Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Satyrs

Der Kuss des Satyrs

Titel: Der Kuss des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
Vom Netzwerk:
Feine Linien bildeten sich um ihren Mund. »Wir haben Besuch. Oder vielmehr: Du hast Besuch.«
    »Wen denn?«, fragte Jane argwöhnisch.
    »Das wirst du sehen. Es wird eine willkommene Überraschung sein, da bin ich mir sicher.«
    Zögernd folgte Jane ihrer Tante in den Salon. Ihr Vater wartete dort auf sie, zusammen mit einem Mann, der ihr nur allzu bekannt war. Beide Herren standen auf, als die Damen durch die hohen weiß-goldenen Türen traten.
    »Guten Tag, Signorina Cova«, begrüßte sie der Gast. Obschon seine Lippen unter seinem dunklen Schnauzbart lächelten, blieben seine Augen kalt. Seine karierte Weste passte ihm wie angegossen und war äußerst geschmackvoll, seine Hosen frisch gebügelt. Sein dunkles Haar war mit Pomade nach hinten gekämmt. Er war gleichermaßen ansprechend und vorzeigbar wie abstoßend.
    »Guten Tag, Signore Nesta«, erwiderte Jane. Ihre Hand verschwand für einen kurzen Moment in seiner kalten, trockenen. Er wollte etwas von ihr, sie fühlte es, aber was? Seine Berührung war zu kurz gewesen, als dass sie es hätte herausfinden können, aber zu lang, um sie einfach zu übergehen.
    Ihre Tante setzte sich ein Stückchen abseits und überließ ihr den Stuhl, der ihrem Gast am nächsten war. Jane blieb äußerlich ungerührt, während er sie abschätzend anschaute, mit schiefgelegtem Kopf, als versuche er ihren Wert zu berechnen.
    Sie richtete genervt ihren Rock.
    Er sagte etwas auf Italienisch zu ihrem Vater und ihrer Tante, und die drei lachten. Ihr Italienisch war nicht schlecht, aber er hatte den örtlichen Dialekt benutzt und schnell gesprochen, so dass sie ihn nicht verstanden hatte.
    »Ist es Euch wohl ergangen, seit wir uns zuletzt gesehen haben?«, fragte er sie auf Englisch mit schwerem Akzent.
    »Ja. Und Euch?«, entgegnete sie.
    »Sehr gut, danke.«
    Eine peinliche Stille drohte sich herabzusenken, aber ihre Tante sprang ein. »Die Gärten sind zu dieser Jahreszeit einfach wunderschön, nicht wahr, Signore? Jane hat einfach ein Händchen für Pflanzen. Sie macht unseren Garten zu dem hübschesten in der ganzen Gegend.«
    Jane riss die Augen auf. Auf einmal waren ihre gärtnerischen Fähigkeiten etwas, worauf ihre Tante stolz war?
    Signore Nesta nickte Jane zu. »Vielleicht habt Ihr ein paar Vorschläge für den Garten meiner Villa. Ihr müsst mich besuchen.«
    Jane öffnete den Mund, um abzulehnen, aber ihre Tante ließ sie nicht zu Wort kommen.
    »O ja. Gerne. Wir werden bald kommen.« Sie schaute Jane tadelnd an. »Nichte, Signore Nestas Tasse ist so gut wie leer.«
    Jane nahm die Teekanne und schenkte ihm gehorsam nach. Als sie sich vorbeugte, um ihm die Tasse zu reichen, wanderte Signore Nestas Blick von ihrem Gesicht zu ihrem Busen. Sie kämpfte gegen den Impuls, sich zu bedecken.
    Er grinste. »Salud!«, sagte er und prostete ihr spöttisch zu, nachdem er die Tasse entgegengenommen hatte.
    Obwohl die Unterhaltung um sie herum weiterging, beteiligte Jane sich nicht mehr, es sei denn, sie wurde direkt angesprochen. Ihr wurde bewusst, dass Signore Nestas Aufmerksamkeit und seine prüfenden Blicke nur eins bedeuten konnten: Er wollte sie heiraten, damit er sie ungestraft berühren konnte, wo keiner sonst sie berühren durfte.
    Sie wusste nicht genau, was zwischen verheirateten Männern und Frauen im Schlafzimmer ablief, aber wenigstens so viel war ihr klar: Ehemänner gingen davon aus, dass sie ihre Frauen mit Händen und Lippen berühren durften, dass sich ihre Körper irgendwie vereinigten, um Kinder zu zeugen.
    Sie wollte nicht, dass der Signore seine Hände oder Lippen auf sie legte. Tatsächlich fühlte sie sich in seiner Gegenwart unwohl, da sie jetzt herausgefunden hatte, was er vorhatte. Er erinnerte sie an Giersch, eine hübsch anzusehende Ackerwinde, aber wenn man ihr genug Zeit ließ, dann überwucherte sie sämtliche Pflanzen um sich herum und tötete sie.
    Signore Nesta wusste mit Sicherheit mehr über die Ehe als sie. Seine erste Frau war gestorben, als sie ihm den dritten Sohn innerhalb von drei Jahren geboren hatte. Er war noch ein junger Mann, und sie befürchtete, dass er sie zu seiner nächsten Zuchtstute erkoren hatte.
    Wenn sie eines Tages heiraten musste, dann würde sie einen Ehemann bevorzugen, der ihr keine große Beachtung schenkte, oder vielleicht jemanden mit einem Sehfehler. Signore Nestas bernsteinfarbene Augen verfolgten jede ihrer Bewegungen, schon allein aus diesem Grund kam er nicht in Frage. Das Letzte, was sie brauchte, war ein

Weitere Kostenlose Bücher