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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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«
    »Meinetwegen Brachan. Aber da Ihr behauptet habt, mein Pferd reiten zu können, genügt oben sitzen allein nicht. Ihr müsst Ired auch dazu bringen, sich zu bewegen.
    Eine Runde im Schritt und eine im Trab. «
    Einen Augenblick nagte Lijanas an ihrer Unterlippe, dann nickte sie und ergriff seine Hand. Unter ihrem Daumen fühlte sie das Fell auf seinem Handrücken - weich.
    »Abgemacht! «
    Das herablassende Lächeln kehrte auf seine Züge zurück. »Ich freue mich auf einen Tag Ruhe und Frieden. - Und jetzt sitzt auf, damit wir weiterkönnen. Die anderen warten. «
    »Aber ... Was ist mit etwas zu essen? Ich habe Hunger! «
    » Ihr bekommt später etwas. Hinauf mit Euch! «
    Wie am Vortag musste Lijanas es zulassen, dass er sie auf den Pferderücken hob.
    Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, als er sich hinter sie in den Sattel schwang, ohne die Steigbügel zu benutzen.
    Und wie am Tag zuvor stopfte er ein Stück seines Mantels zwischen ihren Rücken und das Sattelhorn, ehe er den Arm um ihre Mitte legte und sie näher zu sich zog.
    Überrascht blickte sie nach unten, als sich etwas unangenehm gegen ihren Oberschenkel drückte - und entdeckte den Griff jenes schlanken Schwertes, das er in der Nacht auf den Knien gehalten hatte. Es war so am Sattel festgemacht, dass Mordan es, wenn nötig, mit einer Bewegung aus der Scheide ziehen konnte. Gestern war es noch nicht da gewesen.
    Lijanas schluckte und sah zu den anderen Kriegern. jeder von ihnen hatte eine Waffe so an seinem Sattel hängen, dass sie ohne Mühe zu erreichen war.

    ***
    Das Entsetzen stand den Toten noch in die erstarrten Gesichter geschrieben. Die kleine Bauernkate bot den Anblick unglaublichen Grauens. Ein Mann, kaum älter als er selbst, seine hochschwangere Frau und drei Kinder, das älteste hatte wohl noch keine neun Winter gesehen, das jüngste konnte nicht älter als zehn oder elf Mondläufe gewesen sein - alle geschlachtet. Er hörte, wie einer seiner Männer würgend hinter ein nahes Gebüsch wankte. Auch er schmeckte Galle auf der Zunge.
    Sie waren ausgeschickt worden, die Fremden zu suchen, die vor drei Nächten im >Schwarzen Lamm< gesehen worden waren. Gefunden hatten sie das hier. Was auch immer hier gewütet hatte: Seine Opfer hatten keine Chance gehabt. Ihre Kehlen waren herausgerissen, die Körper verstümmelt - und dennoch war erstaunlich wenig Blut zu sehen. Der Gestank nach Verwesung hing mit Übelkeit erregender Schwere über den Leichen. Im Stall muhte eine Kuh nach Händen, die sie von ihrem vollen Euter erlösen sollten. An ihr und der mageren Ziege, die neben ihr angebunden war, hatten die Mörder kein Interesse gehabt.
    » Begrabt die Leichen, ehe wir weiterreiten! « Der Verwesungsgestank füllte seinen Mund. Er floh hinter den Stall und würgte.

    ***
    Der dichte Regenschleier ließ die Welt seltsam dunkel und unwirklich erscheinen, die Uferböschungen zu beiden Seiten des Flusses wirkten grau und unscharf. Schief gewachsene Bäume, deren Äste weit über das kleine Flussbett hinausragten, gruben ihre Wurzeln auf der Suche nach Halt in den von Geröll durchzogenen, schlammigen Boden. Büsche duckten sich über Erdkuhlen, Zweige ragten ins Wasser und wurden vom Regen noch tiefer hineingedrückt. Im Schutz eines großen Steines kauerte eine braunrote Haselhuhnmutter mit ihren jungen. Die schwarzen Perlaugen spähten immer wieder zu den Reitern hin, während schwere Regentropfen das Wasser des Flusses zum Brodeln brachte. Blasen stiegen auf und zerplatzten, zuweilen zerriss ein Blitz die Trübe, dicht gefolgt von ohrenbetäubendem Donner.
    Schon vor dem Mittag hatten dunkle Wolken, die sich in der Ferne auftürmten, das Unwetter angekündigt. Zuerst war es nur ein weit entferntes Grollen zusammen mit einem schwachen Nieseln gewesen, doch dann waren Regen und Blitz mit einer Gewalt über sie hereingebrochen, dass selbst die Kjer es nicht mehr ignorieren konnten. Sie hatten darauf verzichtet, im Wald Schutz zu suchen, und waren in mörderischem Galopp vorwärtsgeprescht, so als könnten sie den Naturgewalten davonreiten - bis sie diesen Unterschlupf gefunden hatten: den steinernen Bogen einer Brücke. Eine Sandbank, die vom Ufer ins Wasser hineinreichte, bot den fünf Reitern nach einem schlitternden Abstieg über Schlamm und Geröll der Uferböschung ausreichend Platz, um das Unwetter abzuwarten - wie es Lijanas schien schon seit Stunden.
    Zu ihrer Rechten, der Böschung und damit dem Ufer am nächsten,

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