Der Kuss des Lustdämons
künstliches Arztlächeln.
„Und wer ist die zweite Teilnehmerin?“
„Ich.“
Celice drehte sich um und erbleichte. Jeanine! Dieser Frau war wohl jedes Mittel recht, sie zu demütigen. Sie hatte doch schon gewonnen! Wie armselig, ihr jetzt noch den Job streitig machen zu wollen.
Die Göre hatte sich heute mal in Schale geworfen. Ein beigefarbenes Kostüm und schwarze Pumps. Von ihrem bisherigen Punklook mit schwarzen Fingernägeln und halb zerrissenen Hosen war nichts mehr zu sehen. Celice wandte sich wieder ihrer Chefin zu, die sie auffordernd ansah.
„Nun können Sie beweisen, ob sie die Richtige für das Magazin sind. Nur die Ergebnisse zählen. Das gilt für jeden von euch, ist das klar?“
„Ja, geht klar, Tantchen.“ Jeanine verschränkte die Arme vor der Brust und grinste breit. Celice hätte ihr am liebsten das Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.
Zufrieden nickte die Chefin.
„Dann wünsche ich viel Erfolg. Möge die Bessere gewinnen!“
Celice hatte sich in ihr Büro zurückgezogen. Sie wollte sich Jeanines gehässiges Grinsen nicht länger antun. Mit jeder anderen hätte sie sich gerne gemessen. Da wäre es um einen fairen Wettbewerb gegangen. Hier ging es nur um Eifersucht und Eitelkeiten.
Jeanine mochte Ahnung von Drucktechniken, Grafik und Farben haben. Aber das Gefühl für die richtige Beleuchtung und im richtigen Moment auf den Auslöser zu drücken, das lernte man nicht von heute auf morgen. Celice saß eine Weile grübelnd da. Ein Projekt zu starten, das interessanter und außergewöhnlicher wäre als das von Jeanine sollte nicht allzu schwer sein. So viel Selbstvertrauen hatte sie schon. Und doch war da ein nagender Zweifel. War nicht im Grunde schon alles klar und Jeanine von vornherein die Siegerin? Gut, auf der anderen Seite war Frau Stieling nicht bestechlich. Aber wenn sie einmal eine Entscheidung getroffen hatte, dann rückte sie gewöhnlich nicht mehr von ihrem Standpunkt ab. Die Chance, die sie ihr jetzt gegeben hatte, war vermutlich die einzige und letzte, die ihr diese Frau jemals einräumen würde.
Dass ausgerechnet dieses Miststück ihr den Job streitig machen wollte! Wut stieg in Celice auf. Das Schwindelgefühl, das sie schon verspürte, seit sie aufgestanden war, verstärkte sich. Der Zusammenbruch am Vortag hatte Spuren hinterlassen. Sie war zwar hoch motiviert, aber ihr fehlte Energie. Vielleicht hätte sie doch noch einen Tag pausieren sollen. Aber vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Müde rieb sie mit den Handflächen über ihr Gesicht.
„Nicht nachgeben! Diesmal wird sie nicht gewinnen!“, sagte sie zu sich selbst. Sie atmete tief ein und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Es verstrichen Minuten, bis es ihr wieder besser ging. Dafür knurrte nun ihr Magen laut und vernehmlich. Abgesehen von ein paar Butterkeksen in der Schublade hatte sie nichts im Büro. Aber das war besser als nichts.
Während sie die aufgeweichten Kekse aß, grübelte Celice darüber nach, was sie für ein Thema wählen sollte. Im selben Moment kam ihr Kyras Geschichte in den Sinn. Natürlich! Zwei tätowierte Models waren doch genau das Außergewöhnliche, was nicht in jeder regulären Modezeitschrift zu sehen war. Da könnte man ein pikantes Posing machen. Erotische Träume , das wäre doch ein toller Titel für das Projekt. Perfekt! Grinsend hieb sie eine Faust in die Handfläche. Wenn das nicht klappen würde, dann hätte sie sich wenigstens mit einem Bombeneinschlag verabschiedet. Der Gedanke, einen kompletten Neuanfang zu starten erschien ihr auf einmal gar nicht mehr so schlimm. Celice war geradezu beschwingt. Sie griff nach dem Telefon und drückte hektisch auf der Tastatur herum. Kyras Handynummer erschien auf dem Display.
„Kyra? Celice hier. Ich brauche deine Hilfe. Du musst unbedingt diese Tatto-Lady anrufen, von der du mir gestern erzählt hast. Ich brauche sie und ihren Freund noch heute für ein Fetisch-Shooting. Ja, du darfst natürlich auch mitmischen. Nein, ich erzähle dir nachher, worum es genau geht. Hauptsache, die beiden sind so schnell wie möglich vor Ort. Studio 3a dann. Ja, ihr könnt eigene Klamotten mitbringen. Das ist die große Chance für dich, Schätzchen! Dann kannst du mir endlich mal zeigen, wie toll du in Latex aussiehst.“
Kyras helles Lachen vibrierte aus dem Hörer. „Ich muss jetzt noch einiges organisieren. Wenn wir fertig sind, werden einigen hier ganz schön die Ohren schlackern. Ich freu mich jetzt schon auf die
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