Der Kuss Des Kjer
Mal still. Gelähmt vor Entsetzen blickte Lijanas in den prasselnden Regen. Einige Zeit hörte sie nichts außer ihrem Herzschlag, dann waren da plötzlich Schritte. Eine dunkle Gestalt schälte sich aus den Regenschleiern, kam langsam auf sie zu. Ein Windstoß zerrte an einem schwarzen Mantel, verwandelte ihn in die finsteren Schwingen eines Rachegeistes. Er näherte sich ihr ohne Hast.
Ein gellender Schrei erklang und riss Lijanas aus dem Grauen. jetzt erst erkannte sie die Kreatur, die auf sie zukam. Mordan! Rote Tropfen perlten über die leicht gebogene Klinge seines Schwertes. Unter seinem eisigen Blick wäre Feuer gefroren.
Unverwandt sah er sie an. Blut klebte unter seiner Nase.
Sie wollte sich umdrehen und fliehen - sie konnte es ebenso wenig, wie ein Kaninchen vor der Schlange fliehen konnte.
»Bitte ... « Das Wort brach als hilfloses Wimmern aus ihrer Kehle, als er sie erreichte. Nur aus dem Augenwinkel sah sie, wie er die Hand hob, beinah zärtlich schob er die Finger in ihren Nacken, zog sie näher zu sich.
»Zum Betteln ist es zu spät. « In seiner Stimme splitterte Eis, sie konnte die Spitzen seiner Reißzähne blitzen sehen. Grob griff er in ihr Haar und zerrte sie dann ohne ein weiteres Wort zur anderen Seite der Brücke.
Ihr Fuß stieß gegen einen mit Bändern in den Farben Astrachars geschmückten Säbel, er rutschte klirrend ein Stück davon. Blut glänzte auf den regennassen Brückensteinen, sammelte sich in dunklen Lachen unter den Leichen von Rusans Soldaten. Voller Entsetzen starrte Lijanas auf die am Boden liegenden, reglosen Körper.
Unvermittelt versetzte Mordan ihr einen Stoß, sie stürzte halb über einen der Toten, ihre Hände fanden auf seiner leblosen Brust Halt, tauchten in sein Blut. Der Kjer verhinderte, dass sie sich wieder aufrichtete, drückte sie nur noch tiefer hinab.
Gebrochen schauten die dunklen Augen des jungen Nivard-Kriegers sie an. Eine Klinge war knapp neben seinem Hals in seine Schulter gefahren und fast bis zur Mitte in seinen Körper gedrungen, sein Waffenrock war rot durchtränkt. Sie schmeckte Galle. Mühsam würgte sie sie hinunter. Wie aus weiter Ferne hörte sie Brachan einen Befehl erteilen.
Mordan stützte sein Schwert senkrecht auf den Boden, beugte sich zu ihr.
»Ein halbes Kind ist er noch. Und weit er Euch gesehen hat, musste er sterben; mussten sie alle sterben. - Nur weil Ihr Brachan nicht geglaubt habt und davongelaufen seid.« Er versetzte ihr einen weiteren Stoß, stand auf und schob mit einer knappen Bewegung seine Waffe in die Scheide. »Bisher habe ich Euch mit Nachsicht behandelt. Damit ist es ab sofort vorbei! «
Langsam hob Lijanas das Gesicht, strich sich das Haar zurück, sah ihn den Kopf schütteln und hörte, wie er: »Ich hasse es, unnötig zu töten! «, murmelte. Dann wandte er sich ab.
Wie versteinert starrte sie ihm einen Herzschlag nach, dann brach all die Angst und Verzweiflung, die in ihr war, in einem schrillen Schrei aus ihr heraus.
» Ihr hasst es, unnötig zu töten?« Wankend mühte sie sich auf die Beine, die blutverschmierten Hände zu Fäusten geballt. »Heuchler! Verfluchter Mörder! Ihr hasst es nicht, zu töten - Ihr liebt es! Ihr seid ein Ungeheuer! Kein Mann, ein Tier seid Ihr!
Eine Bestie! Eine abscheuliche Bestie! « Durch einen Schleier aus Tränen sah sie, wie er bei ihren Worten erstarrte, wie er sich umwandte, das Gesicht eine Fratze unermesslicher Wut, die Zähne gefletscht und langsam auf sie zukam, die Finger zu Klauen gekrümmt.
Es war Brachan, der es wagte, sich dem schwarzhaarigen Krieger in den Weg zu stellen. Er packte den jüngeren bei den Schultern .... sagte etwas ... Mordan stieß ihn zur Seite - und stockte. Sie waren nicht allein.
Lange, schmale Schnauzen hoben sich mit einem gurgelnden Schnüffeln, geifertriefende Fänge wurden entblößt, als die Kreaturen ihre Klauen auf die Brücke setzten, knurrend ihre gelben Zähne fletschten und näher kamen. Es waren sieben Bestien, jede groß wie ein Hatzhund. Kurzes, von schwärenden Wunden zerfressenes Fell spannte sich über Knochen, an denen kein Fleisch war. Mit ekelerregender Intensität hing der Gestank nach Verwesung an ihnen. In den seltsam dürren Schädeln loderten blassgrüne Augen, die unablässig umherhuschten.
Ein gemurmeltes Wort ging von Mund zu Mund, und auch wenn sie es nicht verstand, hörte Lijanas doch das Schaudern darin, als die Kjer mit tödlichem Gleichmaß zu ihren Waffen griffen.
Mordan hatte wie die anderen
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