Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
Der Dreitagebart, der gegen ihren Hals gerieben hatte. Seine Hände an ihren Hüften. »Nicht wahr?«, drängte er sie und zerrte sie so aus ihrem Tagtraum.
»Was denn?«
»Du hast mich einen alten Mann genannt. Du glaubst mir also?«
Sie wollte sich erst entscheiden, wenn sie mehr in Erfahrung gebracht hatte. »Von welchem Planeten stammst du?«
»Dominus war meine Heimatwelt. Sie existiert allerdings schon seit über tausendfünfhundert Jahren nicht mehr.« Er stemmte die Hände in die Hüften.
Dann war Jordan sogar älter als König Arthur? So alt, dass es seinen Planeten schon nicht mehr gab? Außerirdische Technologie mochte die Erklärung dafür sein, dass er Systeme entwarf, die niemand sonst verstand. Das konnte auch erklären, warum es ihm möglich war, gegen Viviannes Willen Lust in ihr zu entfachen. Er mochte zwar alt sein, aber er war immer noch ein Mann mit Lüsten – so wie jeder andere. Und er hatte ihr soeben mitgeteilt, dass seine Welt untergegangen war.
»Was ist denn geschehen?«, flüsterte sie. Sie ahnte eine Tragödie, als sie seine zusammengepressten Lippen und die Qualen in seinem Blick sah.
»Während ich gerade einen Mond ganz in der Nähe erforschte, haben die Stämme einen Planetensprenger gegen Dominus eingesetzt.«
Das klang schrecklich. »Einen Planetensprenger?«
»Das sind Raketen, die alle gleichzeitig in den Nickel-Eisen-Kern eindringen und das innere Druckgefüge der Welt verändern. Der Planet fällt zuerst in sich zusammen, dann explodiert er, und dabei ist der Druck so groß, dass nichts Größeres als kosmische Staubpartikel übrig bleiben.«
Die Erde besaß ebenfalls einen Nickel-Eisen-Kern, und Vivianne krampfte sich der Magen zusammen. »Ich war der Meinung, die Stämme wollen die Völker versklaven und die Bodenschätze der Planeten plündern.«
»Das stimmt ja auch.«
»Aber sie profitieren doch nicht an einer solchen Zerstörung. Worin liegt der Grund dafür?«
»Die Stämme konnten Dominus nicht erobern, also haben sie den Planeten zerstört. Sie glauben, dass jegliche Unabhängigkeit und Freiheit eine Bedrohung ihrer Autorität darstellt.«
»Also ist jede Welt, die sich nicht mit den Stämmen verbündet, automatisch ihr Feind?«
Er sah sie grimmig an und nickte. »Mit einem Schlag haben sie Milliarden getötet.«
Er musste Familie, Freunde und Mitarbeiter verloren haben. Kein Wunder, dass er verbittert war.
Es fiel ihr schon wieder schwer, seiner magnetischen Anziehungskraft zu widerstehen – obwohl sie doch wütend war. Ihm hingegen zu widerstehen, wenn sie Mitgefühl mit ihm verspürte, das war fast unmöglich. »O Jordan, es tut mir so leid.«
Sie wollte die Hand nach ihm ausstrecken und ihn umarmen. Ihn einfach nur in den Armen halten. Obwohl sie sich ja schon körperlich sehr nahe gekommen waren, war dies trotzdem noch lange keine wirkliche Beziehung. Es durfte auch gar keine sein.
Sie konnte nicht vergessen, dass er sie im Hinblick auf seine Arbeit als Chefingenieur angelogen und ihr überdies nicht einmal gesagt hatte, dass er selbst Chen war. Er war geschickt darin, Geschichten zu erfinden.
Als hätte er ihre Zweifel gespürt, gab Jordan freiwillig weitere Informationen. »Ich habe mich mit Arthur zusammengetan, um die Stämme aufzuhalten. Beinahe wäre es uns auch gelungen.«
»Beinahe?«
»Es existiert eine alte galaktische Legende, die besagt, dass die Stämme erst dann untergehen werden, wenn der Ehrwürdige Stab und der Heilige Gral vereint sind. Als Arthur den Heiligen Gral auf der Erde gefunden hatte, wurde mir der Stab gestohlen.«
»Dieser Stab?« Sie deutete auf die Energiequelle der Draco .
Er nickte. »Ich hatte ihn auf einer Welt entdeckt, die von den Stämmen bereits versklavt worden war.«
»Woher kam der Stab denn ursprünglich?«
»Von Dominus.«
»Und du brauchst die Draco , um den Stab mit dem Gral zu vereinigen?«
Er nickte.
»Womit hast du deine Hälfte des Schiffes bezahlt?«
»Die Stadt Barcelona verwendet Solarstrom als Energiequelle. Erinnerst du dich, wie vor ein paar Monaten ein sehr ungewöhnlicher Regen andauernd Stromausfälle hervorgerufen hat?«
»Ja und?«
»Ich habe ihnen Energie verkauft.« Er deutete mit dem Daumen auf den Stab.
Das erklärte zwar, wie er zu seinem Geld gekommen war, aber sie zweifelte noch immer an ihm. »Hältst du es nicht für etwas gefährlich, den Stab auf das Territorium der Stämme zu bringen? Sie haben doch schon den Gral. Wenn sie den Stab erneut stehlen, werden
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