, wenn Ihr verliert? Euer Einsatz wird wohl kaum der Gleiche sein, da ich nur Eure Gefangene bin und Ihr von mir bestimmt keine Befehle entgegennehmen werdet. «
»Was würde Euch denn gefallen, Heilerin?« Sein herablassendes Lächeln sagte ihr, dass er nicht einen Moment damit rechnete zu verlieren.
Es würde mir gefallen, dieses verdammte Lächeln aus deinem Gesicht zu - ha!
» Ihr dient mir einen Tag lang! « Lijanas verschränkte die Arme vor der Brust.
»Was?«
»Ihr seid mein gehorsamer Diener für einen Tag. Freundlich, ergeben, immer darauf bedacht, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen ... « Als sie seinen Blick bemerkte, verstummte sie.
»Ich bin ein Krieger! « An seiner Wange zuckte ein Muskel.
»Habt Ihr plötzlich doch Angst, dass Ihr verlieren könntet, Kjer?«
Wenn er die Zähne noch fester zusammenbeißt, hört man es knirschen.
Scharf stieß er den Atem aus. »Natürlich nicht! - Gut! Es gilt! « Er hielt ihr die Rechte hin. » Schlagt ein! «
» Sollten wir nicht vorher die genauen Bedingungen festlegen?« Lijanas beäugte seine Hand.
»Bei allen Rachegeistern, Weib, Ihr seid schlimmer als ein Seidenhändler. - Ich gestatte Euch drei Versuche, mein Pferd zu rei
ten. «
»Fünf! «
»Vier! «
»Gut! - Aber als Versuch gilt nur, wenn ich auch auf seinem Rücken sitze. «
»Es sei denn, Ihr schafft es nicht, in einer angemessenen Zeit aufzusteigen.«
»Wer legt fest, was eine angemessene Zeit ist?«
» Einer der anderen. «
» Brachan!
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