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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
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Auch Poseidon selbst wählte sich eine menschliche Gefährtin. Gegen den Wunsch seines Bruders Triton. Triton war der Meinung, dass Menschen giftig und zerstörerisch seien und dass es unnatürlich sei, sich mit ihnen zu paaren. Zum Zeichen seiner Missbilligung teilte er das Territorium in zwei Bereiche auf: Tritons Hoheitsgebiet wurde zur Heimat jener, die Menschen nicht billigten, Poseidons Hoheitsgebiet zur Heimat derer, die anderer Meinung waren. Poseidon ignorierte seinen Bruder und machte weiter, wie er es für richtig hielt; er nutzte seine Gabe, um die wachsende Bevölkerung von Tartessos mit Nahrung zu versorgen. Unglücklicherweise gehörte die menschliche Gefährtin, die er wählte, jemand anderem. Einem menschlichen König.«
    » Welchem menschlichen König?«, fragt Dr. Milligan. Er hebt seinen umgekippten Metallhocker auf und klopft ihn ab, als hätte er, seit er das letzte Mal daraufgesessen ist, Staubflusen angezogen.
    Galen zuckt die Achseln. » Ich weiß es nicht.« Sein Gesicht zeigt ein schiefes Lächeln, als er sich wieder zu mir umdreht. » Es ist mir auch egal. Wir von Triton neigen dazu, Menschen nicht zu mögen.«
    » Keine optimale Einstellung für einen Botschafter«, stelle ich fest. » Aber keine Sorge. Ich werde es Dr. Milligan nicht erzählen. Oder Rachel.«
    Galen grinst. » Wie auch immer, dieser menschliche König schickte seine halbe Armee, um seinen ›Besitz‹ zurückzuholen. Er gewann die Unterstützung der anderen Königreiche, nachdem er Geschichten über Versklavung und widernatürliche Unzucht mit Menschen verbreitet hatte. Als die Krieger eintrafen, töteten sie jeden, der ihnen über den Weg lief, sogar einige von Poseidons halb menschlichen Kindern. Um dem Gemetzel ein Ende zu bereiten, erbat Poseidon Tritons Hilfe gegen die Menschen. Triton stimmte unter der Bedingung zu, dass Poseidon seine Stadt aufgab und versprach, in Zukunft wieder als Syrena zu leben. Poseidon war einverstanden. Mithilfe seiner Gabe erschuf Triton riesige Wellen, welche die Stadt, die Halbblüter und die menschlichen Heere zerstörten. Es gab keine Überlebenden. Danach verbündeten sich die Generäle gegen die Menschen. Die Fortpflanzung mit ihnen wurde verboten, die Kinder aus solchen Verbindungen als Abartigkeiten gesehen.« Bei dem Wort » Abartigkeit« zögert Galen. Wahrscheinlich weil er weiß, dass es eine direkte Beleidigung ist, falls ich wirklich ein Halbblut bin. Aber irgendwie bin ich nicht beleidigt. So, wie er die Geschichte erzählt hat, klingt sie wie ein offizieller Vortrag und nicht nach seinen eigenen Worten. Mir kommt der Gedanke, dass er vielleicht selbst nicht daran glaubt oder dass er zumindest Teile der Geschichte nicht glaubt. Außerdem lässt der Blick, den er mir gerade eben zuwirft, nicht darauf schließen, dass er mich für eine » Abart« hält.
    » Ich habe gedacht, dass der Krieg zwischen den Königreichen ausgefochten wurde«, sage ich, » nicht gegen die Menschen.«
    Galen schüttelt den Kopf. » Wir haben niemals gegeneinander Krieg geführt. Jedenfalls keinen blutigen.« Eine unbekannte Regung flackert über seine Züge und ist sofort wieder verschwunden.
    » Also, das ist die Gabe von Triton? Das Meer zu kontrollieren?«, frage ich.
    » Nein«, antwortet Galen und kratzt sich den Nacken. » Zumindest nicht direkt. Wir wissen nicht, wie er es gemacht hat. Einige sagen, dass er mit seiner Kraft die Erde bersten lassen und so die Wellen auftürmen konnte. Andere sagen, er hätte es mit seiner Schnelligkeit vollbracht. Wir wissen es nicht. Es ist lange her, dass jemand aus der Königsfamilie das letzte Mal die Gabe Tritons geerbt hat. So lange, dass die Archive sich darüber uneinig sind, was genau die Gabe ist.«
    Für einige Sekunden sitzen wir schweigend da, gefesselt von dem Geist, der von Galens Geschichte ausgeht. Gefesselt von allem, was gesagt worden ist, und von allem, was ungesagt geblieben ist. Und je länger ich darüber nachdenke, desto wütender werde ich. » Bedeutet das alles, dass ich nirgendwo hingehöre?«, frage ich und schrecke die beiden aus ihrem Tagtraum auf.
    » Was meinen Sie damit?«, fragt Dr. Milligan, dessen Augen vom Blick in die Vergangenheit noch immer glasig sind.
    » Im Wesentlichen sind wir uns alle einig, dass ich eine Missgeburt bin. Richtig?«
    » Du bist keine Missgeburt«, widerspricht Galen.
    » Ich bin keine Syrena und ich bin kein Mensch. Die Syrena halten mich für eine Abartigkeit. Die Menschen werden mich als

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