Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
entziehen, um Ihn am Leben zu halten. Und die von jedem feindlichen Magier, der ihnen in die Hände fällt. Wenn ich davon gehört habe, ist es gut möglich, dass es Broger ebenfalls zu Ohren gekommen ist, und im Gegensatz zu mir ist er skrupellos genug, alles daran zu setzen, das Geheimnis dieses Prozesses in Erfahrung zu bringen und ihn selbst in Gang zu setzen, wenn er sich dadurch mehr Macht verschaffen kann.«
Diese Worte bewogen seine Brüder dazu, ihn nachdenklich zu mustern. Sabers Brauen schossen in die Höhe. »Er ist skrupellos genug?«
Nach einer kleinen Pause seufzte der jüngste Zwilling erneut. »Nun ja, wo wir gerade bei dunklen Geständnissen sind …«
Saber sog zischend den Atem ein. Rechts von ihm beäugten Evanor und Koranen den Jüngsten, links verschränkte Trevan, unbewusst die Haltung seines schwarzhaarigen Zwillings imitierend, die Arme vor der Brust. Jetzt sah Kelly zum ersten Mal deutlich, wie sehr die Züge der beiden Brüder sich ähnelten, obwohl ihre Farben so unterschiedlich waren.
»Nun?«, drängte sie ihren jüngsten Schwager.
»Ihr werdet jetzt wütend auf mich sein, Brüder«, begann Morganen. »Aber ich habe die ganze Zeit über den guten Onkel Broger Bescheid gewusst – und über all die Dinge, zu denen er Alys gezwungen hat. Schon bevor wir verbannt wurden, wusste ich, was sie durchmachen musste. Daher habe ich ihr immer wieder eingeschärft, was sie sagen und wie sie sich verhalten soll.«
Saber presste die Lippen zusammen, Trevan richtete sich auf seinem Stuhl auf, aber es war Morganens Zwilling Koranen, der als Erster die Sprache wiederfand. »Du hast was ?«
Morganen begegnete den schockierten Blicken seiner Brüder und seiner Schwägerin mit einer Gelassenheit, an die nur Rydans noch immer nachdenkliche Miene heranreichte. »Ich habe sie angeleitet, ihr geholfen, sie ausgebildet, sie beschützt, so gut ich konnte, ihr Instruktionen erteilt … während der letzten acht Jahre. Seit drei Jahren allerdings nur noch mehr oder weniger aus einiger Entfernung.«
»Du wusstest all die Jahre, dass sie ihrem Onkel geholfen hat, uns all diese Plagen zu schicken?«, grollte Saber und funkelte seinen Bruder finster an. »Du wusstest, dass Broger unser verborgener Feind war?«
Das Stirnrunzeln, das dieser Vorwurf ihm eintrug, war nicht zornig, ließ aber keinen Widerspruch zu. »Diese Dinge müssen sich zur rechten Zeit entfalten, Bruder. Ich wusste schon früh, dass Alys die Wolfer vom Schicksal vorherbestimmte Frau war, und als ich erfuhr, was für ein Leben sie gezwungenermaßen unter der Knute ihres Onkels führen musste, wusste ich, dass sie eines Tages zu uns zurückkommen würde, und versuchte nach Kräften, ihr zu helfen, in Brogers fragwürdiger Obhut zu überleben.«
Evanor betrachtete ihn argwöhnisch. »Das Ding da auf ihrer Brust, von dem sie behauptet, es würde die Zauberbanne ihres Onkels außer Kraft setzen … hattest du da auch die Hand mit im Spiel?«
»Natürlich. Sie hat nach und nach alle Zauber ausfindig gemacht, mit denen ihr Onkel sie belegt hat, und ich habe nach Gegenmaßnahmen geforscht. Dann habe ich das Amulett entworfen, und sie hat es angefertigt. Aber unsere Kommunikation fand nur in unregelmäßigen Abständen statt, damit ihr Onkel keinen Verdacht schöpfte«, fuhr Morganen mit einem grimmigen Unterton fort. »So hat das, was unter normalen Umständen sechs Monate gedauert hätte, uns fast zweieinhalb Jahre gekostet. Danach … nun, danach musste ich ihr nur immer wieder Mut zusprechen, bis für sie der Zeitpunkt gekommen war, sich uns anzuschließen.«
Stahlgraue Augen durchbohrten ihn anklagend. »Du hast das alles eingefädelt, du Bastard!« Die Brüder warfen Saber fragende Blicke zu, aber dessen Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem ihm gegenübersitzenden Morganen. »Du hast Kelly absichtlich in unsere Welt geholt, du hast Alys hergeholt – warst du auch an Dominors Entführung beteiligt?«
»Wohl kaum! Damit hatte ich nichts zu tun!«, schnaubte Morganen. Erst als Evanor ihm einen bösen Blick zuwarf, der sich auf dem freundlichen Gesicht des blonden Bruders seltsam ausnahm, wie die ihn schweigend beobachtende Kelly registrierte, lenkte der jüngste Magier ein. »Aber ich muss zugeben, dass ich ihn hätte zurückholen können. Es wäre nicht leicht, aber machbar gewesen.«
»Verdammt, Morganen!«, fluchte Evanor heiser. Der kurze Wutausbruch schien ihn erschöpft zu haben, denn danach sah er seinen Bruder nur frustriert und
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