Der Kuss Im Kristall
Gesellschaft entgegenzutreten, als wäre es nicht schändlich, was sie getan haben.“
Rob unterdrückte einen Anflug von Furcht. Er hoffte, dass Douglas den Pianofortelehrer nicht auf der Stelle umbrachte, wenn er das erste Mal auf ihn traf. Rob legte keinen Wert darauf, dieses Debakel mit einem Mordprozess enden zu lassen. Noch eine Tragödie, die er Madame Zoe anlasten könnte.
„Berichte mir, was du gehört hast, Rob. Was erzählen sich die Leute?“
Rob schenkte auch sich ein Glas Brandy ein. „Der Klatsch zieht seine Kreise. Ich habe Grace Forbush und Eloise Enright gebeten, für Beatrice zu sprechen.“
„Ist ihr Name von den Gästelisten entfernt worden?“
Er zuckte die Achseln. „Darüber habe ich keine Informationen. Aber ich glaube, Douglas und Rob McHugh hat man gestrichen.“
„Verdammt, Rob! Hast du etwa alles auf dich genommen?“
Er konnte nur nicken. „Ich habe das Leid geteilt. Das ist nur gerecht.“
„Warum zum Teufel ist das gerecht?“, brüllte sein Bruder mit vor Zorn gerötetem Gesicht.
„Weil dein Antrag Bebe völlig überraschte. Du hast sie ja nicht ein oder zwei Saisons umworben. Aber sie hatte keine Ahnung gehabt, wie sie ablehnen sollte. Ihr Handeln jetzt zeigt doch, dass Zuneigung nicht der Hauptgrund für sie war, zu akzeptieren.“
„Ich war es, der schwor, dass wir füreinander bestimmt waren. Die Gründe spielen kaum eine Rolle“, erklärte Douglas mit jugendlichem Gleichmut. „Du wolltest einen Erben. Ich wollte eine Frau. Beatrice wollte einen Ehemann. Mir erschien alles sehr passend.“ Er kippte den Brandy hinunter, als handelte es sich um Wasser. „Jetzt bin ich in der Gesellschaft vermutlich eine Persona non grata.“
„Sei nicht albern.“ Rob nahm selbst einen herzhaften Schluck. „Die einzige Persona non grata ist Madame Zoe. Und ich beabsichtige, sie bald darüber in Kenntnis zu setzen.“
„Hast du sie gefunden?“, fragte Douglas überrascht.
„Sie meidet mich“, gestand Rob und nahm dann seinem Bruder gegenüber Platz. „Ich vermute, sie hat ihren Agenten angewiesen, mir keine Termine mehr zu geben. Trotzdem werde ich sie irgendwann erwischen.“
„Ah. Zumindest wirst du nicht allein sein, wenn Mrs. Forbush und Lady Enright ihren Einfluss geltend machen“, meinte Douglas und betrachtete sein leeres Glas.
Rob lächelte und dachte an seine andere Verbündete – Miss Lovejoy. Er musste dem französischen Parfümeur zustimmen. Hinter ihrem unschuldigen Äußeren verbarg sich ein Feuer, an dem er sich nur zu gern verbrennen würde. Sein Körper regte sich bei der Erinnerung daran, wie es war, sie zu küssen. Wären sie allein gewesen …
„Rob?“ Douglas unterbrach seine Gedanken. „Was beschäftigt dich?“
Innerlich schüttelte Rob sich. „Nur, dass Madame Zoe nicht die Einzige ist, über die ich Nachforschungen anstellen werde.“
10. KAPITEL
Alethea bog um die Ecke und eilte auf Madame Maries Schneiderei zu, den Kopf gesenkt, während sie sich die Namen der letzten Klienten ihrer Tante ins Gedächtnis zurückrief. Von einigen hatte sie schon einmal gehört, andere waren ihr gänzlich fremd, und wiederum mit anderen war sie sogar persönlich bekannt. Es überraschte sie, dass so viele Männer dabei waren und dass James Livingston einer davon gewesen war. Er hatte ihre Tante konsultiert, und innerhalb weniger Wochen waren sie beide tot. Nur ein Zufall?
Sie blickte auf, während sie nach dem Türknauf zu La Meilleure Robe griff, und bemerkte aus dem Augenwinkel im dämmerigen Licht des Nachmittags eine Bewegung auf der anderen Straßenseite. Sie fröstelte, trat über die Schwelle und schloss die Tür hinter sich.
Der Klang der Türglocke war noch nicht verhallt, als Madame Marie aus einem der hinteren Räume auf Alethea zu eilte. „Ah, Miss Alethea! Sie kommen wegen Miss Dianthes neuem Kleid, nicht wahr? In einer Stunde werde ich es fertig haben.“
Noch ein Kleid? Alethea unterdrückte ihren Unmut. Sie musste ein Wort mit Dianthe reden. Noch ein weiteres Kleid, und Alethea würde noch die Zukunft voraussagen müssen, wenn sie Tante Henriettas Mörder längst gefunden hatte. Sie zwang sich zu einem unbesorgten Lächeln und schüttelte den Kopf. „Ich habe oben einen Termin, Madame .“
„Ah.“ Die Schneiderin nickte. Sie hielt die Tür zu einem der privaten Anproberäume auf und wartete, dass Alethea ihrer Aufforderung nachkam. „Gehen Sie nur hinauf, chérie . Ich werde das Kleid auf den kleinen Tisch legen, dann
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