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Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)

Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)

Titel: Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Kearney
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Bullauge fest und blickte auf die Erde hinunter. Er war klein, ruhig, nachdenklich und redete selten. Er war der beste Schachspieler unter ihnen, aber obwohl er Differentialgleichungen im Kopf lösen konnte, war er beim Poker nichts wert.
    »Kann mir bitte jemand helfen?«, meinte Lyle, der erst vor Kurzem zu der Mannschaft gestoßen war und gerade hilflos in der Luft schwebte. Seit man ihn Jordans Team zugeteilt hatte, beschwerte er sich andauernd über die Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeit und die Bezahlung. Jordan hatte bereits alle Gerüchte über ihn gehört. Seine Frau hatte ihn betrogen, nun hatte er eine schmutzige Scheidung hinter sich. Er musste Alimente zahlen, was er nicht konnte. Aber seine Arbeit machte er gut, auch wenn er dabei viel jammerte. »Ich erwarte eine Gefahrenzulage, und ich werde …«
    »Still.« Jordan hatte jetzt keine Zeit, den Mann zu besänftigen.
    Natürlich waren sie nicht darauf vorbereitet gewesen, und die Hölle war ausgebrochen. Alarmsirenen heulten. Warnlichter flackerten.
    »Schadensbericht!«, befahl Jordan.
    »Kommunikationssystem ausgefallen«, fasste Gray zusammen, »und die Lebenserhaltungssysteme laufen auf dem Notgenerator.«
    Jordan hielt sich an der Kommandokonsole fest, ergriff mit der anderen Hand Lyles Fuß und pflückte ihn von der Decke. Ein blinkendes Licht auf dem Monitor lenkte seinen Blick wieder auf die Messwerte. Dutzende Systeme befanden sich im roten Bereich.
    »Künstliche Schwerkraft einschalten«, befahl Jordan Sean. »Aber langsam.«
    »Schwerkraft reagiert nicht.« Sean entfernte ein Schaltbrett von der Konsole, holte ein Löteisen aus seinem Werkzeuggürtel und machte sich an die Arbeit.
    »Was zum Teufel ist da passiert?« Lyle rieb sich über eine gewaltige Prellung an seiner Stirn.
    Tennison grinste. »Wir fliegen durch den Weltraum. Das ist passiert.« Er knackte mit den Fingerknöcheln. »Und meine Arthritis … ist schon fast verschwunden.«
    Darren und Tennison schlugen die Hände gegeneinander.
    Lyles Gesicht war aschfahl geworden. Jordan gab ihm einen kleinen Beutel. Sie verfügten zwar weder über Schwerkraft noch Navigation oder Stabilisatoren, aber immerhin hatten sie Beutel, in die man sich übergeben konnte.
    »Lyle, ich brauche sofort eine Liste unserer Vorräte«, fuhr Jordan ihn an. »Tennison, Vivianne Blackstone befindet sich im Maschinenraum. Sehen Sie nach ihr und überprüfen Sie auch, wer sich sonst noch an Bord befindet. Danach müssen Sie sich unbedingt um die Lebenserhaltungssysteme kümmern. Ich will mich nicht auf die Notgeneratoren verlassen müssen.«
    Darren und Tennison trieben in Richtung des hinteren Teils.
    Lyle übergab sich zwar nicht, aber seine Augen quollen hervor. »Wie konnte das passieren? Kommen wir heil wieder herunter? Womit fliegt die Draco ? Der kosmische Konverter ist doch noch gar nicht geliefert worden. Haben wir denn Lande…«
    »Lyle.« Jordan schnippte dicht vor den angsterfüllten Augen des Mannes mit den Fingern. »Gehen Sie zur Ladebucht. Wenn Sie Darren bei der Aufnahme der Bestandsliste brauchen, dann nehmen Sie ihn mit.«
    »Sie wollen mich nur loswerden, und …«
    »Sofort.« Jordans Stimme wurde härter. Die Mannschaft musste begreifen, dass ihr Leben nun von der Befolgung seiner Befehle abhing.
    Lyle warf einen letzten verängstigten Blick durch das kreisrunde Fenster, hinter dem die Erde allmählich verschwand, und nickte. Sean bewegte sich von der Konsole weg und arbeitete nun an einer der Anzeigen. »Die künstliche Schwerkraft müsste jetzt wieder funktionieren. Ich habe sie mit dem neuen Energienetz verbunden.«
    Jordan setzte sich in seinen Sessel. »Gute Arbeit. Sind wir bei achtzig Prozent?«
    Sean zeigte mit dem Daumen nach oben. »Einundachtzig Komma fünf.«
    »Käpt’n.« Gray zog den Kopfhörer weg, Anspannung lag in seinem Blick. »Diese Botschaft müssen Sie sich anhören.«
    »Legen Sie sie auf den Lautsprecher.«
    Vivianne betrat die Brücke und betrachtete die Erde durch das Fenster. Sie trug eine cremefarbene Bluse, eine graue Hose und ein olivfarbenes Jackett und sah ganz wie eine Geschäftsfrau aus. Nichts erinnerte mehr an die Vivianne, die noch vor Kurzem wilden, leidenschaftlichen Sex mit Jordan gehabt hatte. Nichts – bis er ihr in die grünen Augen sah. Anspannung lag darin, sie wirkten wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
    Ein seltsamer Drang quälte ihn, die Hand auszustrecken und sie zu berühren. Aber eine solch intime Geste würde ihr gewiss nicht

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