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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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von meiner Mutter blieb. Doch bei dir ist er am richtigen Platz. Sie würde dich lieben wie ihr eigenes Kind.« Er streifte den dünnen Ring über ihren Mittelfinger und schaute ihr dann tief in die Augen. Isabella schwieg ergriffen. Hochrufe erklangen. Nun ließen sich die Menschen auch nicht mehr von den Wachen daran hindern, zu den beiden glücklichen Menschen vorzudrängen und ihnen ihre Glückwünsche darzubieten.
    Der Reihe nach umarmten die zwanzig Ritter aus dem Rat Martin und hießen ihn wieder in ihrer Mitte willkommen. Sie führten ihn zu dem Stuhl, den noch bis vor Kurzem Ritter Gundram eingenommen hatte. Seine Fahne mit dem roten Stierkopf hatte man bereits abgenommen. Nun wurde Martins Fahne mit den grünen Eichenblättern auf weißem Grund an der Wand aufgezogen, darunter sein in Holz geschnitztes Wappen gehängt.
    Ergriffen blickte Martin hinauf. Die ihn umstehenden Ritter verharrten in feierlichem Schweigen und ließen Martin diesen Augenblick auskosten. Jeder Ritter konnte nachfühlen, wie es war, seine Ehre wiederherzustellen, seine Rechte zurückzuerlangen und dazu noch die hübsche Tochter des Herzogs als Braut zu bekommen.
    *
    Isabella hatte sich in die Frauengemächer zurückgezogen, um von den Aufregungen etwas zu verschnaufen. Sie lag auf ihrem Bett und schaute ihren Zofen zu, die aufgeregt schnatternd in den Gemächern herumliefen, um alles für die Hochzeitsfeier vorzubereiten. Sie zerrten Kleider und Stoffe aus den Truhen, stopften sie wieder hinein, zogen andere Kleider hervor, bis es Isabella zu bunt wurde.
    »Ich werde ein ganz schlichtes Kleid tragen«, sagte sie bestimmt. »Kein Prunk, kein Samt, kein Schmuck!«
    »Aber Hoheit!« Der entsetzte Aufschrei kam aus drei Kehlen. »Es ist Eure Hochzeit!«
    »Eben! Martin heiratet nicht die Prinzessin, er heiratet das Mädchen Isabella!«
    »Wie romantisch!«, seufzte Rosamunde.
    Isabellas Finger deuteten auf ein helles Kleid aus dünnem Leinen. »Das werde ich tragen«, sagte sie und strich liebkosend mit den Fingern über den feinen Stoff.
    »Es ist aber wirklich sehr schlicht«, bemerkte Margarete.
    »Nun, ich habe in einer der Truhen recht hübsche Borten gesehen, vielleicht könnte man den Saum und den Halsausschnitt damit verzieren.«
    Acht Hände wühlten wieder in den Tiefen der Truhen, und zu guter Letzt hielt Sieglinde ein blau und türkis besticktes Bortenband hoch. »Oh, wie herrlich!«, rief sie. »Es passt zur Farbe Eurer Augen, Isabella!«
    Die Prinzessin nickte zustimmend. »Gut, nehmen wir diese.« Sie setzten sich in die Nähe des Fensters und begannen, die Borte abzumessen und zuzuschneiden. Eine Weile half Isabella ihnen dabei, dann wurde sie von einer seltsamen inneren Unruhe gepackt. Sie wollte nicht unhöflich erscheinen, aber die ständige Kicherei der Mädchen störte sie. Am liebsten hätte sie in Martins Armen gelegen, seine Lippen gespürt, seinen Körper gestreichelt. Eine unbändige Sehnsucht erfasste sie. Gleichzeitig überwältigte sie ein seltsames Gelüst, dessen sie sich schämte. Sie erhob sich.
    »Ich komme gleich wieder, lasst euch nicht stören«, sagte sie zu ihren Zofen.
    Margarete sprang sofort auf. »Ich begleite Euch!«
    »Nein, nein«, wehrte Isabella ab. »Ich komme doch sofort wieder. Und ich verlasse das Haus nicht.«
    Ehe die Mädchen etwas entgegnen konnten, huschte sie aus den Frauengemächern hinaus. Es war gar nicht so einfach, einmal für wenige Augenblicke völlig ungestört zu sein. Sie verließ den Palas, eilte über den Hof hinüber zum Wirtschaftsgebäude und stieg die breite, gewundene Treppe in die Burgküche hinunter. Mit den im diffusen Licht aus den hoch liegenden Fenstern gelblich scheinenden Gewölben, in denen es immer verführerisch duftete, verbanden Isabella seit ihrer Kindheit angenehme Erinnerungen.
    In der Burgküche herrschte emsiges Treiben, die Vorbereitungen für das Hochzeitsmahl liefen bereits auf Hochtouren. Auf den großen Holztischen türmten sich Wild, Federvieh, Brotlaibe, Kuchen. In den Gängen standen Fässer mit Mehl, Pökelfleisch, Gemüse, Fisch. An langen Stangen hingen Krebse aufgereiht unter dem Kreuzgewölbe, Wasser tropfte von ihnen herab. Mehrere Mägde schleppten Körbe voller Eier herbei.
    Die Bediensteten verbeugten sich, als Isabella in der Küche erschien, doch sie hob die Hände. »Lasst euch nicht bei der Arbeit stören!«, rief sie lachend. Sie klopfte dem dickbäuchigen Koch auf die Schulter. »Ich möchte nur, wie in meinen Kindertagen,

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