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Der Kuss des Morgenlichts

Der Kuss des Morgenlichts

Titel: Der Kuss des Morgenlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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durch den Wagen geschleudert wurden. Von vorne kam ein wilder Fluch: »Ist er denn wahnsinnig … «
    Der Satz mündete in einem schrillen Aufschrei, während ich fast von der Bahre fiel, als diese gegen die Wand krachte. »Laufen Sie weg«, versuchte ich hervorzubringen, doch der Sanitäter, der sich wieder mühsam aufgerappelt hatte und sich den schmerzenden Ellbogen rieb, starrte mich nur verständnislos an. Weil mein Worte für ihn keinen Sinn ergaben? Oder weil ich sie zu stark genuschelt hatte?
    »Laufen Sie … «, versuchte ich es noch einmal, doch meine Stimme ging im Lärm unter: Wieder quietschten die Bremsen, der Motor röhrte auf, dann war es plötzlich still, und es folgte ein lautes Krachen. Es kam von oben. Etwas Schweres war auf das Dach gefallen. Oder jemand war daraufgesprungen.
    Der Sanitäter fuhr herum. »Was zum Teufel … «, schrie er. Ich versuchte meinen Kopf zu heben, jeder Zentimeter war eine Qual. Bald hatte ich mich immerhin so weit aufgerichtet, dass ich erkannte, wie die beiden erst verwirrte Blicke wechselten, dann angstvoll nach oben sahen. Der Wagen schaukelte eine Weile von der Wucht des Aufpralls, dann stand er still.
    »Nein!«, wollte ich schreien, als sich einer der beiden Männer an der Tür zu schaffen machte. »Öffnen Sie die Tür nicht!«
    Auch wenn ich sie deutlich hätte sagen können – die Worte machten keinen Sinn. Als ob Caspar eine Tür aufhalten konnte …
    Im nächsten Augenblick strömte frische Waldluft ins Innere des Wagens. Mein Kopf sank wieder auf die Bahre, ich hatte keine Kraft mehr, ihn zu heben. Gefangen in meinem lahmen Körper, musste ich alles mit anhören: Aufgeregte Worte eines Sanitäters, die bald in einen entsetzten Aufschrei übergingen, ein Klirren, ein dumpfer Schlag, dann ein gurgelndes Geräusch. Wie in Zeitlupe hob ich die Hand und sah viele kleine, rote Tropfen darauf – Blut.
    Ein zweiter Aufschrei, wieder das Klirren, wieder das gurgelnde Geräusch.
    »Bitte … «, flehte ich, obwohl ich wusste, dass es längst zu spät war und dass beide Sanitäter tot waren. »Bitte, lass sie leben … sie können nichts dafür … sie haben nichts mit mir zu schaffen … «
    Ich konnte immer noch nicht den Kopf heben, aber ich schaffte es, mich auf die Seite zu wälzen, und sah jetzt die beiden weißen Gestalten verdreht auf dem aluminiumfarbenen Boden liegen. Der eine war mit dem Gesicht nach vorne gefallen – der andere, der mich eben noch so mitleidig angelächelt hatte, starrte mich aus leeren Augen an. Blut sickerte aus seiner durchgeschnittenen Kehle. Ein Schatten fiel erst auf die Toten, dann auf mich. Das Licht blendete mich kurz so stark, dass ich von Caspar nichts weiter sah, als eine dünne, schwarze Silhouette.
    »Das ist deine Schuld, Sophie«, stellte er kühl fest, während er mit dem Kinn auf die beiden Toten deutete. »Du hättest nicht fortlaufen dürfen.«
    Ich hoffte auf ein Geräusch im Fahrerhaus, flehte den Fahrer innerlich an, davonzulaufen, so schnell und so weit er nur konnte, doch es blieb totenstill, und ich ahnte, dass er als Erster gestorben war.
    »Nathan sagte, du würdest nie vor Zeugen kämpfen … « Meine Zunge schien bei jeder Bewegung am trockenen Gaumen festzukleben. »Aber der Wagen hier«, bemühte ich mich fortzufahren, »er steht mitten auf der Straße … man wird ihn gleich entdecken … mitsamt den Toten. Ist es wirklich das, was du willst?«
    »Das zählt nicht mehr«, gab er gleichmütig zurück. »Es ist zu spät, die üblichen Regeln einzuhalten. Cara und Nathan haben sich noch die Mühe gemacht, meine toten Diener fortzuschaffen, um die Menschenbrut vor ihrem Anblick zu bewahren. Aber was kümmert’s mich jetzt noch, was das Pack von mir denkt?«
    Langsam, nahezu gemächlich kam er auf mich zu. Seine schwarze Gestalt nahm mir nun sämtliches Licht, sein bleiches Gesicht beugte sich über mich wie vorhin noch das des Sanitäters. Lange Finger streichelten über meine Haut.
    »Arme Sophie … «, flüsterte er, »jetzt kannst du kein zweites Mal weglaufen, sosehr du es möchtest. Und das ist nicht einmal meine Schuld.«
    Die Kälte, die seinen Händen entströmte, schien sich wie eine dünne Eisschicht über meinen Körper zu legen. Ich versuchte erst gar nicht, gegen seine Berührung anzukämpfen.
    »Tu mit mir, was du willst«, murmelte ich. »Aber Aurora ist in Sicherheit. Nathan und Cara beschützen sie und … «
    »Das werden wir noch sehen!«, fiel er mir ins Wort.
    Er zog mich hoch. Steif

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