Der Kuss des Verfemten
ist Vergangenheit. Denk an die Zukunft.«
»Du hast recht. Komm doch mit in meine Gemächer. Die Zofen nähen an meinem Hochzeitskleid. Das heißt, wenn Rudolf dich eine Weile entbehren kann.«
»Ich denke schon. Im Augenblick befindet er sich mit Martin bei den Ställen. Sie besprechen irgendetwas über die Pferde.«
»Siehst du, so sind die Männer. Ich vergehe fast vor Aufregung über den morgigen Tag, und die Männer reden über Pferde!« Sie waren an den Frauengemächern angelangt. Isabella öffnete lachend die Tür, und ihre drei Zofen fuhren zusammen. Alle drei bekamen rote Gesichter.
»Was ist los?«, fragte Isabella irritiert. »Gab es etwas, das ich nicht wissen soll?«
Die Mädchen senkten kichernd ihre Köpfe über ihrer Näharbeit. »Es ist nichts, Hoheit, gar nichts!«
»Nichts? Eure Wangen glühen ja! Dann habt ihr über etwas gesprochen, über das junge Damen nicht sprechen sollten!«
Wieder kicherten sie. »Es ist nur …«, stotterte Sieglinde. »Rosamunde meint …«
»Nein, Sieglinde hat selber ein Auge auf ihn geworfen«, widersprach Rosamunde.
»Auf wen?«, fragte Isabella interessiert und setzte sich mit Mathilda in die ausgelassene Runde.
»Patrick!«
»Oh«, entfuhr es Mathilda.
Margarete legte schnell den Zeigefinger auf ihre Lippen. »Ihr verratet es ihm doch nicht?«, bat sie.
Mathilda schüttelte den Kopf. »Obwohl er sich sehr darüber freuen würde. Allerdings …« Sie blickte Sieglinde ein wenig bedauernd an. »So ziemlich jedes Mädchen wirft ihm schmachtende Blicke zu. Er sieht aber auch wirklich süß aus, nicht wahr?«
Die Mädchen nickten aufgeregt. »Allerdings! Er ist ja nur ein Knappe, aber allein sein Anblick lässt einem das Herz höher schlagen.«
»Nun, vielleicht kann man da etwas arrangieren«, meinte Isabella und überlegte.
»Hoheit, ich bitte Euch!«, rief Sieglinde erschrocken. »Ihr wollt mich verkuppeln?«
»Gott bewahre! Ich will dir einen angenehmen Tag bereiten. Ich werde die Sitzordnung an der Hochzeitstafel morgen so festlegen lassen, dass du als Patricks Tischdame deinen Platz an seiner Seite einnimmst. Was du dann daraus machst, bleibt deinem Geschick überlassen!«
Sieglinde senkte heftig errötend den Kopf, aber Isabella sah, dass sie sich freute.
»Nun, mein Geschmack ist eher der dunkelhaarige Knappe von Ritter Martin«, warf Margarete keck ein.
Mathilda und Isabella brachen gleichzeitig in lautes Lachen aus, und Margarete blickte die beiden Damen irritiert an. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Im Gegenteil!«, prustete Isabella. »Wärst du doch mit in die Küche gekommen, so hättest du Jakob jetzt einen besonderen Liebesdienst erweisen können!« Wieder lachte sie lauthals und wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Ja?« Margarete erhob sich. »Vielleicht kann ich es noch nachholen?«
»Nein, nein, er hat nur …«, entgegnete Mathilda, doch Isabella unterbrach sie mit einer Handbewegung, und Mathilda riss die Augen auf.
»Warum nicht? Geh ruhig zu ihm, er benötigt jetzt wahrscheinlich dringend eine zarte Hand.« Isabella kicherte immer noch, und Mathilda musste sich abwenden, sonst wäre sie vor Lachen fast geplatzt.
»Ja, soll ich wirklich zu ihm gehen? Aber was soll ich tun?«
»Ihn einfach trösten und Patrick ablösen bei seinem … seinem Werk.«
»Ist Jakob erkrankt?«, fragte Margarete erschrocken.
Isabella gluckste. »Nein, als Krankheit kann man das nicht bezeichnen. Wirklich nicht. Und nun geh!« Sie drückte Margarete ein weiches Leinentuch in die Hand. »Gib ihm das, er weiß schon, wozu es gut ist.«
Zögernd und ein wenig verwirrt verließ Margarete die Gemächer. Sieglinde und Rosamunde blickten fragend auf Isabella. »Findest du es nicht etwas unfair?«, fragte Mathilda, aber auch sie musste noch lachen.
»Was ist denn mit Jakob? Was macht Patrick mit ihm?«, wollten die Zofen wissen.
Mathilda hielt sich ihren Bauch mit den Händen. »Er schmiert gerade Jakobs aufgerittenen Hintern mit Schweinefett ein!«
Das Kreischen der Mädchen hörte Margarete noch auf dem Burghof, als sie erwartungsfroh das Quartier der Knappen betrat.
*
Martin kämpfte gegen sein wild klopfendes Herz, als er vor dem Altar stand und auf seine Braut wartete. Er achtete nicht auf die hellen Sonnenstrahlen, die das bunte Rosenfenster der Burgkapelle in alle Farben des Regenbogens zerlegte. Er achtete nicht auf die zahllosen Menschen, die beidseits des Kirchengangs vor den Bänken standen und sich zum Eingang umwandten. Und
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