Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
George zu jagen versuchte.
Das Wetter auf dem Schattenplaneten änderte sich schnell. Der Wind blies zwischen den Bäumen einher. Die Luft wurde kälter, und es schien auch dunkler zu werden, als sich schwarze Wolken vor die Sonne schoben.
»Tut mir leid, mein Kleiner.« Er kraulte den Hund. Der jaulte und wollte schon davonschießen. Wenn sie die Leine nicht so fest gehalten hätte, wäre er ihr auch entkommen. Er zerrte und zerrte und begann nun zu bellen.
Pez blieb stehen und wäre beinahe mit ihnen zusammengestoßen. Angst verdunkelte seine Augen zu einem Farbton von Schokolade. Zitternd fiel er auf die Knie.
Jordan hob den Hund hoch und steckte ihn sich unter den Arm. »Beim nächsten Mal lassen wir ihn lieber im Raumschiff.«
»George hat uns die Annäherung an die Eingeborenen doch erst ermöglicht«, erinnerte sie ihn.
»George hat auch da drüben etwas gesehen oder gerochen.« Jordan deutete mit dem Kinn in die betreffende Richtung.
Donner grollte. Die Eingeborenen hielten sich aneinander fest; ihre Körper schwankten unter den Windstößen.
»Vermutlich bloß wieder eine Katze«, murmelte Gray.
In den Baumwipfeln raschelte es, die Äste erzitterten. Vivianne zupfte an Jordans Hemd. »Da drüben. Da versteckt sich etwas zwischen den Bäumen.«
George bellte noch immer. Jordan spannte sich an und legte die Hand auf seinen Stab, fast so, als wäre er eine Waffe.
Die Eingeborenen schwatzten miteinander und die Kinder spielten weiter. Wenn es hier eine Gefahr gab, so würden sie diese Wesen doch wohl erkennen und ihre Kinder davor schützen, oder?
Doch etwas hatte die Baumstämme zum Erbeben gebracht.
Es war groß.
Und nun kam es geradewegs auf sie zu.
12
Ein wahrer Freund ist derjenige, der herbeikommt, wenn der Rest der Welt davonläuft .
Hohepriesterin von Avalon
Jordan spannte sich an und spähte in den Wald. Er glaubte zwar nicht, dass die Dorfbewohner sie hierhergebracht hatten, um sie zu ermorden, aber er wusste jetzt ganz genau, dass der Schattenplanet nicht das war, was er zu sein schien. Dort, wo er stand, gab es keine Fußabdrücke auf dem Erdboden. Es machte den Eindruck, als wäre noch nie zuvor jemand hier gegangen, doch in so großer Nähe zum Dorf erschien das doch höchst unwahrscheinlich. Keine Insekten summten im Wald, keine Mücken, keine Schmetterlinge flogen umher, keine Ameisen waren zu sehen. Und die Eingeborenen wirkten allzu schablonenhaft.
Eine künstliche Welt. Mit künstlichen Menschen? Wenn dem so war, hatte dann vielleicht jemand diese Welt als Falle entworfen?
Seit er die deutlich sichtbaren schlüsselförmigen Umrisse auf den Dächern bemerkt hatte, dachte er über die ungeheuerlichsten Möglichkeiten nach.
Als ein goldener Drache von den Baumwipfeln herabstieg, griff Jordan automatisch nach dem Ehrwürdigen Stab. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er die in ihm enthaltene Energie als Waffe einsetzte.
Der Drache hatte gewaltige Stacheln und große purpurfarbene Augen, und mit seiner Goldfärbung stellte er das genaue Gegenteil von Jordans purpurfarbener Drachengestalt dar. Doch dieser goldene Drache hatte die gleichen klauenbewehrten Vorderbeine, die gleichen mächtigen Hinterbeine und einen langen, stachelbesetzten Schwanz – ganz so wie alle anderen Drachen, die er kannte, auch.
»Ein goldener Drache?« Vi drehte sich zu ihm um und sah ihn mit großen Augen an.
»Schon seit Äonen laufen Gerüchte über solche Kreaturen in der Galaxis um«, sagte Jordan zu ihr. »Ich war immer der Meinung, dass es sich dabei bloß um Legenden handelt.«
»Was für Legenden?«
»Angeblich sind die goldenen Drachen die Wächter der vier Königreiche: Erde, Raum, Wind und Feuer.« Er fasste den Stab fester.
»Bisher hat er sich nicht als feindlich erwiesen.« Vivianne legte ihm die Hand auf den Arm.
»Noch nicht.« Jordan machte einen Schritt voran und stellte sich zwischen den Drachen auf der einen Seite und Vi, Gray sowie die Dorfbewohner auf der anderen. »Drache, wir sind gekommen, um den Schlüssel zu holen.«
Der Drache spie Feuer, aber die Flammen schossen über ihre Köpfe hinweg. Seltsamerweise wurden die Bäume dabei nicht in Brand gesetzt, doch die Eingeborenen zogen sich sofort zurück und verschwanden im Wald.
»Was jetzt?«, fragte Gray.
»Warten wir ab?« Vivianne hob eine Braue.
»Es wird nicht lange dauern.« Jordan spürte die Ungeduld des Drachen.
George bellte nicht einmal mehr. Er hatte sich vor Viviannes Füßen zusammengerollt,
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